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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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selbst betraf. Keiner der anderen wurde erwähnt.
    Kornej Jašmaa schloss damals gerade die Progressoren-Schule ab. Allen Untersuchungen nach zu urteilen, war er ein Mensch mit stabiler psychischer Konstitution, sehr starkem Willen und von seinen Anlagen her ein außergewöhnlicher Mensch. Die Psychologen hatten sich nicht geirrt: Kornej Jašmaa nahm die Information ungerührt auf - anscheinend interessierte ihn die Umwelt mehr als das Geheimnis der eigenen Herkunft. Die vorsichtige Warnung der Psychologen, dass ihm womöglich ein verborgenes Programm eingegeben sei, das seine Aktivitäten jederzeit gegen die Interessen der Menschheit richten konnte, beunruhigte ihn nicht im Geringsten. Er gestand offen, dass er die potenzielle Gefahr, die von ihm ausging, zwar verstand, aber nicht im Geringsten
daran glaubte. Er war mit der regelmäßigen Selbstbeobachtung einverstanden, die unter anderem die tägliche Untersuchung mit einem Emotionsindikator einschloss, und schlug sogar selbst Mentoskopien beliebiger Tiefen vor. Mit einem Wort: Die Kommission konnte zufrieden sein. Zumindest eines der »Findelkinder« war nun zu einem bewussten, starken Verbündeten der Erde geworden.
    Als Rudolf Sikorsky von dem Experiment erfuhr, wurde er zuerst wütend, kam aber dann zu dem Schluss, dass das Experiment letzten Endes von Nutzen sein könnte. Bemüht um die Sicherheit der Erde, hatte er eigentlich von Anfang an darauf bestanden, das Persönlichkeitsgeheimnis der »Findelkinder« zu wahren. Wenn, beziehungsweise falls das Programm dann in den »Findelkindern« aktiv würde, war es seiner Meinung nach besser, wenn sie neben diesem unterbewussten Programm keine weiteren - bewussten - Informationen über sich selbst hätten und das, was mit ihnen passiert war. Ihm war lieber, sie irrten wild umher, ohne zu wissen, was sie suchten, und begingen sinnlose, sonderbare Taten. Zur Kontrolle aber war es letzten Endes von Vorteil, ein »Findelkind« (doch nicht mehr!) zu haben, das alle Informationen über sich selbst besaß. Wenn es überhaupt ein Programm gab, dann war es zweifellos so organisiert, dass keinerlei Bewusstsein existierte, das mit ihm fertig würde; andernfalls wäre die Mühe der Wanderer umsonst gewesen. Das Verhalten eines Menschen, der von dem Programm wusste, würde sich also ganz sicher stark von dem der anderen unterscheiden.
    Die Psychologen indes dachten nicht daran, sich mit dem, was sie erreicht hatten, zu begnügen. Ermutigt vom Erfolg mit Kornej Jašmaa, wiederholten sie drei Jahre später (Rudolf Sikorsky saß noch immer auf dem Saraksch) dasselbe Experiment mit Thomas Nielson (Nummer 2, Zeichen »Schiefer Stern«), dem Aufseher eines Naturparks auf der Gorgona. Die Ergebnisse waren günstig, und ein paar Monate lang
setzte Thomas Nielson seine Arbeit wohlbehalten fort, ohne von dem Persönlichkeitsgeheimnis irritiert zu sein. Er war überhaupt ein eher phlegmatischer Mensch und neigte nicht dazu, seine Gefühle zu zeigen.
    Nielson führte alle empfohlenen Prozeduren zur Selbstbeobachtung durch und begegnete seiner Situation sogar mit einem gewissen, ihm eigenen schwarzen Humor. Die Mentoskopie allerdings verweigerte er kategorisch, wobei er sich auf rein persönliche Beweggründe berief. Am hundertachtundzwanzigsten Tag nach Beginn des Experiments aber kam Thomas Nielson auf der Gorgona unter Umständen ums Leben, die einen Selbstmord nicht ausschlossen.
    Für die Kommission, insbesondere für die Psychologen war das ein schrecklicher Schlag. Der greise Pak Hin erklärte seinen Austritt aus der Kommission, verließ sein Institut, seine Schüler und Verwandten und ging ins selbst gewählte Exil. Am hundertzweiunddreißigsten Tag meldete ein Mitarbeiter der KomKon 2, zu dessen Aufgaben die monatliche Überprüfung des Bernsteinfutterals gehörte, panisch, dass der Zünder Nummer 02, Zeichen »Schiefer Stern«, spurlos verschwunden sei und in seiner Fassung, die mit den zitternden Härchen des Pseudoepithels ausgelegt war, nicht einmal Staub hinterlassen habe.
    Nun stand außer Zweifel, dass zwischen jedem der »Findelkinder« und dem entsprechenden Zünder eine bestimmte, beinahe mystische Verbindung bestand. Und jedem Mitglied der Kommission war klar, dass es den Erdenmenschen in absehbarer Zeit wohl kaum gelingen würde, Licht in diese Geschichte zu bringen.

4. JUNI’78
    Lagebesprechung
    All dies und noch viel mehr erzählte mir Seine Exzellenz, nachdem wir aus dem Museum zurückgekehrt waren. Wir saßen in

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