Gesammelte Werke
Ding oder, wie zu erweisen sein wird, als empirisches Ich bzw. als psychisches Ding – bekannt ist: so ist mit dem »inneren Gegenstande«, der »lediglich in Zeitverhältnissen vorgestellt wird«, genau das Substrat der Psychologie benannt, die soweit transzendentale Psychologie ist, wie sie auf Grund der Kenntnis der erfahrungskonstitutiven Faktoren des Bewußtseins allgemeine Gesetze formuliert. Die Unterscheidung eines transzendentalen und eines empirischen Gegenstandes besteht hierbei in der Vernunftkritik nur insoweit zu Recht, als damit die Grenze der Deduzierbarkeit allgemein gültiger Gesetze aus den transzendentalen Bedingungen bezeichnet werden soll, die durch empirische Gesetze ergänzt werden mögen; keineswegs insoweit sie die empirischen Gegenstände der Psychologie sowohl wie der Raumwelt von »Dingen an sich« trennen will. Diese Gegenstände vielmehr sind Dinge »an sich«, d.h. unabhängig von meiner Wahrnehmung, insoweit sie transzendental bestimmt sind und objektive Gültigkeit haben. Als Gegenstände sind sie immer empirisch, da die transzendentalen Faktoren allein auf Erfahrung ihre Anwendung finden. Im Rahmen dieser Empirie, die prinzipiell unüberschreitbar ist, ist die Idealität des Bewußtseins, d.h. seine Unabhängigkeit von einer transzendenten Räumlichkeit ebensowohl wie von den einzelnen, ebenfalls ja immanent konstituierten Raumdingen, die ihren Rechtsausweis selber bloß in Bewußtsein finden, gesichert. Die gesamte Betrachtung der innerzeitlichen Realität, die Kant zur Abgrenzung von der Raumwirklichkeit vollzieht (vgl. K. d. r. V., 748ff.), ist bereits transzendentale Psychologie. Die Definition von transzendentaler Psychologie hätte etwa zu lauten: transzendentale Psychologie ist der Inbegriff aller synthetischen Sätze a priori über den Zusammenhang unserer Erlebnisse und diejenigen Gesetzmäßigkeiten jenes Zusammenhanges, die nicht Bestimmungen räumlicher Objektivität sind. Die allgemeinsten Gesetze der Erkenntnistheorie gehören demnach der transzendentalen Psychologie zu; wir tragen keine Bedenken, sie dort einzuordnen, weil der Begriff der transzendentalen Psychologie, den wir meinen, ja nicht etwa den Kausalsatz voraussetzt, sondern allein den Zusammenhang des Gegebenen, und weil seine sämtlichen Aussagen durch Rekurs auf das unmittelbar Gegebene sich müssen begründen lassen. Zu den Aufgaben einer transzendentalen Psychologie rechnet es allerdings, einen kritisch geklärten Begriff der psychischen Kausalität zu gewinnen. Daß diese Kausalität nicht als eine naturalistisch wirkende angenommen werden darf, versteht sich nach allem Vorangegangenen von selbst. Da das Material der transzendentalen Psychologie
alle
unsere Erlebnisse sind, so hat es die transzendentale Psychologie, wenn schon nicht mit den räumlichen Dingen, so doch mit den Eindruckserlebnissen zu tun, die ja nicht allein den dinglichen Zusammenhängen angehören, die wir die objektiv räumlichen nennen und die ihrerseits auf den Zusammenhang jener Erlebnisse zurückführbar sind, sondern auch den
psychischen
Dingen. Diese Tatsache wird uns noch eingehend zu beschäftigen haben; hier wird auf sie verwiesen lediglich mit Rücksicht auf das Kantische Idealitätsproblem. Denn indem wir die
unmittelbare
räumliche Anordnung unserer Erlebnisse als eine Tatsache des Bewußtseins, eine psychische Tatsache verstehen, können wir in der Scheidung von materieller und immaterieller Welt nicht einen »kardinalen Unterschied der Seinsweisen« (Husserl), nicht einen ontologischen Unterschied, sondern lediglich einen Unterschied der Begriffsbildungen erblicken, jedenfalls insoweit Raumdinglichkeit und Seelendinglichkeit in Frage steht: beide sind gleichermaßen begründet im Rekurs auf das unmittelbar Gegebene. Der Unterschied des unmittelbar Gegebenen selber von jeder objektiven materiellen Realität ist uns »vor aller weiteren Überlegung unmittelbar bekannt« 12 , und zu seiner Sicherstellung bedarf es keiner wie immer gearteten ontologischen Setzung. – Die Sicherstellung der Idealität des empirischen Seelenbegriffs ist Kant darum nicht gelungen, weil er wie beim dritten Paralogismus nur die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, nicht die objektiv gültige Konstitution ihres Zusammenhanges beachtet.
Zu den Argumentationen der
zweiten
Ausgabe der Vernunftkritik ist nachzutragen: der hier neu eingeführte Gedankengang: daß es mir nicht erlaubt sei, aus dem Ich denke als Subjekt der Erkenntnis zugleich ihr
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