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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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Ohne Eile machte sich Toivo nun daran, seinen Tisch aufzuräumen. Grischa wartete geduldig. Er kannte das schon.
    »Wenn dort steht: ›Den vorliegenden Informationen zufolge‹«, sagte Toivo, »dann heißt das, dass ich diese Informationen von Big Bug erhalten habe.«
    Er verstummte. Grischa wartete eine Weile, schlug seine Beine andersherum übereinander und erwiderte: »Mit solchen Kleinigkeiten möchte ich nicht zu Big Bug gehen. Na gut, dann muss ich es so versuchen. Hör mal, Toivo, findest du nicht, dass unser Big Bug in letzter Zeit irgendwie nervös ist?«
    Toivo zuckte mit den Schultern. »Ja, vielleicht«, sagte er. »Dem Präsidenten geht es sehr schlecht. Es heißt, Gorbowski liege im Sterben. Und Big Bug kennt sie ja alle, und das sehr gut.«
    Grischa meinte nachdenklich: »Übrigens, ich kenne Gorbowski auch persönlich, stell dir vor. Du erinnerst dich - obwohl, nein, damals warst du noch nicht hier. Kamillo hatte Selbstmord begangen - er war der Letzte aus dem Teufelsdutzend. Aber der Fall der Teufelsbrüder ist für dich sicher auch nur, na ja, leerer Schall. Ich zum Beispiel hatte davon gar nichts mitbekommen. Der Selbstmord, oder genauer gesagt, die Selbstzerstörung des armen Kamillo wurde als Tatsache nie in Zweifel gezogen. Unverständlich aber war: warum? Das heißt, man wusste schon, dass das Leben für ihn kein
Spaß war und dass er die letzten einhundert Jahre vollkommen allein zugebracht hatte. Du und ich können uns eine solche Einsamkeit gar nicht vorstellen. Aber das nur am Rande. Big Bug schickte mich damals zu Gorbowski. Denn der hatte, wie sich herausstellte, diesem Kamillo seinerzeit nahegestanden und sogar versucht, sein Freund zu werden. Hörst du mir überhaupt zu?«
    Toivo nickte mehrmals mit dem Kopf. »Ja«, sagte er.
    »Weißt du, wie du wirkst?«
    »Ja«, sagte Toivo. »Wie einer, der sehr intensiv seinen eigenen Gedanken nachhängt. Das hast du mir schon gesagt, mehrere Male. Ein Klischee, einverstanden?«
    Anstatt zu antworten, nahm Grischa einen Stift aus seiner Brusttasche und warf damit nach Toivos Kopf - wie mit einem Speer, quer durchs ganze Zimmer. Ein paar Zentimeter vor seinem Gesicht griff sich Toivo mit zwei Fingern den Stift aus der Luft und sagte: »Schlapp.«
    Dann schrieb er mit dem Stift »Schlapp« auf den Zettel, der vor ihm lag.
    »Mein Herr - Sie schonen mich!«, ließ er sich vernehmen. »Aber ich brauche keine Schonung. Sie bekommt mir nämlich nicht.«
    »Verstehst du, Toivo«, sagte Grischa eindringlich, »ich weiß, dass du eine gute Reaktion hast. Zwar keine glänzende, aber doch die gute, solide Reaktion eines Profis. Du machst aber den Eindruck … Bitte versteh, als dein Subaks-Trainer halte ich es einfach für meine Pflicht, von Zeit zu Zeit zu überprüfen, ob du noch in der Lage bist, auf deine Umgebung zu reagieren oder ob du dich schon im Zustand der Katalepsie befindest …«
    »Ich bin heute also doch müde geworden«, sagte Toivo. »Gleich ist das Programm durchgelaufen, dann gehe ich nach Hause.«
    »Und was hast du da, in deinem Programm?«, fragte Grischa.

    »Ich habe da«, schrieb Toivo auf den Zettel und sagte: »Ich habe da Wale. Ich habe da Vögel. Ich habe da Lemminge, Ratten und Wühlmäuse. Ich habe da dieser Kleinen viele.«
    »Und was machen sie bei dir?«
    »Bei mir kommen sie um. Oder laufen weg. Sie sterben, weil sie sich auf den Strand werfen, sich ertränken oder von den Orten wegfliegen, wo sie seit Jahrhunderten gelebt haben.«
    »Warum?«
    »Das weiß niemand. Vor zwei-, dreihundert Jahren trat dieses Phänomen regelmäßig auf, obwohl man auch damals nicht wusste, warum. Dann kam es lange Zeit nicht vor. Und jetzt ist es wieder da.«
    »Verzeih«, wandte Grischa ein, »das ist natürlich alles sehr interessant, aber was hat es mit uns zu tun?«
    Toivo schwieg. Und ohne seine Antwort abzuwarten, fragte Grischa: »Du meinst, es könnte etwas mit den Wanderern zu tun haben?«
    Toivo indes betrachtete den Stift von allen Seiten, drehte ihn zwischen seinen Fingern hin und her, fasste ihn dann an der Spitze und sah ihn - warum auch immer - gegen das Licht an. »Alles, was wir zu erklären nicht in der Lage sind, kann mit den Wanderern zu tun haben …«
    »Geschliffene Formulierung«, meinte Grischa anerkennend.
    »… oder auch nichts mit ihnen zu tun haben«, fügte Toivo hinzu. »Sag, wo bekommst du so schöne Sachen her? Sieht aus wie ein Stift - was könnte banaler sein? Aber dein Stift ist schön anzusehen, sehr

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