Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
waren leer und hell; die dreieckigen Luken, die zu den einzelnen, gleichfalls leeren und hellen Räumen führten, standen sperrangelweit offen. Der Satellit war schon seit langer Zeit verlassen, möglicherweise seit mehreren Millionen Jahren, und doch war der raue gelbliche Fußboden blitzsauber. August Bader versicherte, er habe hier kein einziges Stäubchen gefunden.
Bader ging vorneweg, wie es sich für jemanden gehörte, der die ersten Erkundungen durchgeführt hatte und hier gewissermaßen Hausherr war; Gorbowski und Walkenstein blickten von hinten auf seine großen, abstehenden Ohren und den hellen Haarwirbel auf dem Scheitel.
»Ich hatte geglaubt, hier alles in verwahrlostem Zustand vorzufinden«, erzählte Bader bedächtig. Er sprach russisch und artikulierte dabei eifrig jeden einzelnen Buchstaben genau. »Am meisten interessierte uns gerade dieser Satellit. Zehn Jahre ist es jetzt her … Ich sah, dass sämtliche Außenluken geöffnet waren, und dachte, mir würde sich gleich der Anblick einer furchtbaren Katastrophe und Zerstörung bieten. Ich riet sogar meiner Frau, lieber auf dem Schiff zu bleiben, weil ich befürchtete, Leichen hier zu finden. Sie verstehen schon.«
Unvermittelt machte er vor einer der Luken halt, und Gorbowski wäre ihm beinahe in die Fersen getreten. Walkenstein, der etwas mehr Abstand gehalten hatte, holte die beiden ein und blieb mit gerunzelter Stirn neben ihnen stehen.
»Aber alles hier war leer«, fuhr Bader fort. »Hell, sehr sauber und völlig leer. Bitte sehr, schauen Sie sich ruhig ein bisschen um.« Er machte mit der Hand eine einladende Geste. »Ich neige zu der Annahme, dass sich hier die Dispatcherzentrale des Satelliten befand.«
Sie zwängten sich in einen Raum mit kuppelförmiger Decke, in dessen Mitte sich ein niedriges, halbrundes, büfettartiges Gebilde befand. Die Wände waren von kräftigem Gelb und schimmerten leicht von innen. Gorbowski berührte eine davon; sie fühlte sich glatt und kühl an.
»Könnte Bernstein sein«, sagte er. »Fass mal an, Mark.«
Walkenstein fuhr mit der Hand darüber und nickte.
»Es wurde alles demontiert«, erläuterte Bader. »Aber in den Wänden und Zwischenwänden sowie in der Toroidhülle des Satelliten sind Lichtquellen erhalten geblieben, zu denen wir bisher noch keinen Zugang gefunden haben. Ich neige zu der Annahme …«
»Wir wissen Bescheid«, unterbrach ihn Walkenstein schnell.
»Ach so?« Bader sah zu Gorbowski hinüber.
»Was haben Sie denn darüber gelesen?«
»Wir haben uns mit einigen Ihrer Aufsätze befasst, August«, erwiderte Gorbowski. »›Die künstlichen Satelliten der Wladislawa.‹«
Bader neigte den Kopf.
»›Die künstlichen Satelliten nichtirdischen Ursprungs des Planeten Wladislawa aus dem Sternensystem EN 17‹«, berichtigte er. »Tja, in diesem Fall kann ich mir meine Überlegungen zu den Lichtquellen natürlich sparen.«
Walkenstein schritt die Wand ab und betrachtete sie eingehend.
»Eigenartiges Material«, sagte er mehr zu sich selbst. »Wahrscheinlich Metallplast. Allerdings habe ich diese Art Metallplast noch nie vorher gesehen.«
»Es ist auch keins«, erklärte Bader. »Sie dürfen nicht vergessen, wo Sie sich befinden, Mark. Sie auch nicht, Leonid.«
»Das tun wir nicht«, antwortete Gorbowski. »Wir waren auch auf dem Phobos, und dort ist das Material in der Tat ganz anders.«
Gorbowski und Walkenstein hatten damals den Phobos besucht, einen Trabanten des Mars, den man lange Zeit für einen natürlichen Mond gehalten hatte. Doch später erwies er sich als ein Torus von vier Kilometern Durchmesser, der mit einem metallischen Schutznetz gegen Meteoriteneinschlag überzogen war. Das dichte Netz war von Meteoritenkorrosion zerfressen und stellenweise durchschlagen worden. Der Satellit selbst aber war heil geblieben. Seine Außenluken waren geöffnet und die gesamte riesige Station genauso ausgestorben gewesen wie diese hier. Nach dem Abnutzungsgrad des Antimeteoritennetzes hatte man errechnet, dass der Satellit vor mindestens zehn Millionen Jahren auf seine Bahn um den Mars gebracht worden sein musste.
»Ach, der Phobos!« Bader schüttelte den Kopf. »Der Phobos, Leonid, ist eine Sache – die Wladislawa eine ganz andere.«
»Wieso?«, erkundigte sich Walkenstein. Er teilte die Meinung Baders überhaupt nicht.
»Zum Beispiel darum, weil es von der Sonne und vom Phobos bis hierher zur Wladislawa dreihunderttausend astronomische Einheiten sind.«
»Wir haben diese Entfernung
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