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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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unmöglich …«
    Das Gericht entfernte sich. Maxim und Pandi erhielten die Erlaubnis, bequem zu stehen. Als auch der Rittmeister gegangen
war, schimpfte Pandi: »Hast du diese Monster gesehen? Schlimmer noch als Schlangen, bei Gott. Und die Hauptsache: Hätten sie keine Kopfschmerzen - wie sollte man sie als Entartete erkennen? Man mag gar nicht dran denken.«
    Maxim schwieg. Er wollte nicht reden. Sein Weltbild, gestern noch logisch und klar, verschwamm allmählich und verlor die Konturen. Übrigens brauchte Pandi keine Antwort. Er streifte seine Handschuhe ab, um sie nicht zu beschmutzen, zog eine Tüte Fruchtbonbons aus der Tasche, bot auch Maxim welche an und erklärte ihm, warum er gerade diesen Dienst nicht ausstehen könne. Denn erstens fürchte er, sich bei den Entarteten anzustecken, und zweitens seien einige von ihnen, etwa dieser Einarm, dermaßen frech, dass er sich enorm beherrschen müsse, damit er ihm keine überbrate. Einmal habe er sich lange zusammengerissen, dann aber losgedroschen - fast hätte man ihn zum Anwärter degradiert. Der Rittmeister habe sich vor ihn gestellt und ihn nur für zwanzig Tage eingebuchtet, danach noch vierzig Tage Ausgangssperre.
    Maxim kaute seine Fruchtbonbons, hörte mit halbem Ohr zu und sagte nichts. Hass, dachte er. Diese hassen jene, jene hassen diese. Warum? Der abscheulichste Staat. Warum? Wie kommt er darauf? Das Volk geschändet. Aber inwiefern? Was kann das bedeuten? Und dieser Zivilist. Unmöglich, dass er mit Folter droht. Die gab es früher, im Mittelalter. Obwohl, wenn man an den Faschismus denkt. Vielleicht ist das ein faschistischer Staat? Massaraksch, aber was ist denn Faschismus? Aggression, Rassentheorie … Hilter, oder wie hieß der … nein … Hilmer … Ja, und die Theorie von der Überlegenheit einer Rasse, Massenmord, Streben nach Weltherrschaft. Lüge, zum Prinzip der Politik erhoben, staatliche Lüge - das habe ich mir gemerkt, das hat mich am meisten entsetzt. Aber hier, glaube ich, gibt es so etwas nicht. Gai ein Faschist? Und Rada? Nein, das ist etwas anderes - Kriegsfolgen, eine Verrohung der Sitten infolge der schlimmen Lage
im Land. Die Mehrheit ist bestrebt, den Widerstand der Minderheit zu unterdrücken. Todesstrafe, Zwangsarbeit. Mir ist das zuwider, aber was sollen sie tun? Und worin besteht eigentlich der Widerstand? Ja, sie hassen die bestehende Ordnung. Doch was tun sie konkret? Darüber ist kein Wort gefallen. Seltsam … Als ob sich die Richter vorher mit den Angeklagten abgesprochen hätten und diese einverstanden wären. Ja, sieht ganz danach aus. Die Angeklagten versuchen, das Raketenabwehrsystem zu zerstören; den Richtern ist das wohlbekannt, und die Angeklagten wissen, dass es den Richtern bekannt ist. Alle bleiben bei ihren Überzeugungen, es gibt nichts zu bereden; die bereits bestehenden Verhältnisse werden nur noch offiziell bestätigt. Der eine wird liquidiert, der andere zur »Erziehung« geschickt, der dritte … den dritten nimmt sich, warum auch immer, der Zivilist. Man müsste den Zusammenhang kennen zwischen den Kopfschmerzen und der Neigung zum Widerstand. Warum wollen nur die Entarteten das Raketenabwehrsystem zerstören? Und nicht einmal alle von ihnen?
    »Herr Pandi«, fragte er, »wissen Sie, ob die Hontianer alle entartet sind?«
    Pandi grübelte. »Wie soll ich sagen, hm … Du musst verstehen«, begann er schließlich, »unsere Ausbildung befasst sich vor allem mit den städtischen Entarteten und den Wilden, die im Süden hausen. Was in Honti los ist oder sonst wo, lernt man wahrscheinlich bei der Armee. Vor allem musst du dir merken, dass Honti der schlimmste äußere Feind unseres Staates ist. Vor dem Krieg war es uns untertan, und jetzt rächt es sich grausam. Und die Entarteten sind der innere Feind. Das wär’s. Klar?«
    »Mehr oder weniger«, erwiderte Maxim. Sofort wurde er von Pandi gerügt: Das sei in der Garde keine Antwort, in der Garde heiße es »jawohl« oder »nein«; »mehr oder weniger« sei zivil. Der Schwester des Korporals könne Maxim
so antworten, hier aber sei er im Dienst, hier sei es nicht gestattet.
    Vermutlich hätte er noch lange weiter geredet, das Thema war ergiebig und lag ihm am Herzen, und der Zuhörer gab sich aufmerksam und respektvoll - aber da kehrten die Herren Offiziere zurück. Pandi verstummte mitten im Wort, flüsterte: »Stillgestanden!«, und nahm ordnungsgemäß zwischen Tisch und eisernem Hocker Haltung an. Auch Maxim erstarrte.
    Die Offiziere waren bester

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