Gesammelte Werke
läßt, darin prägt sich methodisch jene Trennung aus. Hatte er in der »Phänomenologischen Fundamentalbetrachtung« und in den Erörterungen »Zur Methodik und Problematik der reinen Phänomenologie« das Verhältnis von »Vernunft« und »Wirklichkeit« als fundamentale Disjunktion herauszuarbeiten gesucht, so stellt er jetzt die Frage: Welches Recht haben wir, jene »Wirklichkeit« anzusetzen? Der Zirkel, in den er gerät, indem er die Beantwortung dieser Frage
von
der Vernunft erwartet, bestätigt ungewollt, aber zwingend die Ausführungen, mit denen wir das Problem von »Vernunft« und »Wirklichkeit« als Scheinproblem zu enthüllen trachteten. Doch kommt es uns zunächst nicht auf diesen Zirkel an. Vielmehr soll untersucht werden, wie nun im Lichte von Husserls »Phänomenologie der Vernunft« und der ihr zugehörigen Kapitel der »Ideen« die Transzendenz des Dinglichen sich darstellt.
»Das phänomenologische Problem der Beziehung des Bewußtseins auf eine Gegenständlichkeit«
185 also will Husserl lösen, das Problem jenes »wunderbaren Bewußthabens von Transzendentem«, das nach unserer Auffassung nichts Wunderbares in sich hat, auf dessen Lösung wir stets hindeuteten, bzw. das wir als Scheinproblem charakterisierten. Die Frage, »wie der Bewußtseins-›Sinn‹ an den ›Gegenstand‹, der der seine ist, und der in mannigfachen Akten sehr verschiedenen noematischen Gehalts 186 ›derselbe‹ sein kann, herankomme« 187 , führt Husserl »schließlich auf die Frage, was die ›Prätention‹ des Bewußtseins, sich wirklich auf ein Gegenständliches zu ›beziehen‹, ›triftiges‹ zu sein, eigentlich besage, wie sich ›gültige‹ und ›ungültige‹ gegenständliche Beziehung phänomenologisch nach Noesis und Noema aufkläre; und damit stehen wir vor den großen
Problemen der Vernunft,
deren Klarlegung auf dem transzendentalen Boden, deren Formulierung als
phänomenologische
Probleme« 188 Husserl sich vornimmt.
Unsere Darstellung des Husserlschen Gedankenganges hat sich auf das zu beschränken, was zum Verständnis seiner »vernunfttheoretischen« Lösung des Dingproblems zu wissen unumgänglich notwendig ist.
Die laxe Weite des Begriffes »Noema«, die zu konstatieren wir nicht umhin konnten, nötigt Husserl zu der Frage, was nun eigentlich alles im »Noema« enthalten sei. Dabei stößt ihm das Problem auf, wie man einen noematischen Sachverhalt zu beschreiben habe. Solche Beschreibung entfalte sich in »bestimmter Umgrenzung ..., nämlich in einer solchen, die als
Beschreibung des ›vermeinten Gegenständlichen, so wie es vermeint ist‹, alle ›subjektiven‹ Ausdrücke vermeidet«
189 . Mithin sollen ausgeschlossen sein alle Ausdrücke »wie ›wahrnehmungsmäßig‹, ›erinnerungsmäßig‹, ›klaranschaulich‹, ›denkmäßig‹ ›gegeben‹ – sie gehören zu einer anderen Dimension von Beschreibungen, nicht zu dem Gegenständlichen,
das
bewußt, sondern zu der
Weise, wie es bewußt
ist« 190 . Damit soll »ein ganz
fester Gehalt in jedem Noema
abgegrenzt« sein. »Jedes Bewußtsein hat sein
Was
und jedes vermeint ›sein‹ Gegenständliches; es ist evident, daß wir bei jedem Bewußtsein eine solche noematische Beschreibung desselben, ›genau so, wie es vermeintes ist‹, ... müssen vollziehen können; wir gewinnen durch Explikation und begriffliche Fassung einen geschlossenen Inbegriff von ...
›Prädikaten‹,
und diese in ihrer
modifizierten Bedeutung
bestimmen den ›Inhalt‹ des in Rede stehenden Gegenstandskernes des Noema.« 191
Bei einer solchen Beschreibung nun »scheidet sich
als zentrales noematisches Moment
aus: der
›Gegenstand‹,
das ›Objekt‹, das
›Identische‹,
das ›bestimmbare Subjekt seiner möglichen Prädikate‹ –
das pure X in Abstraktion von allen Prädikaten
– und es scheidet sich ab
von
diesen Prädikaten, oder genauer, von den Prädikatnoemen« 192 .
Dieser »Gegenstand« wird für Husserl zum Ansatz seines »vernunfttheoretischen« Problems. »Wie jedes intentionale Erlebnis ein Noema und darin einen Sinn hat, durch den es sich auf den Gegenstand bezieht, so ist umgekehrt alles, was wir
Gegenstand
nennen, wovon wir reden, was wir als Wirklichkeit vor Augen haben, für möglich oder wahrscheinlich halten, uns noch so unbestimmt denken, eben damit schon Gegenstand des Bewußtseins; und das sagt, daß, was immer Welt und Wirklichkeit überhaupt sein und heißen mag, im Rahmen wirklichen und möglichen Bewußtseins vertreten sein
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