Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
Vom Netzwerk:
Videonummer. Ruf ihn an. Schluss. Das ist alles, was ich ihm gesagt habe.«
    »Also dann begreife ich es nicht«, sagte der Journalist Kammerer nahezu verzweifelt. »Ich dachte erst, er hätte Sie irgendwie falsch verstanden, aber wenn das nicht so ist … Dann ist
es etwas Krankhaftes, eine Manie vielleicht. Es kann ja sein, dass sich diese Progressoren bei ihrer Arbeit ganz manierlich betragen, aber auf der Erde schlagen sie manchmal total über die Stränge. Vielleicht gehen ihnen die Nerven durch …«
    Der Alte zog die Brauen zusammen. »Nun ja, wissen Sie … Es ist vielleicht schon möglich, dass Ljowa mich nicht ganz richtig verstanden hat, oder, genauer gesagt, dass er etwas überhört hat. Es war nämlich ein Gespräch zwischen Tür und Angel. Ich war in Eile, es wehte ein starker Wind, die Kiefern rauschten laut, und Sie sind mir erst in letzter Minute eingefallen.«
    »Nicht doch, ich will nichts dergleichen sagen …« Der Journalist Kammerer machte einen Rückzieher. »Vielleicht war ich es, der Lew nicht ganz verstanden hat. Wissen Sie, mich hat sein Anblick geradezu erschüttert: Er hat sich sehr verändert, ist irgendwie feindselig geworden, böse … Hatten Sie nicht auch den Eindruck, Sergej Pawlowitsch?«
    Ja, Sergej Pawlowitsch hatte auch den Eindruck. Und dann, von der kaum verhohlenen Kränkung des treuherzigen und mitteilsamen Journalisten Kammerer genötigt und angestachelt, erzählte der Alte nach und nach, wie sein Gespräch mit Abalkin verlaufen war. Zwischendurch verlor er immer wieder den Faden, schämte sich für seinen Schüler oder, wie es schien, auch für manch eigenen Gedanken.
    Gegen 17 Uhr verließ S. P. Fedossejew mit dem Gleiter sein Gehöft »Mückenau« und nahm Kurs auf Swerdlowsk, wo er an der Sitzung irgendeines Klubs teilnehmen wollte. Nach fünfzehn Minuten wurde er von einem plötzlich aus dem Nichts aufgetauchten Gleiter angegriffen und zur Landung in einem wilden Kiefernwald gezwungen. Der Pilot des Gleiters war Lew Abalkin. Auf einer Lichtung, umgeben von rauschenden Kiefern, fand zwischen den beiden eine kurze Unterredung statt, die Lew Abalkin nach demselben, mir schon bekannten Schema gestaltete.

    Kaum dass er guten Tag gesagt hatte, überschüttete er seinen alten Lehrer mit sarkastischer Dankbarkeit, ohne ihn auch nur ein einziges Mal zu Wort kommen zu lassen oder Zeit für eine Umarmung zu verschwenden. Gehässig dankte er dem armen Sergej Pawlowitsch für seine Bemühungen, die er angeblich unternommen hatte, um die Kommission für Berufslenkung zu überzeugen, den Abiturienten Abalkin auf die Progressoren-Schule zu schicken - und nicht ans Institut für Tierpsychologie, wo der Abiturient aus Dummheit und Unerfahrenheit hatte studieren wollen. Diese Bemühungen seien von glänzendem Erfolg gekrönt worden und hätten das weitere Leben Lew Abalkins sorgenfrei und glücklich gemacht.
    Für diese unverschämte Verdrehung der Tatsachen verabreichte der erschütterte alte Mann seinem ehemaligen Schüler eine Ohrfeige, woraufhin dieser verstummte und seinem Lehrer aufmerksam zuhörte. Fedossejew legte ihm in Ruhe dar, dass es in Wirklichkeit genau umgekehrt gewesen war. Kein anderer als er, S. P. Fedossejew, hatte Lew Abalkin für die Tierpsychologie vorgesehen, schon mit dem Institut Absprachen getroffen und der Kommission die entsprechenden Empfehlungen vorgelegt. Kein anderer als er, S. P. Fedossejew, war, nachdem er von der aus seiner Sicht widersinnigen Entscheidung der Kommission erfahren hatte, mit mündlichem und schriftlichem Protest bis zum regionalen Rat für Volksbildung gegangen. Und kein anderer als er, S. P. Fedossejew, war schließlich in den Eurasischen Sektor bestellt und wie ein kleiner Junge gemaßregelt worden, weil er versucht hatte, eine Entscheidung der Berufslenkungskommission unqualifizierterweise zu desavouieren. (»Sie haben mir dort die Gutachten von vier Experten vorgelegt und schwarz auf weiß bewiesen, dass ich ein alter Trottel bin und der Vorsitzende der Lenkungskommission Dr. Serafimowitsch Recht hat.«)
    An diesem Punkt angekommen, verstummte der Alte.

    »Und was hat er darauf gesagt?«, fragte der Journalist Kammerer.
    Der Alte kaute bekümmert auf seiner Lippe. »Dieser dumme Junge hat mir die Hand geküsst und ist dann zu seinem Gleiter gestürzt.«
    Wir schwiegen eine Weile. Dann fügte er hinzu: »Und da fielen Sie mir ein. Ehrlich gesagt, hatte ich den Eindruck, dass er es gar nicht recht beachtet hat. Vielleicht hätte

Weitere Kostenlose Bücher