Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
Fleisch aus. Dauge hob schnuppernd die Nase. »Ist das die Suppe?«
»Oui, Monsieur«, antwortete Mollard bekümmert. »Faddennuddeln.«
»Und wie ist die Suppe?«, fragte Dauge. »Gu-ud?«
»Gu-ud«, bestätigte Mollard und las die Fadennudeln von seiner Kleidung.
»Ich esse sehr gern Suppe«, erklärte Dauge.
Mollard seufzte und lächelte. »Keine Suppe mehr da. Oh, warr das heiße, serr heiße Suppe. Das warr schon mehr als kochende Wasser!«
»Um Gottes willen!«, sagte Dauge und brach trotzdem in ein Gelächter aus. Auch Mollard musste lachen.
»Ja!«, rief er. »Das warr serr komisch, aber auch serr unangenehm! Ganze Suppe ist futsch.«
Jurkowski fing an zu röcheln. Sein Gesicht verzerrte sich und lief rot an. Beunruhigt beugte sich Dauge über ihn.
»Hat sich Woldemar schlimm gestoßen?« Mollard reckte den Hals und betrachtete Jurkowski mit ängstlicher Neugier.
»Woldemar hat einen elektrischen Schlag abbekommen«, antwortete Dauge. Er lächelte nicht mehr.
»Was ist eigentlisch passiert?«, wollte Mollard wissen. »Es war so unangenehme Schütterung.«
Jurkowski hörte auf zu röcheln, setzte sich auf und kramte mit einem fürchterlichen Zähnefletschen in der Brusttasche seiner Jacke.
»Was hast du, Wolodja?«, fragte Dauge verwirrt.
»Woldemar kann nicht sprechen«, vermutete Mollard leise.
Jurkowski nickte hastig, zog Druckstift und Notizbuch aus der Tasche und begann zu schreiben. Dabei zuckte sein Kopf.
»Keine Angst, Wolodja«, murmelte Dauge. »Das vergeht schnell wieder!«
»Das vergeht«, bestätigte Mollard. »Mit mir warr auch so. Warr ein serr großer Stromschlag, und dann alles vergeht.«
Jurkowski gab Dauge das Notizbuch, legte sich wieder hin und schloss die Augen.
»›Ich kann nicht sprechen‹«, entzifferte Dauge mühsam. »Reg dich nicht auf, Wolodja, das ist nur vorübergehend.« Jurkowski zappelte ungeduldig, und Dauge las weiter. »›Wie geht es Bykow und den Piloten? Was ist mit dem Raumschiff?‹ – Ich weiß es nicht«, sagte Dauge verlegen und warf einen Blick auf das Schott zur Steuerzentrale. »Verdammt, ich habe alles vergessen!«
Jurkowski schüttelte den Kopf und sah ebenfalls zu dem Schott hinüber.
»Ich erkundige«, erklärte Mollard. »Ich werde gleich alles erwissen!«
Als er aufstand, öffnete sich plötzlich das Schott. Hünenhaft, das Haar zerzaust, die Nase seltsam blaurot und die Stirn über der rechten Braue blau verquollen, trat der Kommandant ein. Er maß die Anwesenden mit zornigen Blicken, ging auf sie zu und stemmte die Fäuste auf den Tisch.
»Warum sind die Passagiere nicht in den Druckkammern?«
Das sagte er gar nicht laut, aber so, dass Charles Mollard augenblicklich sein vergnügtes Lächeln verlor. Bedrückendes Schweigen. Dauge lächelte schief und wich Bykows Blick aus. Jurkowski schloss erneut die Augen und dachte: halb so wild. Er kannte Bykow gut.
»Wann wird hier an Bord endlich Disziplin herrschen?«, fragte Bykow.
Die Passagiere schwiegen.
»Kindsköpfe«, stellte Bykow verdrossen fest und setzte sich. »Affenhaus … Was ist denn mit Ihnen los, Monsieur Mollard?«, fragte er müde.
»Das ist die Suppe«, antwortete Mollard bereitwillig. »Ich gehe sofort Anzug waschen.«
»Warten Sie, Monsieur Mollard!«
Jurkowski röchelte. »Wo … wo sind wir?«
»Wir sacken ab«, antwortete Bykow kurz.
Jurkowski zuckte zusammen und richtete sich auf. »Wo … wohin?« Obwohl er damit gerechnet hatte, versetzte ihm diese Nachricht einen Schock.
»Auf den Jupiter.« Bykow würdigte die Planetologen keines Blickes. Er sah Mollard an. Der Franzose tat ihm leid; für ihn war es die erste richtige Fahrt in den Kosmos, und er wurde auf der Amalthea ungeduldig erwartet. Mollard war ein berühmter Funkoptiker.
»Oh«, stieß Mollard aus. »Auf den Jupiter?«,
»So ist es.« Bykow verstummte und befühlte die blutunterlaufene Stelle auf der Stirn. »Der Reflektor ist zerstört. Die Kontrolle des Reflektors ist auch zerstört. In der Bordwand klaffen achtzehn Lecks.«
»Wird es zu einem Brand kommen?«, fragte Dauge hastig.
»Das weiß ich noch nicht. Michail sitzt am Rechner. Vielleicht kommen wir ungeschoren davon.«
Schweigen.
»Ich gehe mich saubermachen«, sagte Mollard.
»Warten Sie, Charles«, bat Bykow. »Genossen, haben Sie richtig verstanden, was ich gesagt habe? Wir stürzen auf den Jupiter.«
»Verstanden.« Dauge nickte.
»Jetzt fallen wir unser Leben lang auf den Jupiter«, sagte Mollard. Bykow maß ihn lange
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