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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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ihn. Aber es vergeht, dachte er. Wie einen Schmerz muss man es ertragen und sich sogleich mit etwas beschäftigen. Ljoscha hat angeordnet, die Abschussvorrichtungen für die Sonden abzudichten … Er nahm die Hände vom Gesicht, schlug die Augen auf und sah, dass er auf dem Fußboden saß. Der Sturz der »Tachmasib« war abgefangen, die Gegenstände bekamen wieder Gewicht.
    Jurkowski reckte sich zu dem kleinen Pult vor und dich tete die Mündungen der Abschussvorrichtungen ab – »Schießscharten« in der robusten Außenhaut der Wohngondel, in die die Rezeptoren der Geräte eingesetzt werden. Dann dichtete er sorgfältig den Verschluss des Bombenwurfgerätes ab, las die umherliegenden Ladestreifen der Sonden auf und legte sie ordentlich ins Regal. Er warf einen Blick durchs Periskop und hatte den Eindruck – oder war es wirklich so? –, dass sich die Finsternis oben verdichtete und das rosige Leuchten unten verstärkte. Ihm fiel ein, dass außer Serjosha Petruschewski – Ehre seinem Andenken! – bisher noch niemand so dicht an den Jupiter herangekommen war. Bei Petruschewski war ebenfalls der Reflektor geborsten, aber sein Schiff war wahrscheinlich schon eher explodiert.
    Jurkowski verließ das Observatorium und begab sich zur Gemeinschaftskajüte. Unterwegs warf er noch einen Blick in die anderen Kajüten. Die »Tachmasib« sank immer noch, allerdings von Minute zu Minute langsamer. Jurkowski ging auf Zehenspitzen, wie unter Wasser, balancierte mit den Armen und vollführte trotzdem von Zeit zu Zeit gegen seinen Willen kleine Sprünge.
    Plötzlich hallte durch den menschenleeren Korridor ein gedämpfter freudiger Ausruf Mollards. »Wie ist Leben, Grégoire, gu-ud?« Anscheinend war es Dauge gelungen, dem Funkoptiker wieder zu seiner gewohnten Stimmung zu verhelfen. Grégoires Antwort konnte Jurkowski nicht verstehen. »Gu-ud!«, murmelte er vor sich hin und merkte gar nicht, dass er nicht mehr stotterte. Ja, so etwas ist gut.
    Er lugte in Krutikows Kajüte. Darin war es dunkel und roch seltsam würzig. Jurkowski trat ein und schaltete das Licht an. Mitten in der Kajüte lag ein Koffer, dessen Inhalt um und um durchwühlt war. Noch nie hatte Jurkowski so ein Durcheinander in einem Koffer gesehen. So kann ein Koffer eigentlich nur aussehen, wenn eine Sondenbombe darin detoniert ist, dachte er bei sich. Die gepolsterte Decke und die Wände der Kajüte waren mit braunen, anscheinend glitschigen Klecksen bespritzt. Sie strömten diesen appetitlichen würzigen Geruch aus. Mollusken in Gewürzaufguss, stellte Jurkowski fest. Die aß er sehr gern, aber zu seinem Leidwesen waren sie zur Verpflegung der Sternenfahrer nicht zugelassen. Er sah sich um und entdeckte über der Tür einen glänzenden schwarzen Fleck, ein Leck von einem Meteoritentreffer. Alle Abteilungen der Wohngondeln waren hermetisch abgeschlossen. Wenn ein derartiges Leck entstand, stellte sich automatisch die Luftzufuhr ab, bis der Teerplast, das zähe, widerstandsfähige Zwischenwandfutter des Schiffskörpers, das Leck wieder geschlossen hatte. Das dauerte im Ganzen eine, maximal zwei Sekunden. Trotzdem konnte in dieser Zeit der Druck in der betreffenden Abteilung erheblich sinken. Für die Menschen war das nicht gefährlich – für eingeschmuggelte Konserven aber tödlich. Die Konservendosen explodieren einfach. Besonders solche mit Gewürztunken. Schmuggler, dachte Jurkowski. Dieser alte Vielfraß! Na, dafür kriegt er vom Kommandanten was zu hören! Bykow duldet keinen Schmuggel.
    Jurkowski sah sich noch einmal in der Kajüte um, da fiel ihm auf, dass das schwarze Leck silbrig schimmerte. Aha, dachte er, da hat jemand die Lecks schon metallisiert. Richtig so. Andernfalls werden die Teerplastpfropfen von dem großen Außendruck einfach ins Schiffsinnere gepresst. Er schaltete das Licht aus und trat auf den Korridor. Plötzlich war er schrecklich müde und spürte bleierne Schwere in den Gliedern. Verdammt, bin ich schlapp, dachte er und hatte das Gefühl, das Trageband des Mikrofons schnitte ihm in den Hals. Da begriff er, was los war: Der Flug war zu Ende. Innerhalb weniger Minuten würde sich die Schwere verdoppeln; dann würde sich über dem Schiff zehntausend Kilometer hoch komprimierter Wasserstoff ballen und auch bis in sechzigtausend Kilometer Tiefe unter dem Schiff nichts als hochkomprimierter flüssiger, fester Wasserstoff sein. Jedes Kilogramm seines Körpers würde zwei Kilogramm oder mehr wiegen. Armer Charles, dachte Jurkowski. Armer

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