Gesammelte Werke
reichen Mädchens aus vornehmem Hause gespielt, das zur Beobachtung seines zukünftigen Gatten als Bürofräulein in dessen Unternehmen wirkte. Nun wurde sie in das Zimmer des Direktors gerufen. Der Direktor bat sie doch Platz zu nehmen und sagte: »Liebes Kind, warum sind Sie nicht lustiger? In einem Schwank im Sommer muß man vor allem fröhlich sein. Haben Sie Kummer? Warum lachen Sie nicht lauter? Warum bewegen Sie sich nicht mehr? Das ist eine entzückende Rolle. Und dann, warum sprechen Sie nicht lebendiger? Das Beste geht verloren. Wenn man jung ist und so schön wie Sie, kann es einem nicht schwer fallen. Morgen wird es sicher gut werden.«
Begegnung
In lebhaftem Gespräch kamen vier junge Mädchen in die Trambahn und setzten sich einander je zwei und zwei gegenüber, die Mappen auf dem Schoß. Ohne Pause fuhren sie zu sprechen fort. Da zeigte die eine nach der Straße und unterbrach sich: Meine Mutter. Alle drehten die Köpfe zum Fenster und sahen hinaus. Ein grauer offener Wagen überholte die Trambahn. Mehrere Personen befanden sich darin mit Decken; etwa drei Herren und eine Dame. Der Gruß des Mädchens erreichte die Mutter nicht. Aber sie wußte, daß sicherlich Trambahn und Auto sich nochmals begegnen würden, an der nächsten Haltestelle. Tatsächlich wartete dort das Auto, bis die Fahrgäste aus- und eingestiegen waren. Jetzt konnte das Winken des Mädchens nicht übersehen werden. Freundlich nickte die Mutter ihr zu.
Aussprache
Die Freunde waren übereingekommen, eine Aussprache mit Frau Hegemann herbeizuführen. Als sie die Wohnung betraten, dämmerte es schon ein wenig. Sie fanden Frau Hegemann im Musikzimmer; sie ruhte, auf dem Diwan. Scheinbar aufgeschreckt aus ihrem Traum, erhob sie sich, sie trug ein lichtblaues Kleidchen. Der ältere Freund sammelte sich und begann: »Wir sind gekommen, um etwas sehr Ernstes zu besprechen.« »So«, erwiderte Frau Hegemann. »Er behauptet, es hätten sich die Dinge zwischen euch doch nicht ganz so verhalten, wie du es darstelltest. Du mußt einsehen, daß von dieser Auseinandersetzung abhängt, ob die Freundschaft fortdauern kann.« »Allerdings«, antwortete sie und reichte die Cigarettendose aus Jade. »Gnädige Frau«, begann der jüngere Freund seine Erklärung, »ich bedauere es außerordentlich, Dinge zur Sprache bringen zu müssen, die sowohl Ihnen als auch mir zweifellos peinlich sind. Darf ich einige Fragen an Sie richten?« Frau Hegemann kauerte auf dem chinesischen Taburett. Nach ihrem undeutlichen Kopfnicken fuhr er fort. »Ich mußte annehmen, daß Sie von meinem Freunde innerlich bereits getrennt seien. An jenem Abend, als wir Sie zum Diner bei Professor Georgi begleiteten, flüsterten Sie mir im Auto etwas zu, was ich allerdings nicht genau verstand. – Weiter erinnere ich mich an eine Unterhaltung, wenige Tage später, hier oben bei Ihnen. Sie setzten mir auseinander, daß ein Mann eigentlich schon in dem Augenblick für Sie erledigt sei, in dem Sie sich ihm hingegeben hätten. Die Anspielung auf meinen Freund war nicht zu überhören. – Auf den Brief an Gladys möchte ich gar nicht eingehen. Aber denken Sie an den Nachmittag, an dem Sie mir eine Reihe neuer Tanzplatten vorspielten. Sie glaubten nicht an Treue. Sie erzählten mir plötzlich, Sie hätten ein Verhältnis mit Herrn Dr. Tsian.« »Das ist gelogen«, unterbrach Frau Hegemann, sprang auf, beugte sich über den Rauchtisch, ihr Gesicht war nicht wiederzuerkennen. »Und was Sie alles über Ihren Freund gesagt haben.« »Was ich über ihn gesagt habe, war lediglich durch Ihre Bemerkung hervorgerufen, gnädige Frau. Oder wollen Sie etwa bestreiten, daß Sie mir stets wieder durch unverhüllte Äußerungen zeigten, eigentlich sei er Ihnen lächerlich? Sogar als ihm beim Umzug ein Marmoraschenbecher auf den Kopf gefallen war, fanden Sie nur Anlaß zum Lachen. Sie beschrieben mir am Telefon die Wunde. Leugnen Sie all das?« Frau Hegemann war unfähig zu lügen. »Nein«, sagte sie. Ihr Gesicht hatte seine Ruhe wiedergewonnen. Sie lehnte am Fenster und blickte auf die Allee, deren Bäume die letzten Lichtspuren bewahrten. »Das genügt mir«, sprach sich erhebend der ältere Freund. Die beiden Herren küßten ihr nacheinander die Hand und gingen gemeinsam.
Cembalo
Schon zu Beginn des Chor-Konzertes brannte das Licht unregelmäßig. Als der heiße Saal einmal sich verdüsterte, ging ein erstaunter Laut durch die Zuhörer, um plötzlich abzubrechen. Es war
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