Gesammelte Werke
Raumwelt und gehören als solche dem Bewußtsein nicht an, sondern sind in dem exakt festgestellten Sinn von Bewußtsein, nämlich dem einzelnen gegenwärtigen Bewußtseinserlebnis, unabhängig. Ihre Objektivation freilich finden sie doch allein auf Grund der Bewußtseinsgesetzmäßigkeiten. Soweit Veränderungen der räumlichen Lokalisation von Erlebnissen lediglich phänomenale Tatsachen sind, ohne daß sie auf Grund der transzendentalen Bedingungen des Erlebniszusammenhanges dem objektiven Raum angehörten, sondern der transzendentalen Gesetzmäßigkeit des objektiven Raumes widersprechen, ohne daß der Widerspruch in einer höheren Gesetzlichkeit der materiellen Welt aufzuheben wäre, redet die Wissenschaft mit Recht von
Halluzinationen,
die darum keineswegs
psychologisch
zufällig oder unverständlich zu sein brauchen. Zusammengefaßt: Einzelerlebnisse, die unter den als »psychisch« qualifizierten dinglichen Zusammenhängen befaßt werden, mögen räumlich lokalisierbar sein, d.h. es mögen mit ihnen (phänomenale) Raumbestimmungen unmittelbar gegeben sein (subjektive Räumlichkeit). Allein der Zusammenhang dieser Erlebnisse, soweit er als psychischer zu verstehen ist, ist niemals räumlich lokalisierbar, d.h. gehört niemals wie die Raumdinge unabhängig von der gegenwärtigen Einzelwahrnehmung dem objektiven Raum an. Die Definition des Psychischen gegen das Physische ist somit negativ durchführbar durch den vom naturalistischen Standpunkt aus tautologischen Satz, daß psychisch alle solche gesetzmäßigen Zusammenhänge sind, die dem objektiven Raum nicht angehören; ein Satz, dessen scheinbar tautologische Selbstverständlichkeit als weiterführende Erkenntnis evident wird durch den Zusatz, daß umgekehrt alles Physische seinen Grund in psychischem Sein hat. Insoweit der Unterschied ein solcher des
Materials,
der unmittelbaren Gegebenheit ist – denn
nur
die optischen und haptischen Impressionen werden ja auf Raumdinge bezogen – ist der Unterschied zwar ein Unterschied der Begriffsbildungen, keineswegs aber von der Art, daß für die Raumwelt andere transzendentale Bedingungen der Verknüpfung einträten als für die psychische. Es besteht also keinerlei Anlaß, der »Verdinglichung« der psychologischen Begriffe zu opponieren mit dem Hinweis auf die räumliche Bezogenheit der Dingbegriffe, die als solche ebensowohl für das Psychische gelten, wofern man nur dessen Art der Dinglichkeit von der der materiellen Dinge in genügender Schärfe trennt.
Damit ist die definitive Abgrenzung des Psychischen vom Physischen durchgeführt und damit auch die Unabhängigkeit des psychischen Seins vom physischen insoweit sichergestellt, als die Begriffsbildungen der räumlichen Objektivität allesamt in psychischem Sein, nämlich im Zusammenhang des Gegebenen, ihren Grund haben. Diese Unabhängigkeit ist allerdings, wie sich ebenfalls auf Grund unserer letzten Analyse ergibt, nicht so zu verstehen, als ob im einzelnen jedes psychische Phänomen von jedem objektiven Raumding unabhängig wäre. Die räumlichen Dinge sind uns ja allein durch unsere Empfindungen gegeben oder vielmehr aus jenen gebildet und darum selbst bewußtseinsmäßig konstituiert; unsere Unterscheidung des räumlichen und psychischen Seins läuft ja nicht darauf hinaus, beide »Welten« als von einander unabhängig zu erklären, sondern sie als verschiedene Weisen der Begriffsbildung herauszustellen, die Begründung des Physischen in Psychischem darzutun und den Schein einer jeglichen räumlichen Transzendenz zu tilgen. Hat man sich von jenem Schein freigemacht, so ist die Annahme irgendwelcher gesetzmäßiger Zusammenhänge zwischen »Leib« und »Seele« keineswegs mehr materialistisch, sie müßte keineswegs die Identität von Empfindungen mit physischen Veränderungen fälschlich behaupten. Das unmittelbar Gegebene bleibt ihr das unmittelbar Gegebene, ein Psychisches mithin, und der Erkenntnisgrund aller Urteile in letzter Instanz; also auch der über Raumdinge. Da aber die Raumdinge ihrerseits wieder nichts als gesetzliche Zusammenhänge der Empfindungen, keineswegs also gegenüber der Welt des Bewußtseins transzendent, nur eben keine Welt »im Kopfe« sind: so ist keinerlei Grund dafür vorhanden, warum
diese
gesetzmäßigen Zusammenhänge nicht mit den nicht durch den Mechanismus unserer Begriffsbildung als objektiv räumlich bestimmten gesetzmäßigen Zusammenhängen – den »Seelendingen« – ihrerseits wieder verknüpft sein sollten. Den
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