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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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Dritten Großen Maschine im Basaltgrund des Subpolarkontinents eine seltsame Vorrichtung fanden. In irdischen Begriffen ließ sich diese am besten als ein intelligent konstruiertes Nest bezeichnen, und darin befanden sich zweihundertdrei Larven von Tagoranern in latentem Zustand. Das Alter des Fundes ließ sich nicht genau bestimmen. Es stand jedoch fest, dass das Nest lange vor der Großen Genetischen Revolution angelegt worden war - also noch zu der Zeit, als jeder Tagoraner in seiner Entwicklung ein Larvenstadium durchlief …
    »Erstaunlich«, murmelte Sikorsky. »Sollte Ihr Volk schon zu dieser Zeit über eine derart entwickelte Technologie verfügt haben?«
    »Natürlich nicht!«, erwiderte Dr. As-Su. »Kein Zweifel, das war das Werk der Wanderer .«
    »Aber wozu sollten sie das tun?«
    »Diese Frage ist zu schwer zu beantworten. Wir haben es gar nicht erst versucht.«
    »Und was ist dann mit diesen zweihundert kleinen Tagoranern geschehen?«
    »Hm, da stellen Sie eine sonderbare Frage … Die Larven begannen sich spontan zu entwickeln, und wir haben die Vorrichtung dann mitsamt ihrem Inhalt sofort vernichtet. Können Sie sich ein Volk vorstellen, das in dieser Situation anders verfahren würde?«
    »Ich kann«, sagte Sikorsky.

    Am Tag darauf, dem 8. Januar’38, reiste der Hohe Botschafter der Geeinten Tagora aus gesundheitlichen Gründen in seine Heimat ab. Ein paar Tage später befand sich auf der Erde und auf allen anderen Planeten, wo Erdenmenschen arbeiteten, kein einziger Tagoraner mehr. Und nach einem weiteren Monat mussten alle Erdenmenschen, die auf der Tagora beschäftigt waren, ohne Ausnahme auf die Erde zurückkehren. Die Verbindungen zur Tagora rissen für fünfundzwanzig Jahre ab.

Das Persönlichkeitsgeheimnis Lew Abalkins (Fortsetzung)
    Sie wurden alle am selben Tag geboren, am 6. Oktober’38. Es waren fünf Mädchen und acht Jungen, kräftige, laute und völlig gesunde menschliche Säuglinge. Als sie zur Welt kamen, war schon alles bereit. Medizinische Koryphäen, Mitglieder des Weltrates und Berater der »Kommission für die Dreizehn« nahmen sie in Empfang, untersuchten sie, wuschen und wickelten sie und schickten sie noch am selben Tag mit einem eigens dafür eingerichteten Schiff zur Erde. Schon gegen Abend befanden sie sich in dreizehn über alle Kontinente verstreuten Kinderheimen, wo sich sorgsame Ammen um die dreizehn Waisen und postumen Kinder kümmerten, die ihre Eltern niemals zu Gesicht bekommen würden und deren aller Mutter fortan die große, gütige Menschheit war. Die Legenden über ihre Herkunft waren von Rudolf Sikorsky selbst vorbereitet und mit einer Sondergenehmigung des Weltrates in das GGI eingegeben worden.
    Das Schicksal Lew Wjatscheslawowitsch Abalkins wie auch das seiner zwölf »Geschwister« war von nun an und auf viele
Jahre hinaus vorprogrammiert. Lange Zeit unterschied es sich nicht von den Schicksalen ihrer gewöhnlichen irdischen Altersgefährten. Wie hundert Millionen anderer Säuglinge im Kinderheim lag er zuerst, dann krabbelte, tapste und lief er umher. Um ihn herum waren ebensolche kleinen Kinder, und sorgsame Erwachsene kümmerten sich um ihn - genauso wie in hunderttausend anderen Kinderheimen auf der Erde.
    Allerdings hatte er Glück wie nur wenige. Am selben Tag, als man ihn in das Heim brachte, begann dort Jadwiga Michailowna Lekanowa als einfache beobachtende Ärztin zu arbeiten. Sie war eine der bedeutendsten Spezialistinnen für Kinderpsychologie - und hatte sich aus irgendeinem Grund von den Höhen der reinen Wissenschaft herabbegeben, um zu der Tätigkeit zurückzukehren, mit der sie vor Jahrzehnten angefangen hatte … Und als der sechsjährige Lew Abalkin mit seiner gesamten Gruppe in die Internatsschule Nr. 241 in Syktywkar wechselte, kam ebendiese Jadwiga Michailowna zu dem Schluss, es sei nun Zeit für sie, mit Schulkindern zu arbeiten, und ließ sich als beobachtende Ärztin an dieselbe Schule versetzen.
    Ljowa Abalkin wuchs heran und entwickelte sich wie ein völlig normaler Junge, vielleicht mit einer leichten Neigung zur Melancholie und Verschlossenheit, aber die Abweichungen seines Psychotypus von der Norm überschritten nie den Mittelwert und blieben weit unter den zulässigen Schwankungen. Mit seiner physischen Entwicklung sah es genauso gut aus. Er unterschied sich von den anderen weder durch übermäßige Zartheit noch zeichnete er sich durch besondere körperliche Fähigkeiten aus. Kurzum, er war ein kräftiger, gesunder und

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