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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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irgendetwas hat ihm auf der Erde ganz und gar missfallen. Aber was es war, hatte er mitzuteilen nicht die Güte. Ich sage dir doch: Er ist ein unerklärliches, unberechenbares Wesen. Vielleicht hat die Erde auch gar nichts damit zu tun. Vielleicht bekam er an dem Tag zufällig Bauchschmerzen - im weitesten Sinne des Wortes natürlich. Im allerweitesten, im kosmischen Sinne.
    ICH: Hältst du das für einen Zufall - in den Kinderversen sieht jemand etwas auf der eigenen Nase nicht, und dann das über die Blinden und Sehenden?
    BORIS: Weißt du, über die Blinden und Sehenden - da gibt es auf dem Saraksch, in Pandea, eine Redensart: »Wenn der Blinde den Sehenden erblickt.« Das bedeutet so viel wie: Es ist ganz und gar unwahrscheinlich, ja, unmöglich. Offenbar wollte Hexenmeister ausdrücken, dass etwas Bestimmtes niemals eintreffen wird. Die Verse aber hat er sicher nur so aufgesagt, aus reiner Bosheit - und mit offensichtlichem Spott dazu. Ich weiß nur nicht, wem dieser Spott galt? Aber gut möglich, dass er diesen anstrengenden japanischen Angeber gemeint hat.

    Vorläufige Schlussfolgerungen:
    1. Es ist mir nicht gelungen, an Daten und Informationen zu kommen, die der Suche nach Hexenmeister auf dem Saraksch dienlich sein könnten.
    2. Ich kann keine Empfehlungen zum weiteren Fortgang der Suche machen.
    T. Glumow

    Am Abend des 6. Mai empfing mich Athos-Sidorow, unser Präsident. Ich hatte die wichtigsten Unterlagen zwar mitgenommen, trug ihm aber das Wesentliche wie auch meine Vorschläge mündlich vor. Athos-Sidorow war bereits furchtbar krank; sein Gesicht war fahl, und er litt unter Atemnot. Ich hatte zu lange mit meinem Besuch gewartet: Er brachte nicht einmal mehr die Kraft auf, sich richtig zu wundern. Er sagte, er wolle sich die Unterlagen ansehen, nachdenken und sich am nächsten Tag mit mir in Verbindung setzen.
    Am 7. Mai saß ich den ganzen Tag in meinem Arbeitszimmer und wartete auf seinen Anruf, doch er kam nicht. Abends wurde mir mitgeteilt, dass Athos-Sidorow einen schweren Anfall gehabt hatte und man ihn gerade noch rechtzeitig hatte versorgen können. Jetzt lag er im Krankenhaus. Und so lastete wieder alles auf mir, allein auf meinen Schultern - und schwer auf meiner Seele.
    Am 8. Mai erhielt ich - neben vielem anderen - auch Toivos Bericht über seinen Besuch im Institut der Sonderlinge. Ich hakte seinen Namen auf der Liste ab, gab seinen Bericht in den Registrator ein und dachte mir dann einen Auftrag für Petja Silezki aus. Er und Soja Morosowa waren bis zu dem Tag nämlich die einzigen von meinen Leuten, die ich noch nicht zum Institut geschickt hatte.

    Etwa zur selben Zeit unterhielt sich Toivo Glumow in seinem Arbeitszimmer mit Grischa Serossowin. Ich rekonstruiere ihr Gespräch weiter unten, vor allem deshalb, um die Stimmung nachzuzeichnen, die damals unter meinen Mitarbeitern herrschte. Nur qualitativ. Denn das quantitative Verhältnis war unverändert: auf der einen Seite Toivo, auf der anderen alle Übrigen.
     
     
    Abteilung BV, Arbeitszimmer D. 8. Mai ’99. Abends
     
    Grischa Serossowin kam wie gewohnt ohne Anklopfen herein, blieb dann auf der Schwelle stehen und fragte: »Darf ich?«
    Toivo legte die »Bewegung auf der Vertikalen« (das Werk C. Oxoviews) beiseite, neigte den Kopf und musterte Grischa. »Du darfst. Aber ich gehe bald nach Hause.«
    »Ist Sandro wieder nicht da?«
    Toivo schaute zu Sandros Tisch. Er war leer und makellos sauber. »Nein, schon seit drei Tagen.«
    Grischa setzte sich an Sandros Tisch und schlug die Beine übereinander. »Und wo hast du dich gestern herumgetrieben?«, fragte er.
    »In Charkow.«
    »Ach, du bist auch in Charkow gewesen?«
    »Wer noch?«
    »Fast alle. Im letzten Monat war fast die ganze Abteilung in Charkow. Hör mal, Toivo, weswegen ich gekommen bin. Du hast dich doch mit den ›plötzlichen Genies‹ befasst?«
    »Ja. Aber es ist lange her - das war vorletztes Jahr.«
    »Erinnerst du dich an Soddy?«
    »Ja. Bartholomew Soddy. Der Mathematiker, der dann Beichtvater wurde.«

    »Genau der«, sagte Grischa. »Im Bericht gibt es da einen Satz, ich zitiere: ›Den uns vorliegenden Informationen zufolge hat B. Soddy kurz vor seiner Metamorphose eine private Tragödie erlebt.‹ Wenn du den Bericht erstellt hast, dann habe ich zwei Fragen. Was war das für eine Tragödie, und woher hattest du die Informationen?«
    Toivo streckte die Hand aus und rief das Programm auf. Als das Einlesen der Daten beendet war, begann das Programm zu rechnen.

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