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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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so fruchtbar ist, erhält Lamondois zu Recht eine ausreichende materielle und energetische Versorgung. Um sich diese auch in Zukunft zu sichern, muss er seine Arbeit zwangsläufig immer weiter vorantreiben – immer schneller, tiefer und … Je schneller und tiefer er vordringt, desto mehr benötigt er, und desto stärker spürt er den Mangel, bis er schließlich sich selbst zu bremsen beginnt. Schauen Sie sich diese Schlange an: Vierzig Menschen warten hier und vergeuden ihre wertvolle Zeit. Ein Drittel aller Forscher des Regenbogens vergeudet Zeit, Nerven und geistiges Vorankommen! Die anderen zwei Drittel sitzen währenddessen gelangweilt in ihren Labors und denken nur daran, ob die Lieferung kommen wird oder nicht. Bremsen wir uns so nicht selbst? Dieser ständige Zwang, den Zufluss an materiellen Ressourcen aufrechtzuerhalten, führt zu einem Wettlauf, der seinerseits ein unverhältnismäßiges Bedarfswachstum hervorruft, und am Ende behindert sich das System selbst.«
    Alpa verstummte und begann seine Pfeife auszuklopfen. Ein »Maulwurf« tauchte zwischen den Maschinen auf und stieß sie nach rechts und links auseinander. Durch das Fenster der nahezu absurd hohen Kabine sah man die Deckelplatte eines nagelneuen Ulmotrons. Während der »Maulwurf« vorbeifuhr, winkte der Fahrer den falschen Sternenpiloten zu.
    »Ich würde schon gern wissen, wozu ein Fährtensucher einen Ulmotron braucht«, murmelte Hans.
    Niemand antwortete. Alle folgten mit ihren Blicken dem »Maulwurf«, an dessen Rückwand das Erkennungszeichen der Fährtensucher prangte: ein schwarzes Siebeneck auf rotem Schild.
    »Dennoch bin ich der Meinung«, führte Banin die Diskussion fort, »dass die Ökonomen an allem schuld sind. Sie hätten es voraussehen müssen. Schon vor zwanzig Jahren hätten sie die Schulen so umstrukturieren müssen, dass es heute genügend Fachkräfte zur Versorgung der Wissenschaft gibt.«
    »Ich weiß nicht«, wandte Alpa ein. »Lässt sich so etwas überhaupt planen? Auch wenn wir nur wenig darüber wissen, so wäre es doch möglich, dass sich das geistige Potenzial der Forscher und die materiellen Möglichkeiten der Menschheit am Ende gar nicht ins Gleichgewicht bringen lassen. Vereinfacht gesagt: Es wird immer mehr Ideen geben als Ulmotrone.«
    »Das müsste man erst mal beweisen«, sagte Banin.
    »Ich behaupte nicht, dass das bewiesen ist. Es ist nur eine Vermutung.«
    »Eine solche Vermutung ist Sünde.« Banin redete sich langsam in Rage. »So schreibt man die Krise für alle Zeiten fest! Das führt doch in eine Sackgasse!«
    »Warum denn? Ganz im Gegenteil«, wandte Gorbowski leise ein, aber Banin hörte gar nicht zu.
    »Wir müssen aus der Krise herauskommen!«, rief er. »Auswege suchen! Und die finden sich sicher nicht in düsteren Vermutungen!«
    »Wieso düster?«, fragte Gorbowski, doch auch diesmal blieb sein Einwand unbeachtet.
    »Wir dürfen uns nicht vom Prinzip der Verteilung verabschieden«, warnte Banin. »Das wäre unfair gegenüber den Besten. Am Ende kauen Sie zwanzig Jahre auf einem kleinen Teilproblem herum, bekommen aber genauso viel Energie wie Lamondois. Das ist völliger Schwachsinn! Und erst recht kein Ausweg. Kennen Sie selbst einen? Oder beschränken Sie sich darauf, die Situation zu beobachten?«
    »Ich bin ein alter Wissenschaftler und überhaupt ein alter Mann«, antwortete Alpa. »Mein ganzes Leben schon befasse ich mich mit Physik. Sicher, viel habe ich nicht erreicht, ich bin nur ein durchschnittlicher Forscher, aber darum geht es nicht. Trotz aller neuen Theorien bin ich überzeugt: Der Sinn des menschlichen Lebens liegt in der wissenschaftlichen Erkenntnis. Und es schmerzt mich zu sehen, dass sich heute Milliarden von Menschen von der Wissenschaft distanzieren und ihre Berufung in einem sentimentalen Umgang mit der Natur sehen, den sie als ›Kunst‹ bezeichnen. Dass sie sich damit begnügen, über die Oberfläche der Erscheinungen zu gleiten, was sie ›ästhetische Wahrnehmung‹ nennen … Während die Wissenschaft mit knappen materiellen Ressourcen zu kämpfen hat, malen Milliarden von Menschen Bilder, reimen Wörter – erzeugen also nichts weiter als Eindrücke. Dabei gibt es unter ihnen viele, die sich als hervorragende Arbeiter eignen würden. Menschen voller Tatendrang, geistreich und unglaublich fleißig.«
    »Eben!«, meldete sich Banin.
    Alpa schwieg und begann erneut seine Pfeife zu stopfen.
    »Lassen Sie mich Ihren Gedanken fortführen«, ergriff Gorbowski das Wort.

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