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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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Abteilungsleiter der Filiale, Bohdan Haidai, und Hexenmeisters Begleiter von der KomKon 1, der uns bekannte Borja Laptew.
    Nach seiner Ankunft in der Filiale verzichtete Hexenmeister auf das traditionelle Einführungsgespräch mit Bewirtung und äußerte den Wunsch, die Tätigkeit der Mitarbeiter und ihre Probanden so schnell wie möglich kennenzulernen. Daraufhin übergab ihn D. Logowenko der Obhut von B. Haidai. Weiteren Kontakt hatte es nicht gegeben.

    ICH: Welches Ziel verfolgte Hexenmeister Ihrer Meinung nach im Institut?
    LOGOWENKO: Darüber hat er mit mir nicht gesprochen. Die KomKon hat uns informiert, Hexenmeister habe den Wunsch geäußert, unsere Arbeit kennenzulernen, und wir haben ihm gerne die Möglichkeit dazu gegeben. Nicht völlig uneigennützig übrigens: Wir rechneten damit, ihn selbst untersuchen zu können. Noch nie war ein Psychokrat von ähnlicher Kraft zu uns gekommen - noch dazu ein Außerirdischer.
    ICH: Was hat die Untersuchung ergeben?
    LOGOWENKO: Es hat keine Untersuchung stattgefunden. Hexenmeister brach seinen Besuch völlig unerwartet für uns alle ab.
    ICH: Was halten Sie für den Grund?
    LOGOWENKO: Wir können nur Mutmaßungen anstellen. Ich persönlich neige zu folgender: Man stellte ihm Michel Desmonde vor, einen Polymentalen. Womöglich hat Hexenmeister bei ihm etwas wahrgenommen, was uns entgangen ist und was ihn entweder erschreckt oder gekränkt, jedenfalls aber schockiert hat, so dass er nichts mehr mit uns zu tun haben wollte. Vergessen Sie nicht, er ist zwar ein Psychokrat, ein Intellektueller, aber seiner Herkunft, d. h. seiner Erziehung und seiner Weltanschauung nach, ist er, wenn Sie so wollen, ein typischer Wilder.
    ICH: Ich verstehe nicht ganz. Was ist ein Polymentaler?
    LOGOWENKO: Polymentalismus ist eine sehr seltene metapsychische Erscheinung und bedeutet, dass zwei oder mehr unabhängige Bewusstseinseinheiten in demselben menschlichen Organismus koexistieren. Nicht zu verwechseln mit Schizophrenie, denn es handelt sich nicht um etwas Pathologisches. Michel Desmonde, zum Beispiel. Ein vollkommen gesunder, sehr angenehmer junger Mann, bei dem keinerlei Abweichungen von der Norm vorliegen. Aber vor
ungefähr zehn Jahren wurde zufällig entdeckt, dass er zwei Mentogramme hat. Ein gewöhnliches, menschliches, das eindeutig mit seiner Vergangenheit und Gegenwart verbunden ist. Und ein anderes, das nur bei einer bestimmten, genau vorgegebenen Tiefe der Mentoskopie zum Vorschein kommt. Es ist das Mentogramm eines Wesens, das nichts mit Michel gemein hat und in einer Welt lebt, die wir trotz aller Bemühungen noch nicht identifizieren konnten. Offensichtlich handelt es sich um eine Welt, in der ungewöhnlich hohe Drücke und Temperaturen herrschen … Doch das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass Michel weder von dieser anderen Welt noch von diesem anderen Bewusstsein etwas weiß und jenes Wesen weder von Michel noch von unserer Welt etwas ahnt. Ich glaube, wir haben bei Michel ein Nachbarbewusstsein entdecken können. Aber vielleicht koexistieren in ihm noch weitere, die sich unseren Untersuchungsmethoden entziehen. Und diese haben Hexenmeister womöglich so schockiert.
    ICH: Für Sie ist die zweite Welt von Michel Desmonde nicht schockierend?
    LOGOWENKO: Nein. Definitiv nicht. Erwähnen muss ich allerdings, dass der Mentoskopist, der als Erster einen Blick in diese Welt geworfen und sie erkannt hat, schwer erschüttert war. Vor allem, weil er dachte, Michel sei ein getarnter Agent irgendwelcher Wanderer - ein Progressor aus einer fremden Welt.
    ICH: Wie hat man festgestellt, dass das nicht der Fall ist?
    LOGOWENKO: Da können Sie beruhigt sein. Zwischen dem Verhalten Michels und den Aktivitäten des zweiten Bewusstseins besteht keine Korrelation. Die benachbarten Bewusstseinseinheiten des Polymentalen stehen in keinerlei Wechselwirkung. Sie können grundsätzlich nicht interagieren, da sie in verschiedenen Räumen aktiv sind. Eine grobe Analogie: Stellen Sie sich ein Schattenspiel vor. Die
auf die Leinwand projizierten Schatten können nicht interagieren. Blieben da noch allerlei phantastische Erwägungen, aber die sind und bleiben eben phantastisch.
     
    Damit endete mein Gespräch mit D. Logowenko und ich wurde B. A. Haidai vorgestellt.
     
    Notiz zur Person:
    Haidai, Bohdan Archypowytsch, Magister der Psychologie. Geboren am 10. 06.’55 in Seredina-Buda. Ausbildung: Institut für Psychologie, Kiew; Fachkurse in höherer und anomaler Ethologie in Split.

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