Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
kein Grund zur Sorge, sagte er sich. Dort ist ja heute Sommerfest und viel Trubel. Seltsam, dass sie noch nichts wissen. Ist auch gut so. Es genügt, wenn ich im Bilde bin. Er wandte sich wieder an Patrick: »Wohin fliegen wir?«
»Das hast du mich schon gefragt.«
»So? Ach ja, stimmt … Patrick, alter Junge, sag mal, musst du wirklich in die ›Kalten Bäche‹ fliegen?«
»Natürlich. Wo sollten wir sonst hin?«
Robert lehnte sich in seinem Sitz zurück. »Könntest du ein bisschen schneller fliegen?«, bat er.
»Warum nicht?« Patrick beschleunigte.
»Vielleicht noch etwas schneller?«
Patrick gab keine Antwort. Der Motor heulte auf.
»Immer müssen wir uns beeilen«, seufzte Patrick. »Dauernd werden wir durch irgendwas oder irgendwen gehetzt. Schneller, immer schneller … ›Geht’s nicht schneller?‹, heißt es. ›Ja‹, antworten wir. ›Bitte sehr!‹ Wir haben gar keine Zeit, uns mal umzuschauen. Keine Zeit zum Überlegen. Keine Zeit, darüber nachzudenken, was das Ganze soll und ob es sich überhaupt lohnt. Jetzt kommt zu allem Übel noch die Welle – und wieder hetzen wir uns ab.«
»Gib Gas«, sagte Robert. Er war mit seinen Gedanken ganz woanders. »Und halte dich weiter rechts.«
Patrick verstummte. Unter ihnen zogen sich die noch grünen Getreidefelder hin; vereinzelt tauchten die weiß getünchten Häuschen der meteorologischen Stationen auf. Man konnte die Viehherden sehen, die in großer Eile quer feldein nach Süden getrieben wurden. Die Hirten, ausschließlich Kyber, erschienen aus dieser Höhe wie winzige blinkende Sterne. All das war im Grunde nutzlos.
»Hast du etwas vom ›Pfeil‹ gehört?«, erkundigte sich Robert.
»Nein. Der ›Pfeil‹ ist weit weg. Er würde uns keinesfalls mehr erreichen. Darauf solltest du lieber nicht bauen.«
»Und worauf sollte ich deiner Meinung nach bauen?«, wollte Robert wissen.
»Am besten auf gar nichts. Setz dich bequem hin und schau dich ein bisschen um. Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber ich habe früher von alldem nichts bewusst wahrgenommen. Ich glaube, nicht einmal diese grüne Welle auf den Getreidefeldern, wenn der Wind über sie hinwegstreicht, habe ich bemerkt … Pfui … ›Welle‹! Weißt du, wann ich das alles zum ersten Mal gesehen habe? Soll ich’s dir sagen? Als ich durch den Ausguck der ›Charybde‹ in die Steppe hinaussah. Ich starrte auf diese schwarze Wand, betrachtete dann plötzlich die Steppe und begriff, dass nichts von ihr übrig bleiben würde. Alles um mich her tat mir auf einmal furchtbar leid. Die dummen Spitzmäuse sahen sich die Welle ebenfalls an und begriffen überhaupt nichts … Und weißt du, was mir da aufgegangen ist, Robby? Dass wir irgendwann einen Fehler gemacht haben.«
Robert schwieg. Das ist ihm ziemlich spät aufgegangen, dachte er. Er hätte es sich früher anschauen sollen, und wenn’s aus dem Fenster gewesen wäre … Unter ihnen glitten jetzt weiße Häuserrechtecke vorbei, zementierte Plätze und, schon von weitem erkennbar, die gestreiften Türme der Energieantennen. Der Flyer befand sich über einer der zahllosen Energiestationen der Nordregion.
»Geh tiefer«, verlangte Robert.
»Wo willst du hin?«
»Siehst du den Platz da unten, wo die Aeromobile stehen?«
Patrick sah durchs Seitenfenster. »Ja«, sagte er. »Und was sollen wir dort?«
»Du nimmst dir ein Aeromobil und gibst mir den Flyer.«
»Was hast du vor?«, fragte Patrick.
»Du fliegst allein weiter. Ich habe in den ›Bächen‹ nichts verloren. Geh runter.«
Gehorsam setzte Patrick zur Landung an. Er war, wie Robert einmal mehr feststellen musste, ein miserabler Pilot.
Robert ließ seinen Blick über den Platz schweifen. »Das ist ja wieder eine erstklassige Organisation«, meinte er spöttisch. »In Greenfield treten wir uns fast tot, müssen alles im Stich lassen, und hier kommen auf zwei Diensthabende drei Aeromobile.«
Der Flyer setzte holprig zwischen den Aeromobilen auf. Robert biss sich auf die Zunge.
»Junge, Junge«, knurrte er. »Nun mach schon, steig aus.«
Umständlich und ohne große Lust kletterte Patrick von seinem Sitz. »Robby«, begann er unsicher, »es geht mich vielleicht nichts an, aber was hast du vor?«
»Du brauchst keine Angst zu haben, nichts Schlimmes … Kommst du mit dem Aeromobil zurecht?«
Patrick stand mit hängenden Armen und jämmerlicher Miene vor ihm. »Robby«, sagte er. »Du musst die Dinge nüchtern betrachten. Der Welle folgt eine Plasmabarriere von hundert
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