Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
gesehen?«, fragte Opanassenko. »Ach, er hört ja nichts.«
Novago erhob sich ächzend und schaute zu Mandel hinüber. Der war gerade dabei, den Mantelschoß beiseitezuschieben und seine Pistole zurück ins Koppel zu stecken. Da sagte Novago: »Also wissen Sie, Lazar Grigorjewitsch …«
Mandel hüstelte schuldbewusst.
»Ich habe, wie es scheint, nicht getroffen«, sagte Mandel. »Sie bewegt sich ja so unwahrscheinlich schnell …«
»Ein Glück, dass Sie nicht getroffen haben«, erwiderte Novago aufatmend. »Hier gab es eine Menge Zielscheiben!«
»Und Sie? Sie haben das Vieh doch gewiss gesehen, Pjotr Alexejewitsch?« Mandel rieb sich nervös die Hände in den Fellhandschuhen. »Haben Sie Einzelheiten erkannt?«
»Sie war grau und lang wie ein Hecht.«
»Ja, und sie besitzt keine Extremitäten!«, fügte Mandel aufgekratzt hinzu. »Ich habe das ganz deutlich gesehen! Und dann hat sie meiner Meinung nach auch keine Augen!«
Die Fährtensucher traten auf die Ärzte zu.
»In einem solchen Tohuwabohu«, sagte Opanassenko, »ist es ein Kinderspiel aufzuzählen, was sie alles nicht hat. Bedeutend schwieriger ist es herauszufinden, wie sie nun wirklich aussieht.« Er lachte. »Na, lassen wir das. Hauptsache, wir haben den Angriff zurückgeschlagen.«
»Ich geh das Vieh jetzt suchen«, verkündete Morgan plötzlich. »Ich habe es ja getroffen.«
Opanassenko wandte sich zu ihm um.
»Was hast du gesagt, Fjodor?«, fragte der Kanadier.
»Auf keinen Fall!«, warnte Novago.
»Nein«, sagte auch Opanassenko. Er zog Morgan zu sich heran und schrie ihm ins Ohr: »Nicht jetzt, Humphrey! Wir haben keine Zeit! Wir suchen sie morgen auf dem Rückweg!«
Mandel warf einen Blick auf die Uhr.
»Oje«, sagte er. »Schon zehn Uhr fünfzehn. Wie weit ist es noch, Fjodor Alexandrowitsch?«
»Etwa zehn Kilometer, nicht mehr. Gegen zwölf werden wir dort sein.«
»Wunderbar«, sagte Mandel. »Wo ist meine Tasche?« Er drehte sich um die eigene Achse. »Ach, da liegt sie ja …«
»Marschordnung wie vorhin«, befahl Opanassenko. »Sie gehen links. Möglicherweise war sie nicht allein.«
»Jetzt ist kein Grund mehr zur Besorgnis«, brummte Novago. »Lazar Grigorjewitsch hat ja sein Magazin leergefeuert.«
Sie marschierten in der gewohnten Ordnung los: Novago fünf Schritt hinter Mandel, an der Spitze rechter Hand Opanassenko mit dem Karabiner unterm Arm. Den Schluss, gleichfalls rechts, bildete Morgan, der sein Gewehr um den Hals trug.
Opanassenko schritt eilig los und sagte sich, dass es so nicht weitergehen konnte. Unabhängig davon, ob Morgan das Vieh nun getötet hatte oder nicht, würde er übermorgen zum Stützpunkt gehen und eine Treibjagd organisieren. Sämtliche Crawler und Geländewagen mussten eingesetzt werden, dazu Waffen, Dynamit und Raketen … Ihm fiel ein zusätzliches Argument ein, das er dem unzugänglichen Iwanenko gegenüber ins Feld führen konnte, und musste lächeln. Er würde sagen: »Auf dem Mars sind bereits die ersten Kinder zur Welt gekommen, es wird Zeit, den Planeten von solchem Getier zu säubern.«
Was für eine Nacht!, dachte Novago. Steht jenen Nächten in nichts nach, in denen ich mich in der Taiga verirrte. Das Wichtigste aber hat noch gar nicht begonnen und wird bis mindestens fünf Uhr morgens dauern. Um fünf oder sechs Uhr früh wird das Bürschchen schreien, dass es auf dem ganzen Planeten zu hören ist. Hauptsache, Mandel macht seine Sache gut, aber das wird er bestimmt. Mark Slawin, der zukünftige Papa, kann ganz beruhigt sein. In einigen Monaten werden wir den kleinen Burschen in unseren Armen kreuz und quer durch den Stützpunkt schleppen und ein ums andere Mal fragen: »Na, wie geht’s denn unserem Kleinen? Na, was macht denn unser Dickerchen?« Das mit der Zentrifuge freilich muss noch einmal genau durchdacht werden. Überhaupt wird es Zeit, einen guten Kinderarzt von der Erde kommen zu lassen – das Baby braucht unbedingt einen Kinderarzt. Schade nur, dass die nächsten Raumschiffe erst in einem Jahr zu erwarten sind …
Daran, dass gerade ein Junge zur Welt kommen würde, zweifelte Novago nicht im Geringsten. Er liebte diese kleinen Knirpse, die man auf dem Arm tragen und immerzu fragen konnte: »Ja, wo ist er denn, der süße Fratz?«
Planetenerkunder
Der Satellit war riesig – ein Torus von zwei Kilometern Durchmesser und einer Vielzahl von massiven Zwischenwänden im Inneren, die den Komplex in viele Segmente unterteilten. Die ringförmig angelegten Korridore
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