Gesammelte Werke
dem Begriff des immanenten Dinges an sich genügen möchte, ist es unzulänglich wegen der Konfusion mit bloßen Eindrucksbestandteilen. Wenn Husserl etwa von dem Noema einer »Baumwahrnehmung« sagt, es könne nicht »abbrennen«, so denkt er dabei an das
Erlebnis,
während das Ding, unser immanentes Ding, sehr wohl »abbrennen«, d.h. im Sinne einer höheren Gesetzmäßigkeit sich verändern kann. Auch jene Konfusion leitet sich aus der Supposition dinglicher Transzendenz her: denn beschränkte sich die Analyse auf den Zusammenhang des Gegebenen, so müßte, wenn anders die Rede vom »Abbrennen« überhaupt sinnvoll sein soll, eben vom Dingnoema gesagt werden, daß es »abbrennen könne«. Andererseits soll das Noema nicht das naturalistische, sondern das »reduzierte« Ding sein, so wie es in reiner Immanenz sich darbietet. Da es jedoch nicht als durch den Bewußtseinszusammenhang für den Ablauf der Erscheinungen konstituierte Regel verstanden wird, sondern dem Bewußtsein »leibhaft« gegeben sein soll, wird schließlich ganz unverständlich, wo es überhaupt seinen Ort hat: Husserls Dingnoema ist weder immanent noch transzendent, es schwebt gleichsam frei in der Luft. Die Erkenntnis, daß Dinge nicht Erlebnisse sein können, verführt Husserl dazu, das Dingnoema ganz aus dem Bewußtsein zu verbannen, während es doch eben als Regel für die Erscheinungen dem Bewußtsein streng immanent ist. All diese Gründe und zudem die ständige Äquivokation von realen und idealen mittelbaren Gegebenheiten durch das Wort Noema haben uns dazu bewogen, den Begriff des Noema ganz zu eliminieren und Husserls Dingnoema zu ersetzen durch den Begriff des immanenten Dinges an sich. Gemäß unserer Kritik an Husserls Kontrastierung von Sein als Bewußtsein und Sein als Realität konnten wir ohnehin die Kontrastierung von Noesis und Noema als Leitprinzip der Erkenntnistheorie nicht anerkennen und mußten somit auch die Forderung »getrennter Formenlehren der Noesen und Noemata« zurückweisen.
Zugleich wendet sich unsere Kritik unmittelbar gegen Husserls Begriff der phänomenologischen epoxh. Da bei Husserl der Unterschied zwischen reduziertem und unreduziertem Ding nicht nur genetisch, sondern sachlich verstanden wird, insofern auch nach Vollzug der epoxh dem Dingnoema das »Ding schlechthin« gegenübergestellt wird, macht Husserl die epoxh zu einem bloß heuristischen Mittel, die Beziehung von »Bewußtsein« und »Realität« zu klären. Demgegenüber halten wir fest, daß der Rekurs auf die unmittelbaren Vorfindlichkeiten der einzige Rechtsausweis dinglicher Urteile, daß jede Rede von Dingen unstatthaft ist, die sich nicht in Phänomenalem ausweisen kann. Weil unsere Methode des Rekurses auf das unmittelbar Gegebene sich nicht des Urteils über die Wirklichkeit der Dingwelt enthält, sondern der einzig vernünftige Ausweis der Dingwelt ist, haben wir auch den Ausdruck »epoxh« zu meiden.
Damit wird eine besondere »Rechtsprechung der Vernunft« über die »Wirklichkeit« oder »Unwirklichkeit« der als gesetzmäßiger Zusammenhang von Erscheinungen begriffenen Dinge ganz überflüssig. Die Einführung der »Rechtsprechung der Vernunft« bedeutet bei Husserl einen methodischen Zirkel, da sie vom Bewußtsein den Ausweis der angeblichen Transzendenzen verlangt, die Husserl vorher aus dem Bewußtseinszusammenhang auszuschließen sich bemühte. Indessen berichtigt dies zirkelschlüssige Verfahren teilweise wenigstens den Grundfehler, die Supposition dinglicher Transzendenz. Trotzdem spielt auch in Husserls »vernunfttheoretischem« Lösungsversuche des Dingproblems das transzendente Ding noch seine Rolle. In der Idee eines Bewußtseins, in dem das Ding originär gegeben und adäquat erfaßbar sein soll, kommt es zum Vorschein: denn nur das transzendente Ding kann als vollendet gegeben gedacht werden, während das Ding als Regel der Erscheinungen steter Korrektur unterliegt. Husserls Scheidung des Dinges von der Idee des Dinges setzt in der letzteren wenigstens noch dingliche Transzendenz voraus. Uns aber ist das Ding selbst ideal, jedoch nicht unbestimmt wie Husserls Idee des Dinges, sondern sehr wohl bestimmt als gesetzmäßiger Zusammenhang der Erscheinungen. Als solcher aber untersteht es der Korrektur durch die Erfahrung.
Der Begriff des Unbewußten in der transzendentalen Seelenlehre
Vorwort
Aufklärung
ist die Absicht dieser Arbeit, Aufklärung in doppeltem Sinne, die Aufklärung eines problematischen
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