Gesammelte Werke 1
Laune. Rittmeister Tschatschu erzählte laut und mit leicht verächtlichem Gesicht, wie sie im Jahre vierundachtzig rohen Teig direkt auf der glühend heißen Panzerung backten und sich danach die Finger leckten. Der Brigadegeneral und der Zivilist wandten ein, Kampfgeist sei zwar gut und schön, aber auch die Küche der Garde müsse Niveau haben, und je weniger Konserven sie verwende, desto besser. Die Augen halb geschlossen, fing der Adjutant auf einmal an, auswendig aus irgendeinem Kochbuch zu zitieren; die anderen lauschten ihm lange und fast ergriffen. Endlich blieb der Adjutant stecken, räusperte sich.
Der Brigadegeneral seufzte. »Ja, meine Herren … Bringen wir’s zu Ende.«
Hüstelnd öffnete der Adjutant seine Mappe, kramte in den Akten und sagte gepresst: »Ordi Tader.«
Die Frau war auch heute nahezu durchsichtig weiß, so als sei sie noch immer bewusstlos. Kaum aber streckte Pandi den Arm aus, um sie am Ellenbogen zu fassen und auf ihren Platz zu drücken, wich sie so heftig zurück wie vor einer Natter. Man konnte meinen, sie würde ihn jeden Augenblick schlagen. Doch ihre Hände waren gefesselt, und so fauchte sie nur: »Rühr mich nicht an, du Schwein!«, ging um Pandi herum und setzte sich.
Der Brigadegeneral stellte die üblichen Fragen. Sie antwortete nicht. Der Zivilist erinnerte sie an ihr Kind, an ihren Mann - sie schwieg. Sie hielt sich kerzengerade. Ihr Gesicht
konnte Maxim nicht sehen, nur ihren angespannten, mageren Hals, die wirren hellen Haare. Und plötzlich sagte sie mit ruhiger tiefer Stimme: »Ihr alle seid verdummte Idioten. Mörder. Ihr werdet alle sterben. Du, Brigadegeneral - ich kenne dich nicht, sehe dich zum ersten und letzten Mal. Du wirst einen furchtbaren Tod haben. Nicht von meiner Hand, leider, aber er wird furchtbar sein. Und du, Bluthund vom Geheimdienst. Zwei von deiner Sorte habe ich selbst erledigt. Ich würde auch dich töten und würde dich kriegen, wenn nicht diese Dreckskerle hinter mir stünden.« Sie holte tief Luft. »Und du, Schwarzvisage, Kanonenfutter, fällst uns auch noch in die Hände. Doch du stirbst einfach. Gel hat daneben geschossen, aber ich kenne Leute, die treffen. Ihr alle hier werdet verrecken, lange bevor wir eure verfluchten Türme plattmachen. Und das ist gut so. Ich bete zu Gott, dass ihr eure Türme nicht überlebt, denn dann kämt ihr ja zur Vernunft und würdet denen, die nach uns kommen, leidtun, womöglich ließen sie euch laufen.«
Sie unterbrachen sie nicht, hörten aufmerksam zu. Sie schienen bereit, ihr stundenlang zuzuhören, doch da stand sie auf und machte einen Schritt zum Tisch hin. Pandi packte sie an der Schulter und schleuderte sie auf den Schemel zurück. Dann spuckte sie so kräftig aus, wie sie konnte, verfehlte aber die Offiziere, fiel in sich zusammen und brach in Tränen aus. Einige Zeit beobachteten die Männer, wie sie weinte. Dann erhob sich der Brigadegeneral und verurteilte sie zum Tod binnen achtundvierzig Stunden. Pandi griff sie am Ellenbogen und stieß sie hinaus, und der Zivilist rieb sich die Hände und grinste: »Das war ein Fang! Ausgezeichnete V-Leute.« Und der Brigadegeneral erwiderte: »Bedank dich beim Rittmeister.« Und Tschatschu krächzte nur: »Singvögel«, und alle verstummten.
Dann ließ der Adjutant Memo Gramenu bringen. Mit ihm wurde nicht lange gefackelt: Er war derjenige gewesen, der im
Flur geschossen hatte. Bewaffneter Widerstand bei der Festnahme - da war alles klar; man stellte ihm nicht einmal Fragen. Massig und krumm hockte er da, und während der Brigadegeneral das Todesurteil verlas, blickte er gleichgültig zur Decke. Er streichelte mit der linken Hand seine rechte, deren ausgerenkte Finger mit einem Lappen umwickelt waren. Maxim glaubte ihm eine widernatürliche Ruhe anzumerken, nüchterne Selbstsicherheit und Gleichgültigkeit dem gegenüber, was hier geschah, aber er war sich nicht ganz sicher.
Sie hatten Gramenu noch nicht abgeführt, da verstaute der Adjutant schon erleichtert die Akten in seiner Mappe, unterhielt sich der Brigadegeneral mit dem Zivilisten über die Beförderungsordnung, und Rittmeister Tschatschu kam zu Pandi und Maxim und befahl ihnen wegzutreten. In seinen farblosen Augen konnte Maxim eindeutig Spott und Drohung erkennen, aber das war ihm im Moment egal. Voller Mitgefühl und ihn selbst befremdender Neugier dachte er an denjenigen, dem es bevorstand, die Frau zu töten. Denn das war etwas ganz Ungeheuerliches, Furchtbares. Doch irgendwen würde es
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