Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
kennenlernen, sie über ihr Leben ausfragen und über alles, was sie beschäftigte. Er reihte mehrere Kisten nebeneinander, holte die Zustimmung der anderen ein, sich darauf auszustrecken, und machte es sich bequem. Am Kopfende befestigte er mithilfe einer Schraubzwinge eine Miniklimaanlage und schaltete dann sein Radio ein.
»Mein Name ist Gorbowski«, stellte er sich vor. »Leonid. Ich bin Kapitän dieses Raumfahrzeugs.«
»Ich auch«, verkündete ein dunkelgesichtiger Hüne, der rechts von Gorbowski saß, mit finsterer Miene. »Ich heiße Alpa.«
»Und ich Banin«, erklärte ein magerer Bursche mit nacktem Oberkörper und einem weißen Panamahut. »Ich bin und bleibe der Pilot. Zumindest so lange, bis ich ein Ulmotron bekomme.«
»Hans«, setzte der vorgebliche Walkenstein die Vorstellungsrunde fort. Er hatte sich nahe bei Gorbowskis Ventilator ins Gras gesetzt.
Der dritte Pilot hörte seinen Leidensgefährten offenbar gar nicht zu. Er hatte ihnen den Rücken zugekehrt und hielt einen Notizblock auf den Knien, in dem er eifrig schrieb.
Aus der Autoschlange löste sich ein langgestreckter »Gepard«. Der Wagenschlag wurde geöffnet, einige leere Ulmotronenkisten flogen heraus, und schon jagte der »Gepard« in Richtung Steppe davon.
»Das ist Prosorowski«, bemerkte Banin neidisch.
»Tja«, meinte Alpa bitter. »Prosorowski hat’s nicht nötig zu schwindeln. Er ist die rechte Hand von Lamondois.« Er seufzte tief auf. »Noch nie in meinem Leben habe ich gelogen. Ich hasse es, und jetzt fühle ich mich ganz elend.«
Banin erwiderte tiefgründig: »Wenn der Mensch anfängt zu lügen, obwohl er das gar nicht will, stimmt irgendetwas nicht – ein kompliziertes Verhältnis von Ursache und Wirkung.«
»Es liegt am System«, behauptete Hans. »Daran, dass grundsätzlich derjenige am meisten bekommt, bei dem es am besten läuft.«
»Schlagen Sie doch ein anderes Prinzip vor«, entgegnete Gorbowski. »Etwa: Du kommst nicht voran? Bitte, da hast du deinen Ulmotron. Oder: Es läuft gerade gut? Dann bleib schön auf deiner Kiste sitzen …«
»Ja«, stimmte Alpa zu. »Es geht bergab. Ist doch unerhört, dass man sich jetzt sogar für Maschinen anstellen muss. Oder für Energie. Früher hat man einfach einen Antrag eingereicht und wurde problemlos versorgt. Es interessierte uns nicht einmal, woher das alles kam. Man ahnte natürlich, dass es eine Menge Menschen gibt, die sich begeistert für die materielle Versorgung der Wissenschaft einsetzen. Es ist ja auch eine interessante Arbeit. Ich weiß noch, wie ich früher selbst immer nach der Schule Rationalisierungsverfahren für die Montage von Neutrino-Schaltungen entwickelt habe. Heute kennt sie niemand mehr, aber früher war die Neutrino-Analyse eine sehr populäre Methode.« Er zog eine rußgeschwärzte Pfeife aus seiner Tasche und stopfte sie mit langsamen, sicheren Bewegungen. Alle sahen ihm neugierig dabei zu. »Jeder weiß, dass sich seitdem die Zahl der Maschinenverbraucher und Maschinenhersteller im Verhältnis zueinander nicht wesentlich verändert hat. Aber offenbar hat es inzwischen einen ungeheuren Bedarfssprung gegeben. Ich brauche mich nur umzusehen: Ein durchschnittlicher Forscher scheint heute gut zwanzigmal so viel Energie und Maschinen zu brauchen wie zu meiner Zeit.« Er machte einen tiefen Zug, und in der Pfeife zischte und knisterte es. »Das lässt sich übrigens durchaus erklären. Es gab schon immer die Meinung, dass vor allem das Problem die meiste Aufmerksamkeit verdient, das besonders viele neue Ideen generiert. Das ist vollkommen normal, und anders geht es nicht. Aber angenommen, das ursprüngliche Problem liegt auf subelektronischem Niveau und benötigt, sagen wir, eine Maschineneinheit, so befindet sich jedes der zehn nachgeordneten Probleme mindestens eine Ebene tiefer in der Materie und benötigt somit bereits zehn Maschineneinheiten. Wo viele Probleme auftreten, entsteht viel Bedarf. Ganz zu schweigen davon, dass die Interessen der Maschinenproduzenten keineswegs immer mit denen der Maschinenverbraucher übereinstimmen.«
»Ein Teufelskreis«, stellte Banin fest. »Das haben unsere Ökonomen einfach verschlafen.«
»Ökonomen sind auch Forscher«, entgegnete Alpa. »Auch in ihrem Bereich entstehen ständig neue Probleme. Und wo wir gerade dabei sind – hier ist ein interessantes Paradoxon, das mich in letzter Zeit beschäftigt: Nehmen Sie den Nulltransport – ein neues, fruchtbares und sehr aussichtsreiches Problem. Und weil es
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