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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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gar nichts hören! Bleibt uns nur eins – abzuwarten, bis sie in Leningrad ein künstliches Gehirn konstruiert haben … Auf jeden Fall aber haben wir jetzt Okadas Gehirn auf eine kristalline Biomasse kodiert. Wir verfügen über die Chiffre seines Hirns, seiner Gedanken, seines gesamten Ichs. Nun muss eine Methode gefunden werden, diese Chiffre auf ein anderes Gehirn zu übertragen, und sei es ein künstliches. Dann wird Okada wiederauferstehen. Sein chiffriertes Ich kann erneut aktiv und zu einem wirklichen Ich werden. Fragt sich nur, wie das vonstattengehen soll. Tja, wie … Wunderbar wäre es, wenn mir jetzt, in diesem Augenblick, die Lösung einfiele und ich den Alten glücklich machen könnte. Ein Vierteljahrhundert sitzt Casparo nun schon an diesem Problem. Einfach zu ihm hinlaufen, pitschnass wie seinerzeit Archimedes, und lauthals verkünden: »Heureka, ich hab’s!« Michajlow stolperte und hätte um ein Haar die Fackel fallen lassen.
    »Was ist los?«, fragte Swanzew. »Sind Sie wieder am Einschlafen?«
    Der Techniker sah ihn von der Seite an. Swanzew schritt breit aus, hatte die Kapuze hochgeschlagen und die Hände unter den Umhang gesteckt. In dem rötlich tanzenden Fackelschein wirkte sein Gesicht lang und verschlossen.
    »Nein«, erwiderte Michajlow. »Ich schlafe nicht. Ich denke nach.«
    In einiger Entfernung vor ihnen tauchte aus dem Dunkel etwas Großes auf. Da sie schnell gingen, hatten sie es bald eingeholt – es handelte sich um einen Lastwagen, der sich langsam über die Chaussee schleppte. Swanzew begriff nicht gleich, dass sich der Lkw mit ausgeschaltetem Motor vorwärtsbewegte. Er wurde von zwei kräftigen Kamelen gezogen, die ebenfalls völlig durchnässt waren.
    »He, Sanjka!«, rief der Techniker.
    Mit einem Klicken sprang das Fahrerhäuschen auf, ein Gesicht mit zwei blitzenden Augen kam zum Vorschein und tauchte gleich wieder ins Dunkel zurück.
    »Womit kann ich dienen?«, fragte jemand aus der Kabine heraus.
    »Gib mir mal ein bisschen Schokolade«, bat Michajlow.
    »Hol sie dir, ich habe keine Lust auszusteigen. Ist mir zu nass.«
    »Mache ich«, erwiderte Michajlow forsch und verschwand mitsamt der Fackel.
    Es wurde augenblicklich finster. Swanzew ging neben dem Wagen her. Er passte sich dem Tempo der Kamele an, die sich kaum von der Stelle bewegten.
    »Schneller können sie wohl nicht?«, brummte er.
    »Sie wollen nicht, die Biester«, antwortete die Stimme aus dem Fahrerhäuschen. »Ich habe alles versucht, aber wenn ich ihnen eins mit dem Stock überziehe, spucken sie bloß.« Der Fahrer verstummte und fügte dann hinzu: »Vier Kilometer pro Stunde, und meinen Umhang haben sie mir auch vollgespuckt.« Er stieß einen tiefen Seufzer aus und brüllte dann plötzlich: »He, ihr verdammten Viecher, geht endlich schneller!«
    Die Tiere begannen unwillig zu schnaufen.
    »Sie sollten etwas mehr zur Seite gehen«, riet der Fahrer. »Obwohl, wie es scheint, haben sie im Augenblick nicht die Absicht zu spucken.«
    Neben Swanzew roch es plötzlich nach Naphthalin – Michajlow hatte sich wieder zu ihm gesellt. Die Fackel in seiner Hand qualmte und knisterte.
    »Kommen Sie«, sagte er. »Jetzt ist es nicht mehr weit.«
    Sie überholten den Lastwagen ohne jede Anstrengung, und schon bald tauchten zu beiden Seiten der Straße dunkle, nicht allzu hohe Bauten auf. Swanzew bohrte den Blick in die Finsternis und entdeckte vor sich ein gigantisches Gebäude – einen schwarzen Koloss am schwarzen Himmel. In den Fenstern schimmerten hier und da gelbe Lichtpunkte.
    »Sehen Sie die Blöcke rechts und links?«, flüsterte Michajlow.
    »Ja. Und?« Swanzew flüsterte gleichfalls.
    »Darin befindet sich die Quasibiomasse. Dort wird es gespeichert.«
    »Was wird gespeichert?«
    »Na, das Gehirn«, erklärte Michajlow nach wie vor mit leiser Stimme. »Sein Gehirn!«
    Sie bogen jäh ab und gingen nun geradewegs auf den Eingang des Instituts zu. Michajlow schob die schwere Tür zur Seite.
    »Treten Sie ein«, bat er. »Aber machen Sie bitte keinen Lärm.«
    Im Vestibül war es kühl und dunkel, ein seltsamer Geruch hing im Raum. Auf einem großen Tisch in der Mitte flackerten mehrere dicke, halb zerlaufene Kerzen. Darauf standen einige Teller und eine große Suppenterrine. Die Teller waren schmutzig. In einem Korb daneben lagen ausgetrocknete Brotreste. Das Kerzenlicht ließ nicht allzu viel erkennen. Swanzew machte ein paar Schritte nach vorn und blieb mit dem Umhang an einem Stuhl hängen, der sogleich

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