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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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»Ich sehe, dass Sie zögern.«
    »Versuchen Sie es«, sagte Alpa.
    »Man sollte all diesen Künstlern und Dichtern die Pinsel und Gänsekiele wegnehmen, sie in Schnellkursen umschulen und dazu zwingen, für die Soldaten der Wissenschaft neue U-Fließbänder zu bauen, T-Takter zu montieren und ergochrone Prismen zu gießen …«
    »Was für ein Unsinn!«, rief Banin enttäuscht.
    »Natürlich«, gab Alpa zu. »Aber auch wenn mir dieser Gedanke zuwider ist, mir sogar Angst macht, so existiert er doch … und ist, wie es scheint, nicht nur mir eingefallen.«
    »Er bringt uns aber nicht weiter«, wandte Gorbowski träge ein und blickte zum Himmel. »Es ist der Versuch, den Widerspruch zwischen dem geistigen Potenzial und den materiellen Möglichkeiten der Menschheit insgesamt aufzulösen. Was uns aber nur zu einem weiteren Widerspruch bringt, der ebenso alt wie banal ist: dem zwischen der maschinellen Logik und einem System von Moral und Erziehung. Diesen Kampf wird die maschinelle Logik immer verlieren.«
    Alpa nickte und hüllte sich in Pfeifenrauch.
    »Ein furchtbarer Gedanke«, bemerkte Hans nachdenklich. »Erinnern Sie sich noch an das ›Zehnerprojekt‹? Als man dem Rat vorschlug, einen Teil der Energie aus dem Überflussfonds in die Wissenschaft umzuleiten? Im Namen der reinen Wissenschaft sollte die Menschheit in ihren elementaren Bedürfnissen eingeschränkt werden. Erinnern Sie sich noch an die Devise: ›Die Wissenschaftler sind bereit zu hungern‹?«
    Banin ergänzte: »Damals stand Yamakawa auf und sagte: ›Aber sechs Milliarden Kinder sind nicht bereit dazu. Ebenso wenig, wie Sie bereit sind, soziale Projekte zu entwickeln.‹«
    »Diese Fanatiker sind mir auch zuwider«, bekannte Gorbowski.
    »Ich habe vor Kurzem Lorenz’ Buch ›Menschen und Probleme‹ gelesen«, sagte Hans. »Kennen Sie es?«
    »Ja«, antwortete Gorbowski, Alpa dagegen schüttelte den Kopf.
    »Ein gutes Buch, nicht wahr? Ein Gedanke darin hat mich besonders fasziniert. Obwohl Lorenz sich damit nicht lange aufhält, er erwähnt ihn nur nebenbei.«
    »Und?«, fragte Banin.
    »Ich weiß noch, dass ich die ganze Nacht darüber nachgedacht habe. Uns fehlten damals Apparate, wir warteten auf die nächste Lieferung, Sie wissen schon, das übliche nervenaufreibende Hin und Her. Und plötzlich kam mir folgender Gedanke: Lorenz spricht von der natürlichen Selektion in der Wissenschaft. Welche Faktoren bestimmen die Rangordnung der wissenschaftlichen Richtungen heute, da die Wissenschaft auf den materiellen Wohlstand keinen oder nur sehr wenig Einfluss hat?«
    »Und?«, hakte Banin nach.
    »Meine Erkenntnis lautet wie folgt: Nach einer gewissen Zeit werden die erfolgreichsten Forschungsprojekte die gesamte materielle Versorgung für sich beanspruchen und sich dadurch überproportional vertiefen. Die übrigen Wissenschaftszweige werden dagegen von selbst zugrunde gehen. Am Ende wird die ganze Wissenschaft nur noch aus zwei, drei Richtungen bestehen, in denen sich außer den Koryphäen niemand mehr auskennt. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Blödsinn!«, widersprach Banin.
    »Warum?«, fragte Hans gekränkt. »Hier sind die Tatsachen: In der Wissenschaft gibt es Hunderttausende verschiedener Richtungen. In jeder Richtung arbeiten Tausende von Menschen. Ich selbst kenne allein vier Forschergruppen, die ihre Arbeit aufgrund ständiger Misserfolge aufgegeben und sich anderen, erfolgreicheren Gruppen angeschlossen haben. Sogar ich selbst habe das zweimal gemacht …«
    »Scherz beiseite«, nahm nun Alpa wieder das Gespräch auf. »Bleiben wir mal bei diesem Lamondois. Der strebt nach der Verwirklichung des Nulltransports, und zwar um jeden Preis. Alles andere ist ihm egal. Wie zu erwarten, bringt die Null-T-Forschung eine Masse an neuen Wissenschaftszweigen hervor. Aber Lamondois ist gezwungen, einen nach dem anderen zu beseitigen oder einfach zu ignorieren. Er hat nicht die Möglichkeit, jede davon gründlich auf ihre Perspektiven zu prüfen. Mehr noch, er muss, wenn er vorankommen will, Dinge bewusst ausklammern, die offenkundig interessant sind. Ein typisches Beispiel dafür ist die Welle. Sie ist ein unerwartetes, erstaunliches und für meine Begriffe schreckliches Phänomen. Lamondois, der hartnäckig sein Ziel verfolgt, hat sogar eine Spaltung seines Lagers in Kauf genommen. Er hat sich mit Aristoteles zerstritten und es abgelehnt, mit den Erforschern der Welle Hand in Hand zu arbeiten. Er spezialisiert sich immer mehr und sieht nur noch

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