Gesammelte Werke
sei.
Die nähere Untersuchung ergibt, daß die vielberufenen Nebenerwerbsbetriebe überhaupt nicht einen in sich homogenen ökonomischen oder soziologischen Typus darstellen. Es werden vielmehr – wie aus der Arbeit von Teiwes hervorgeht – unter dem Namen Gebilde zusammengefaßt, die nichts miteinander gemein haben als eben, daß sie dem landwirtschaftlichen Nebenerwerb dienen, die aber selber ganz verschiedenen Wesens sind. Durch Resultate solcher Art führt die Arbeit über den ideologischen Stand der Diskussion hinaus und korrigiert vorgefaßte Meinungen durch genaue und konkrete Befunde. Insbesondere aber behandelt sie die bisher wissenschaftlich ganz vernachlässigte Frage, wie der Nebenerwerbslandwirt und seine Familie selbst über diese Lebensform denken, wie sie die eigene Existenz erfahren. Gerade daraus sind wichtige Aufschlüsse über die Bedeutung der Nebenerwerbsbetriebe für die gegenwärtige Gestalt des Verhältnisses von Stadt und Land zu gewinnen.
Teiwes sieht, unter Beachtung der großen Mannigfaltigkeit von Typen der Nebenerwerbswirtschaften, das ganze Problem als einen Prototyp jenes Verhältnisses. Der Nebenerwerbsbetrieb selbst wird als dynamisches, keineswegs fixiertes Phänomen analysiert. Im Licht solcher Dynamik wird versucht, verschiedene Typen der Nebenerwerbslandwirte und ihrer Familien herauszuarbeiten. Daran schließt sich die Frage nach dem Bewußtseinsstand der Nebenerwerbslandwirte an. Die hier gewonnenen Resultate erlauben Folgerungen, welche die Vergänglichkeit oder Beständigkeit der Nebenerwerbswirtschaften und damit der heute so auffälligen ländlichen und städtischen Übergangsformen betreffen.
Die Monographie von Teiwes, das Erstlingswerk eines jungen Agrarökonomen, der im Zusammenhang der Darmstädter Untersuchung auf unabweisbare soziologische Aspekte stieß, hält sich bewußt und streng in den Grenzen des ausgewählten Gegenstandes und des verfügbaren Erhebungsmaterials. Zu dessen Deutung bringt der Autor, neben seiner methodischen Schulung, lebendige agrarische Erfahrung mit. Die eingehende Beschreibung einer Reihe von Einzelfällen gehört sicherlich zum Wertvollsten der Monographie. Selbstverständlich traut sie sich nicht zu, etwas wie eine allgemeine Soziologie des Nebenerwerbsbetriebes zu bieten oder gar zu grundsätzlichen Aussagen über das Verhältnis von Stadt und Land fortzuschreiten. Die Absicht ist vielmehr, eine Art Modell für strikt empirische Behandlung des ganzen Komplexes aufzustellen. Weitere Untersuchungen müßten sich anschließen, die dann schließlich in einer wirklich dem Stand der Realität und der Wissenschaft entsprechenden, theoretisch zureichenden Soziologie von Stadt und Land terminieren mögen. In diesem Sinne darf die Untersuchung von Teiwes – so wie alle anderen Monographien der Darmstädter Gemeindestudie – als fruchtbare Pionierarbeit gelten.
Februar 1952
Gerhard Baumert, Jugend der Nachkriegszeit. Lebensverhältnisse und Reaktionsweisen. Darmstadt 1952. (Gemeindestudie. Monographie 4.)
Irma Kuhr, Schule und Jugend in einer ausgebombten Stadt; Giselheid Koepnick, Mädchen einer Oberprima. Eine Gruppenstudie. Darmstadt 1952. (Gemeindestudie. Monographien 6 und 7.)
Die Arbeiten »Schule und Jugend in einer ausgebombten Stadt«, »Mädchen einer Oberprima« und »Jugend der Nachkriegszeit« stellen, ähnlich wie die drei agrarsoziologischen Studien, innerhalb der Schriftenreihe des Darmstädter Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung eine Einheit dar, in die auch der Plan einer Sondermonographie über Familientypen fällt. Sie alle gelten der Jugend. So, wie sie thematisch unmittelbar zueinander gehören, sind auch die Methoden eng verwandt. Der geschlossene und umfangreiche Komplex der Jugenduntersuchung bietet günstigen Anlaß, einiges Grundsätzliche über das gesamte Forschungsprojekt zu sagen. Eigens ist daran zu erinnern, daß dies Grundsätzliche auf jede der Darmstädter Monographien anzuwenden ist und keineswegs nur auf die beiden Bände, deren Einführungen ausdrücklich mit der Gemeindestudie als Totalität sich beschäftigen.
Die ursprüngliche Konzeption von Professor Nels Anderson sah Forschungen vor, welche die soziologische Totale einer schwer bombengeschädigten, im übrigen typischen deutschen mittleren Stadt entwerfen sollten. Vorbild waren zunächst die beiden Bücher der Lynds, »Middletown« und »Middletown in Transition«, dann aber auch spätere amerikanische
Weitere Kostenlose Bücher