Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
Vom Netzwerk:
sogleich zur
    Flasche greifen dürfen…
    Da trat sie ein,
    die schon sehr schöne Frau.
    Da rief er: Prrooscht!
    der wirklich gute Mann.
    Vielleicht hätte sie nicht einfach
    weggehen und er nicht einfach weiter-
    trinken dürfen…
    Da trat sie ein,
    die wirklich schöne Frau.
    Da war er hin,
    der wirklich breite Mann.
    Vielleicht hätte sie trotzdem aus-
    harren sollen. Denn schon nach
    Stunden…
    Da sah er auf,
    der wirklich gute Mann.
    Da war sie weg,
    die wirklich schöne Frau.
    Aber vielleicht nimmt diese ganze
    unselige Geschichte nun ganz un-
    erwartet doch noch ein gutes Ende?
    Da
    Ach was. Nichts da.
    Alles klar
    Was Männer an Frauen finden -
    unerfindlich.
    Warum sich Männer an Frauen binden -
    unergründlich.
    Wieso Männer nach Frauen greifen -
    unbegreiflich.
    Weshalb Frauen auf Männer pfeifen -
    klar wie Kloßbrühe.

II
    Heimat
    Im Operncafé ( 4 .  4 .  1985 )
    1
    Dort verschleiert sich das Wasser
    (eines Brunnens)
    da verschleiern sich die Blicke
    (einer Frau)
    hier verschleier ich
    (der Dichter)
    meinen wahren Zustand
    (bin fix blau).
    2
    Aufs Gegenglück, den Geist,
    ist doch gepfiffen,
    der Herden Glück, das Fleisch,
    ist angesagt:
    Ich will heut abend nicht allein,
    ich will ein Teil der Herde sein.
    Das Gegenglück, der Geist,
    ist was für immer.
    Das Fleisch ist was für heute
    oder nie:
    Ich will es schnell und hier und gleich.
    Der Geist ist hart, das Fleisch ist weich.
    Dem Gegenglück, dem Geist,
    kann jeder dienen.
    Beim Dienst am Fleische erst
    zeigt sich der Mann:
    Ich sage das so grob wie platt,
    ich habe alle Feinheit satt.
    Das Gegenglück, der Geist,
    ist leicht zu haben.
    Ans Fleisch zu kommen
    fällt bisweilen schwer:
    Heut abend wird mir nichts erspart.
    Der Geist ist weich. Das Fleisch bleibt hart.
    Tretboote auf dem Main
    Des starken Blau bedächtige Bewegung
    wird sanft gelenkt von zwei sehr weißen Händen.
    Noch weißer droht ein Schwan. Die schmalen Hände
    beschwichtigen die Angst des großen Vogels
    und drehn am Steuer. In sehr weicher Wendung
    dreht da das Blau bei, so, daß Boot und Vogel
    in schönem Gleichmaß durch das Wasser gleiten,
    weiß-blau. Nach seinem grünen Schreibheft
    sucht der Betrachter eilig, schreibt erst Gleichmaß,
    dann Schwanenhals, dann Doppelung, dann Zauber,
    da blickt er auf. Weit auseinander ziehen
    da Weiß und Blau ganz zufällige Bahnen,
    und zwischen sie schiebt sich ein Rot, aus welchem
    ein Kreischen tönt, das allen Zauber endet.
    Fressgass, Ende August
    So laufen Männer heute rum,
    so sinnlos, geistarm, körperdumm:
    Sie zeigen einen nackten Arm,
    der ist so blöd, daß Gott erbarm.
    Diese nackten Arme, die immer aus diesen
    knappgeschnittenen Shirts herausragen!
    Sie zeigen einen nackten Hals,
    dem fehlt's an Klugheit ebenfalls.
    Diese nackten Hälse, die immer in diesen
    bescheuerten Köpfen enden!
    Sie zeigen einen nackten Bauch,
    das Hemd ist kurz, das Hirn ist's auch.
    Diese nackten Bäuche, die immer in diese
    Jeans eingeschnürt werden!
    Sie zeigen sich halbnackt und stolz
    und sind so stumpf und dumpf wie Holz.
    Diese halbnackten Männer, die immer so
    bedeutend durch die Gegend schreiten!
    Sie zeigen, daß sie leben.
    Auch das wird sich mal geben.
    Obszöne Zeichnung
am Vilsbildungsheim
    Pimmel an der Wand -
    daß ich dich hier fand!
    Malte ihn doch selber mal
    prahlend an die Wände,
    nahm ihn in natura auch
    in die Künstlerhände.
    Hielt ihn tags mit Filzstift fest
    und ihm nachts die Treue,
    taglang stand er an der Wand,
    nachts stand er aufs neue.
    Daß das nun schon lange her,
    ist kein Grund zum Trauern.
    Seht: Noch immer malen ihn
    Hände an die Mauern.
    Ist es auch nicht meiner mehr,
    den die Maler feiern,
    ist er doch noch immer er,
    der von prallen Eiern
    mächtig in die Höhe wächst,
    um aus seiner Ritzen
    den geschwungnen Lebenssaft
    in die Welt zu spritzen:
    Pimmel an der Wand meint nicht
    meinen oder deinen.
    War nie unser, wird's nie sein,
    denn wir sind die seinen.
    Maredo Steak-House
    Die Stücke toter Tiere auf den Tellern
    Die Teller in den Händen junger Menschen
    Die jungen Menschen sind schwarz-rot gewandet
    Die weißen Wände, roh gespachtelt, werden
    Von schwarzgestrichnen Stämmen jäh durchbrochen
    Wild spaltet sich das Holz der schwarzen Stämme:
    Hier ist man ja mitten unter Gauchos!
    Hier weht ja der schärfere Wind der Pampas!
    Hier sollte man eigentlich nicht ohne Messer herkommen!
    Das Deckenholz ruht schwer auf dunklen Säulen
    Am Boden glänzen pflegeleichte Kacheln
    Ein offnes

Weitere Kostenlose Bücher