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Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
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Versuch ansieht, ihre klaren und eindeutigen Ergebnisse mit theoretischer Willkür um ihre Schärfe zu bringen; während also von der empirischen Forschung keine andere Förderung des transzendentalen Beginnens erwartet werden darf als die durch transzendental verwertbare sachliche Resultate, befinden sich die Philosophien, die den Begriff des Unbewußten im Zentrum haben, durchwegs im schärfsten Widerspruch zur transzendentalen Methode und sehen im Begriff des Unbewußten recht eigentlich ein Instrument, die Transzendentalphilosophie zu widerlegen. Die transzendentale Behandlung des Begriffs des Unbewußten findet sich darum zunächst vor der Aufgabe, ihren kritischen Rechtsanspruch auf die Behandlung jenes Begriffes den Philosophien des Unbewußten gegenüber zu erhärten. Es kann dabei freilich nicht mehr ihre Absicht sein, sich selbst als Grundlage der Erkenntnistheorie und damit als Fundament jeder Einzelwissenschaft und als oberste Instanz aller einzelwissenschaftlichen Begriffe zu erweisen. Dieser Nachweis vielmehr scheint mit dem Ausbau der Kantischen Position zureichend geführt und ihn in extenso wiederholen wäre um so weniger fruchtbar, als dieser Nachweis von den Philosophien des Unbewußten niemals anerkannt würde, weil sie vorgeben, in ihren Behauptungen und Beweisführungen unabhängig zu sein von den Voraussetzungen und Beweisführungen, zu denen sich Transzendentalphilosophie notwendig gedrängt sieht. Der Kampf um das Recht der Transzendentalphilosophie auf die Klärung des Begriffs des Unbewußten muß also auf dem Felde der Philosophien des Unbewußten ausgetragen werden. Nur wenn es gelingt zu zeigen, daß die Unabhängigkeit der Philosophien des Unbewußten von der Transzendentalphilosophie in der Tat nicht besteht; daß verhüllter Weise die Philosophien des Unbewußten sehr wohl mit den transzendentalphilosophischen Voraussetzungen operieren, nur ohne sie deutlich zu machen und aus ihnen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen; oder daß Philosophien des Unbewußten, die wirklich auf die transzendentalphilosophischen Voraussetzungen verzichten, sich damit in Widersprüche verwickeln, die einzig die Transzendentalphilosophie zu schlichten vermag; nur dann ist Transzendentalphilosophie gegenüber den Anfechtungen der Philosophien des Unbewußten gesichert und darf sich des Begriffs des Unbewußten legitimer Weise bemächtigen. Die Diskussion des Begriffs des Unbewußten, die sich bei der Auseinandersetzung mit der philosophischen Hypostasis des Begriffs des Unbewußten in den einseitig an ihm orientierten Philosophien ergibt, wird zugleich das Problem des Unbewußten derart schärfen, daß die transzendentale Untersuchung es bereits mit klar formulierten und präzis umgrenzten Aufgaben zu tun hat, deren Lösung sie ohne weitere Umschweife vornehmen kann.
    Um das Verhältnis von Transzendentalphilosophie und Philosophien des Unbewußten einzusehen, benötigen wir zunächst die nähere Kenntnis dessen, was mit jenen Begriffen gemeint ist. Transzendentalphilosophie heißt uns im Anschluß an den allgemeinsten Kantischen Sprachgebrauch eine Philosophie, die die Untersuchung der Möglichkeit synthetischer Urteile a priori zum Gegenstand hat; näher dann eine Philosophie, die zur Erkenntnis jener Möglichkeiten gelangt durch eine Analyse des Bewußtseinszusammenhangs, aus der sich ihr die letzten und unableitbaren Bedingungen einer jeden Erfahrung – die »transzendentalen Faktoren« – ergeben. Den Rechtsausweis für die Bestimmung jener konstitutiven Bedingungen bietet allemal und ausschließlich der Rekurs auf das Erlebnismaterial, das »unmittelbar Gegebene«. Die Grundbestimmungen der Transzendentalphilosophie, die hier aufgeführt werden, schließen sich streng an die erkenntnistheoretischen Untersuchungen von Hans Cornelius an, dessen Begründung der »Transcendentalen Systematik« für alles Folgende vorausgesetzt wird und mit dessen Forschungen untere Betrachtungen sich auch dort in Übereinstimmung meinen, wo sie sich nicht ausdrücklich auf jene berufen.
    Indem Transzendentalphilosophie, in dem umgrenzten Sinn, als sicheres Wissen nur ein solches ansieht, dessen Herkunft aus unmittelbar Gegebenem zweifelsfrei gesichert ist und jede dogmatische Voraussetzung ausschließt, wird ihr Bewußtsein zum Fundament aller Erkenntnis. Denn alles transzendent vorausgesetzte Sein wird ja, um seine Legitimierung zu finden, an das Bewußtsein zurückverwiesen, und die Hauptbegriffe des natürlichen

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