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Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
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wir als den Zusammenhang unseres Bewußtseins bezeichnen« 15 . Diese Disjunktion gibt den klaren Erkenntnisgrund zur Unterscheidung des räumlichen Seins vom psychischen. Den
dinglichen
Zusammenhängen nämlich, die der Begriff des empirischen Ich unter sich befaßt – er selbst ist ein Dingbegriff –, kommt keinerlei räumliche Bestimmung zu. Wohl mögen Einzelerlebnisse, die unter jenen Dingbegriff befaßt werden, räumlich lokalisierbar sein als sinnliche Data
von
Raumdingen, deren Erscheinungen sie sind, d.h. deren Gesetzlichkeit sie eingeordnet werden. Soweit sinnliche Data, die ja als solche Tatbestände des Bewußtseins und darum den allgemeinen Gesetzlichkeiten des Bewußtseins unterworfen sind, sich als Erscheinungen von Raumdingen darstellen, ist damit nichts gegen ihre Zugehörigkeit zum Bewußtseinszusammenhang ausgemacht, sondern allein, daß sie einer Art der Begriffsbildung unterworfen sind, der andere unmittelbare Gegebenheiten nicht angehören. Sie gehören nämlich als Erscheinungen zu solchen Dingen, die wir dem
objektiven Raum
zurechnen; der objektive Raum ist uns aber, im Gegensatz zum phänomenalen Feld, nicht unmittelbar, sondern stets nur mittelbar gegeben, da wir die dritte Dimension erst auf Grund anderer, von der Größe und Bewegung des Gegenstandes abhängiger Relationen gewinnen. Dem objektiven Raum gehören alle materiellen Dinge an. Seine Konstitution umfaßt allein die optischen und haptischen Eindrücke, deren allgemeinstes gegenständliches Korrelat er ist. Er ist aber auf sie beschränkt und damit eben eine partielle Weise der dinglichen Begriffsbildung, durch die die betreffenden Data keineswegs vollkommen umschlossen sind, da sie ja außer ihrer Lokalisation im phänomenalen Feld und ihren Größen- und Bewegungsrelationen noch anderen Zusammenhängen angehören. Allgemein kann ja ein Erlebnis sehr wohl verschiedenen Erlebniszusammenhängen unterstehen, Phänomen verschiedener Dinge sein. Die Unräumlichkeit und Immaterialität der Seelendinge folgt nicht sowohl aus der Unräumlichkeit der Partialerlebnisse wie aus dem
Erwartungszusammenhang,
der als Ding objektiviert ist. Die Dinge, mit denen wir es zu tun haben – sie mögen nach genauer kritischer Diskussion des Seelenbegriffs
Seelendinge
heißen – gehören dem objektiven Raum
niemals
an, auch wenn an ihrem Aufbau optische und haptische Data mitbeteiligt sind. Die in ihnen beschlossenen Erwartungszusammenhänge beziehen sich niemals auf die Verhältnisse von Raumdingen zueinander, sondern von Erlebnissen zueinander. Soweit dann des weiteren zwischen diesen Seelendingen gesetzmäßige Beziehungen statthaben, sind sie psychisch nur insoweit, wie die unter ihnen befaßten Dinge tatsächlich
nicht
dem objektiven Raum angehören, d.h. eben nicht auf Grund der Größen- und Bewegungsrelationen der Phänomene untereinander gebildet sind. Der Unterschied jedes unserer Erlebnisse vom objektiv Räumlichen ist uns als Unterschied unmittelbarer von mittelbarer Gegebenheit
unmittelbar
bekannt. Wohl können in gesetzmäßiger Folge aus irgendwelchen »psychischen« Zusammenhängen Änderungen der objektiven Raumwelt, d.h. Handlungen, die mit Änderungen der objektiven Raumwelt in einem gesetzmäßigen Zusammenhang stehen, sich ergeben. Den Grund dafür bietet die
Einheit
des persönlichen Bewußtseins, das nicht in eine »immanent« und eine »transzendent« gerichtete Schicht zerfällt, sondern »psychische« und »materielle« Tatsachen auf Grund der gleichen transzendentalen Bedingungen konstituiert und alle Erlebnisse als Erlebnisse eben dieses persönlichen Bewußtseins unter sich befaßt; so daß »psychisch-immanente« Tatsachen als »Instinkt-oder Werthandlungen« die vom gleichen Ich transzendental konstituierte Außenwelt sehr wohl betreffen und materielle Dinge verändern können. Der mögliche Zusammenhang zeigt eben die ursprüngliche Einheit des Psychischen und des Räumlichen auf Grund der synthetischen Einheit der Apperzeption an: bestünde sie nicht, zwischen unserer psychischen Existenz und der Existenz der räumlichen Dinge wäre derselbe Abgrund wie zwischen unserem Bewußtseinsleben und einem denkmöglichen Leben nach dem Tode. Aber die in solcher Einheit begründeten Veränderungen der objektiven Raumwelt sind, soweit wir sie als tatsächliche Veränderungen der räumlichen Objektivität zu verstehen haben, niemals Veränderungen unserer »psychischen Zusammenhänge« allein, sondern eben auch der objektiven

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