Gesammelte Werke
Bestimmungen sinnlos wären; wir erkennen die apriorischen Bedingungen, indem wir die Elemente aussondern, ohne die ein Bewußtseinszusammenhang nicht gedacht werden kann, übersehen dabei jedoch nie die notwendige Bezogenheit der Transzendentalbedingungen auf das tatsächliche persönliche Bewußtsein. Wir erinnern hier nochmals an unsere Ausführungen gegen den Begriff eines »Bewußtseins überhaupt«.
Sodann: unsere Methode ist transzendental, nicht ontologisch; wir haben es mit den konstitutiven Elementen des Bewußtseins, nicht mit bewußtseinsunabhängigen Seinsweisen und deren spekulativer Bestimmung zu tun. Nach der durchgeführten Analyse des Intuitionsbegriffs können wir eine auf transzendente Realitäten oder Denkeinheiten unmittelbar gerichtete, in ihrer Begründung von der Merkmalanalyse unabhängige Methode der »Schau« nicht akzeptieren und ebensowenig, daß uns durch solche »Schau« bestimmte »Wesenheiten« des Bewußtseins, wie etwa bei Geiger das Unbewußte, gegeben werden sollen.
Endlich: unser Verfahren ist, da es von der transzendentalen Einheit der Apperzeption ausgeht und die Empirie unter den Bedingungen dieser Apperzeption faßt; zugleich umgekehrt jene Bedingungen durch eine Analyse der Erfahrung dartut, prinzipiell
systematisch
und
abstrakt,
nicht auf »konkrete« Einzelbestimmungen gerichtet, denen auf Grund ihrer angeblich bewußtseinsunabhängigen Konstitution von der »materialen« Phänomenologie Apriorität zugeschrieben wird. Konkretes gilt uns in der Absicht der hier unternommenen Systematik lediglich als Material der abstrakten Bestimmungen, zu denen wir fortschreiten; jede metaphysische Dignität der materialen Einzeleinsicht weisen wir zurück und fordern ihren Rechtsausweis im transzendentalen System. Wir beanspruchen nicht etwa, ein solches System der transzendentalen Seelenlehre auszuführen oder nur den Umriß seiner Architektonik zu bieten. Es ist bloß behauptet, daß die Elemente, die wir beibringen, auf Grund transzendentaler Systematik sich konstituieren und gültig sind.
Damit entfällt jede Einzelpolemik gegen die Phänomenologie. Wir glauben uns vor Mißverständnissen gesichert und haben zugleich nochmals unseren erkenntniskritischen Ausgang deutlich bezeichnet.
2. Elemente der transzendentalen Seelenlehre
Unser Eingangsproblem ist: zu zeigen, daß ihrem immanenten Charakter nach, also unabhängig vom raumdinglichen Zusammenhang, unsere Erlebnisse Begriffsbildungen unterstehen, die auf Grund der transzendentalen Faktoren konstituiert und also objektiv gültig sind; weiter haben wir den Mechanismus jener Zusammenhänge zu untersuchen, sodann die solchermaßen konstituierte »Objektswelt der Bewußtseinsimmanenz« einer Betrachtung zu unterziehen, endlich die gesetzmäßigen Zusammenhänge zu untersuchen, die zwischen diesen Objekten untereinander, im Sinne der »dynamischen Grundsätze«, bestehen, zugleich ihr Verhältnis zu den raumdinglichen Zusammenhängen zu prüfen und dabei die Problematik der Kausalität so weit aufzurollen, wie sie für den Ansatz und die Erhellung des Unbewußten von gründender Bedeutung ist. Unsere Untersuchung ist eine transzendentale, insoweit sie zu diesen Befunden lediglich auf Grund der Anwendung der transzendentalen Faktoren auf die Möglichkeit des empirischen Gegebenseins schlechthin kommt (vgl. den »Obersten Grundsatz aller synthetischen Urteile« der Vernunftkritik). Soweit wir diese Bedingungen auf mögliche Erfahrung anwenden, gelangen wir zu synthetischen Urteilen a priori. Es ist dabei wohl zu beachten, daß die Apriorität jener Urteile von der Kantischen insofern verschieden ist, als bei Kant die Erfahrung selbst als Begründung der Rechtsgültigkeit apriorischer Urteile in Fortfall kommt, weil nach Kant eben Erfahrung keine allgemeingültigen Urteile liefern kann, während unsere synthetischen Urteile a priori, soweit sie Existentialurteile sind, stets in Erfahrung gegründet sind und wir weiter zu objektiv gültigen Aussagen gelangen können, wenn wir die empirisch gewonnenen Merkmale eines Gegenstandes zu seiner Definition zusammenfassen, die dann für alle Gegenstände gilt, die die unter der Definition namentlich befaßten Merkmale enthalten. Damit erfährt der Begriff der rationalen Seelenlehre, wenn er als Inbegriff der synthetischen Urteile a priori und der Ordnung dieser Urteile verstanden wird, gegenüber Kant eine zweite Korrektur bzw. Erweiterung. Zu ihr rechnen nicht allein die
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