Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
über Blumenbeete und sorgsam gestutzte Sträucher. Er jagte zum westlichen Randgebiet der Siedlung – rechts stand über den Dächern die schwarze Wand, links brannte die gleißend helle Sonne. Robert bog um das letzte Haus und stieß auf das gewaltige Heck der »Charybde«. Zwischen den Gliedern der riesigen Panzerketten steckten Grasbüschel und zerfledderte Blütenblätter. Der beschädigte Stamm einer jungen Palme ragte traurig in die Höhe. Ohne eine Sekunde zu zögern, kletterte Robert die schmale Stiege hinauf, wobei er sich die Hände am glühendheißen Geländer verbrannte. Dann rutschte er auf dem Hosenboden in die Steuerkabine hinunter, warf sich in den Sessel und schleuderte die Stahlplatte vorm Ausguck zur Seite. Seine Hände bewegten sich wie automatisch: Die rechte schaltete den Strom ein, während die linke den Sperrriegel löste und auf Handsteuerung stellte. Dann tastete er mit der rechten nach dem Starterknopf, und als alles ringsum zu beben und zu dröhnen begann, schaltete er mit der linken die Klimaanlage ein, auch wenn das völlig überflüssig war. Gleich darauf griff er – diesmal schon bewusst – nach dem Hebel für den Energieschlucker und brachte ihn bis zum äußersten Anschlag. Erst dann wagte er einen Blick durch den Ausguck.
Die Welle stand direkt vor ihm. Wahrscheinlich war ihr nach Lü noch niemand so nahe gewesen. Sie war durch und durch schwarz, ohne die geringste Aufhellung, und die sonnenüberflutete Steppe spiegelte sich bis zum Horizont darin wider. Jeder winzige Grashalm, der kleinste Busch war deutlich zu erkennen. Robert konnte sogar die Spitzmäuse ausmachen, die sich, halb erstarrt, vor ihren Höhlen aufreckten.
Genau über sich hörte Robert einen brüchigen, metallischen Ton, der schnell lauter wurde – der Energieschlucker war angelaufen. Die »Charybde« schaukelte im Fahren gleichmäßig hin und her. Im Rückspiegel sah Robert durch allen Staub hindurch die Siedlungshäuser tanzen. Den Hubschrauber konnte er nicht entdecken. Noch hundert Meter, ach was, fünfzig, das würde reichen. Er äugte nach links, und ihm schien, als habe sich die dicke Wellenwand schon ein bisschen durchgebogen. Das richtig einzuschätzen war allerdings sehr schwierig. Vielleicht schaffe ich es gar nicht, dachte Robert plötzlich. Er wandte kein Auge von den weißen Rauchsäulen am Horizont. Der Rauch löste sich rasch auf und war dann kaum noch auszumachen. Welche Teile der »Charybde« werden wohl zuerst in Brand geraten, überlegte er …
Genug! Robert trat auf die Bremse. Am liebsten wäre er davongelaufen. Wieder warf er einen Blick in den Rückspiegel. Mein Gott, wie lange brauchten die dort bloß! Das Stück Steppe vor der »Charybde« verdunkelte sich langsam zu einem riesigen Dreieck, in dessen oberen Winkel der Energieschlucker hineinragte. Die Spitzmäuse, plötzlich unruhig geworden, begannen umherzuspringen; gleich darauf fiel eine von ihnen auf den Rücken und zappelte krampfartig mit den Füßchen.
»Lauft doch weg, ihr närrischen Mäuse!«, sagte Robert laut. » Ihr könnt doch …«
In diesem Moment sah er die zweite »Charybde«. Sie stand etwa fünfhundert Meter von seiner entfernt, nach Osten gewandt, mit weit aufgerissenem Schlund. Das Gras vor ihr wurde ebenfalls allmählich dunkler und krümmte sich vor Kälte zusammen.
Robert freute sich unbeschreiblich. Ein toller Bursche, dachte er begeistert. Ein Schlaukopf! Dazu gehörte Mut. Sollte das etwa Maljajew sein? Warum eigentlich nicht? Er war schließlich auch ein Mensch und zu menschlichen Regungen fähig. Oder gar Pagawa? Nein, den hätten sie nicht weggelassen. Ihn hatten sie sicher fast fesseln und im Hubschrauber unter den Sitz drücken müssen, damit er sich nicht losriss … Nein, das war wirklich ein toller Bursche da drüben! Robert stieß eine Luke auf, beugte sich heraus und schrie: »Heee! Halt durch, Kumpel! Zu zweit halten wir hier ein ganzes Jahr durch!«
Doch ein Blick auf das Armaturenbrett ließ ihn seine Begeisterung sofort vergessen. Das Fassungsvermögen der »Charybde« war erschöpft: Der Leuchtzeiger unter dem staubbedeckten Glas schlug wild aus. Dann sah er in den Rückspiegel und war ein wenig erleichtert: Am weißen Himmel, über den Dächern der Siedlung, sah er einen kleinen schwarzen Punkt, der sich rasch entfernte. Noch ungefähr zehn Minuten, dachte Robert. Jetzt konnte er schon deutlich erkennen, dass sich die Wellenfront vor der Siedlung etwas aufgelockert hatte. Die Welle
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