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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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man flugs festhalten können!
    Gespräch vor einer schwarzfigurigen
attischen Vase im New Yorker
Metropolitan Museum
    War das nicht immer
    das Ziel aller Künstler:
    Überpersönliche Meisterschaft?
    Lief nicht was falsch,
    wenn heut jeder an seinem
    höchstpersönlichen Kleister schafft?
    - Da ist was dran
    War das nicht immer
    das Glück aller Kenner:
    Überprüfbare Könnerschaft?
    Tönt heute nicht,
    nach dem Wegfall der Regeln,
    jedwedes Urteil nur gönnerhaft?
    - Wer kann, der kann
    War denn nicht immer
    zur Hochzeit der Künste
    der Künstler ein Mann ohne Eigenschaft?
    Folgt draus nicht heute,
    daß man all die tollen
    Originale mit Schweigen straft?
    - Ich weiß nicht, Mann…

VI
    Im Fall
    Am Scheideweg
    Hie dräut die Frage:
    Was mach ich bloß?
    Hie lockt die Antwort:
    Was soll's!
    Hie droht der Sturz
    in die Ängstlichkeit.
    Hie winkt der Flug
    in den Stolz.
    Traum vom Fliegen
    Wenn diese Vögel mit den großen Schwingen
    zum Flug anheben, ohne sich zu mühen,
    dann schau ich ihnen nach bis ins Verglühen
    und träum davon, das auch mal zu vollbringen:
    Den Aufwind strikt nutzen, den Himmel gewinnen,
    ganz oben hell glänzen, sehr fern und entrückt,
    indes die da unten zu Chiffren gerinnen,
    von normender Hand in den Boden gedrückt:
    Auf denn! Den Anlauf genommen!
    Wohlan! Zum Flug angesetzt!
    O Gott! Ins Trudeln gekommen!
    Verdammt! Was mache ich jetzt?
    Was abläuft, ist lehrhaft.
    Mich beutelt die Schwerkraft,
    die jeden ins Meer rafft,
    wenn er es nicht mehr schafft:
    Sinken
    Neigen
    Trinken
    Schweigen
    Der Andere
    Der andere Mensch. Unglaublich,
    daß es ihn gibt, den anderen
    Menschen, der da sitzt
    und auf mich schaut und denkt:
    Dieser andere Mensch. Unglaublich,
    daß es den gibt! So
    blicken wir einander an:
    Ungläubig der andere Mensch
    mich und ich voller Unglauben
    den anderen Menschen:
    Daß es uns gibt!
    Meinem Hunde gesagt
    Wenn du ein Tier bist, gibt es einen Gott.
    So fremd wie der mir wär, bist du mir lange.
    Ich nenn mich Mensch und nenn dich Hund, doch du
    rufst mich nicht Mensch, du schweigst nur gottergeben.
    Da du der Hund bist, bin ich wohl der Mensch.
    Daß ich kein Gott bin, wird mir schmerzlich klar,
    wenn du mich just so lange anhimmelst,
    wie jenes Steak währt, das ich grad verspeise.
    Mir bist du fremd, Hund, ich schein dir vertraut.
    Machst auf dem Bett dich breit, in meinem Haus
    ist bald kein Plätzchen nicht von dir besetzt:
    So haust ein Gott in seinem Gotteshaus.
    Du kennst dich aus, Hund. Treib es nicht zu bunt.
    Ich kann auch anders! Schau, ich gehe fort!
    Dreh ich den Schlüssel in der Tür, bin ich
    ein freier Mensch, befreit von Haus und Tier.
    Doch nicht von Gott. Sein donnernd »Kehre um!
    Mein Hund ist dir nur anvertraut!« hat mich
    noch jedesmal zu dir zurückgeführt,
    nie ohne Opfer und nie ohne Gabe.
    Oh euer beider abgekartet Spiel!
    Obwohl ichs längst durchschaut, spiel ich es mit.
    Samt Contra, Hund und Gott zieh ich es durch,
    wohl wissend, daß ich in den Miesen lande.
    Das ist ein Spiel, bei dem Mensch nur verliert.
    Da Hund wie Gott ihm ständig Schuld zuweist,
    sind seine Schulden bald nicht mehr zu zählen -
    ein Wunder, daß er nicht den Bettel hinwirft.
    Statt dessen misch ich, geb ich aus und weiß doch,
    was unterm Tisch sich abspielt. Mag er noch so
    treu aus der Wäsche schaun, der Hund, und Gott
    noch so gekonnt die Vaternummer abziehn.
    Sobalds ans Ausspieln geht, ist sonnenklar,
    wer hier die Igel sind und wer als Hase
    klamm vor die Hunde geht: »Ober, noch mal
    das gleiche. Auf des Menschen Deckel! Klar doch!«
    Glückspilz
    Ich hab eine Frau
    und ich hab einen Hund
    »Glückspilz!«
    Die Frau ist jung
    und der Hund ist gesund
    »Glückspilz!«
    Die Frau ist hübsch
    und der Hund ist schön
    »Glückspilz!«
    Seit einer Woche hab
    ich sie nicht mehr gesehn
    »Glücks… äh: Pechpilz!«
    Ballade von der
Endlichkeit des Ruhms
Die große Menge wird mich nie begreifen, die Pfeifen.
R. G.
    Nun, da er doch berühmt geworden war,
    da wollte er auch etwas davon haben.
    Er stieg hinab, begab sich unters Volk,
    gewillt, im Bad der Menge sich zu laben.
    Die Menge aber, ach! sie wich zurück,
    als er sich ihr so unvermittelt zeigte.
    Da wuchs ein Zorn in ihm. Und Zorn ward Wort,
    das nun der Menge schroff die Meinung geigte:
    »Arschklar! Mein Ruhm beruht auf euch. Jedoch
    ihr seid die Vielen. Und ich bin der Eine.
    Wer mit sich eins ist, braucht die Vielen nicht.
    In Zukunft macht ihr euren Dreck alleine.«
    Ein Donnerwort? Ein

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