Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006
von sich zu wissen,
Muß doch schließlich noch erlaubt sein.
Oder ist das nicht gestattet?
Sag mir bitte dann, warum sich
ständig Fleisch dem Fleische gattet!
2
Wovon spricht der Typ? Wenn man ihn
hört, wird klar: Da spricht ein Irrer,
welchem schwant, daß da was wirr wär -
Ach, es ist ja noch viel wirrer,
Was die Paare so zu Paaren
treibt, daß niemand mehr voll durchsieht,
warum frau/man es gestattet,
daß man sie/ihn mal toll durchzieht.
Einer sucht den Dialog
zwischen den Generationen
So viel Zukunft
in diesen Geschöpfen.
Man sollte sie allesamt
köpfen.
So viel Hoffnung
in diesen Seelen.
Man sollte sie allesamt
pfählen.
So viel Weite
unter uns Engen.
Man sollte sie allesamt
hängen.
So viel Wölfe
unter uns Schafen.
Man sollte sie allesamt
beschlafen.
So viele Nymphen.
So viel Epheben.
Sie werden mich allesamt
überleben.
Väterliche Ermahnung
All das leuchtet, die Lippen,
die Augen.
All das macht Sinn.
All das spricht so betörend: Hör
nicht hin.
Sind doch nur Lippen
und Augen.
Was ist schon dran.
All das spricht auch nicht ewig: Sieh
mich an.
Also wie nun
Wie willst du mich denn halten?
Mit diesen meinen Händen.
Mit diesen deinen Händen?
Die soll dir Gott zerspalten.
Wie willst du mich denn tragen?
Mit diesen meinen Armen.
Mit diesen deinen Armen?
Die soll dir Gott abschlagen.
Wie? Du willst mich verlassen?
Auf diesen meinen Sohlen.
Auf diesen deinen Sohlen?
Die soll der Teufel holen.
Verwunderung
Daß es dich gibt, trotz alledem,
ja – ist denn das zu fassen?
Mein Liebling, ich verließ dich doch,
du kannst dich drauf verlassen:
Ich kehr' nie mehr zu dir zurück,
du bist für mich gestorben.
Für mich, das meint: für alle Welt.
Dem, der um dich geworben,
sag bitte, es sei unsinnig,
wenn er dir sagt, er liebt dich.
Er kann nicht lieben, was nicht ist,
und dich, mein Liebling, gibt's nicht.
Zwei erinnern sich
Aber das war doch das Glück!
Als wir auf dieser Terrasse standen,
als sich erst Worte, dann Finger, dann Lippen fanden,
und ich beugte mich vor,
und du lehntest dich zurück -
»Das war nicht das Glück!«
Aber doch! Das war das Glück!
Als wir dann diese Treppe hochstiegen,
so heiß und von Sinnen, daß wir meinten zu fliegen,
und dann sprang diese Tür auf,
und es gab kein Zurück -
»Aber das war doch nicht das Glück!«
Aber ja doch! Das war das Glück!
Als wir uns zwischen diesen Laken verschränkten
und gaben und nahmen und raubten und schenkten,
und wer immer etwas gab,
erhielt es tausendfach zurück -
»Das war unser Unglück.«
Dunkle Vorgänge auf einer
Terrasse in schwachem Mondlicht
Du denkst, es ist das Taschenmesser,
doch es ist der Lippenstift.
So gedrungen und dunkel -
man könnte ihn wirklich für ein Taschenmesser halten.
Du denkst, es ist die Sonnenbrille,
doch es ist die Seifendose.
So aufgeklappt und verdoppelt
sieht sie fast aus wie eine Sonnenbrille.
Du denkst, es ist die Brieftasche,
doch es ist der Waschlappen.
So glänzend und eckig
macht er tatsächlich den Eindruck einer Brieftasche.
Du denkst, da will dich jemand umarmen,
doch da will dich jemand erwürgen.
So zärtlich und sanft -
es fühlt sich wie eine richtige Umarmung an.
Rasch, stoß zu!
Du hast ja den Lippenstift!
Schnell, tarne dich!
Du hast ja die Seifendose!
Und nun flieh!
Du hast ja den Waschlappen!
Ein Frühjahr
Und dann versagte sich
ihm auch noch jene Frau.
Nun war er sehr allein und schrie in Nächten
nach Engeln, daß sie ihm zu trinken brächten,
die aber sagten: Nichts da, Freundchen, bist schon blau.
So ging der März dahin.
Doch dann! Da kam April,
und mit ihm kam das Glück.
Nun war er sehr bestimmt und schrieb in Briefen,
daß Engel sie an seine Seite riefen.
Das war zuviel für sie. Sie kam zurück.
So ging es in den Mai.
Und dann versagte er
auch noch bei jener Frau.
Nun war sie sehr verstört und rief voll Schrecken,
er könne sich die Engel dorthin stecken,
wo – die aber flogen tief gekränkt ins Blau
des ganz entrückten Himmels.
Da!
Da tritt sie ein,
die wirklich schöne Frau.
Da ist er breit,
der wirklich gute Mann.
Dabei hatte alles so hoffnungs-
voll begonnen…
Wirklich guter Mann sucht wirklich
schöne Frau, hatte er inseriert,
worauf ihm drei Frauen geantwortet
hatten. Dann die Treffen…
Da trat sie ein,
die nicht sehr schöne Frau.
Da sprach er: Raus!
der wirklich gute Mann.
Vielleicht hätte er nach diesem
Mißerfolg nicht
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