Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
Abendsonne. Rechts und links ragten tiefschwarze Wände auf; er bemühte sich, sie nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Jetzt würde ich planmäßig zur Lalande-Expedition starten, dachte er im Dahindämmern. Wir würden zu dritt in der Kommandokabine sitzen, und ich könnte den anderen erzählen, wie herrlich der Regenbogenplanet ist, und wie ich ihn an einem einzigen Tag kreuz und quer durchfahren habe. Percy Dickson würde wie immer schweigsam dasitzen und sich den Bart um den Finger wickeln, während Mark wie üblich knurren würde, dass es überall auf der Welt das Gleiche zu sehen gibt und es hier wie dort langweilig ist. Und morgen um diese Zeit würden wir die Umlaufbahn verlassen …
Gorbowski sah die junge Frau, die ihm kurz zuvor aufgefallen war, vorübergehen und wusste plötzlich, wer sie war: die Erzieherin, die auf dem Kosmodrom das unangenehme Gespräch mit Skljarow unterbrochen hatte. Sie ging direkt am Wasser entlang, und ihr Gesicht hatte jetzt nicht mehr den harten Ausdruck, es wirkte nur unendlich müde. Etwa fünfzig Meter entfernt von ihm blieb sie stehen, sah aufs Meer hinaus und setzte sich dann in den Sand, wobei sie das Kinn auf die Knie stützte. Im gleichen Moment hörte Gorbowski jemanden hinter sich aufseufzen, und als er sich umwandte, bemerkte er Skljarow, der ebenfalls zu dem Mädchen hinüberschaute.
»Es ist alles so sinnlos«, sagte Robert leise. »Mir scheint, ich habe mein Leben umsonst gelebt, und das Schlimmste hat sich für den letzten Tag aufgespart …«
»Was, mein Junge«, erwiderte Gorbowski, »kann es denn am letzten Tag überhaupt Gutes geben?«
»Sie wissen ja noch nicht, was ich …«
»Doch, ich weiß«, unterbrach ihn Gorbowski. »Ich weiß alles.«
»Nein, nein … Dann würden Sie anders mit mir reden.«
»Wie das?«
»Jedenfalls nicht wie mit einem normalen Menschen. Eher wie mit einem Feigling und Verbrecher.«
»Na, na«, sagte Gorbowski. »Ein Feigling, ein Verbrecher, was denn noch alles?«
»Ich bin ein Feigling und Verbrecher«, beharrte Robert. »Und das ist wahrscheinlich noch viel zu schwach ausgedrückt, denn ich bin nach wie vor der Meinung, dass ich richtig gehandelt habe.«
»Feiglinge und Verbrecher gibt es für mich nicht«, wandte Gorbowski ein. »Ich glaube eher an einen Menschen, der auferstehen kann, als an einen, der zu einem Verbrechen imstande ist.«
»Sie brauchen mich nicht zu trösten. Ich sagte doch, dass Sie noch nicht alles wissen.«
Gorbowski schaute ihn ruhig an und riet: »Vergeuden Sie keine Zeit, Robert. Gehen Sie zu ihr. Setzen Sie sich neben sie … Ich liege zwar sehr bequem hier, aber wenn Sie mich brauchen sollten, will ich Ihnen gern helfen …«
»Dass sich doch alles immer ganz anders entwickelt, als man es sich vorstellt«, meinte Robert zerknirscht. »Ich war sicher, sie zu retten. Ich glaubte, zu allem bereit zu sein, aber dem war nicht so … Ich gehe«, schloss er abrupt.
Gorbowski sah Robert nach und bemerkte, mit welch großen und sicheren Schritten er losging, um dann immer langsamer zu werden. Schließlich trat er doch auf das Mädchen zu und setzte sich neben sie. Sie rückte nicht von ihm ab. Einige Zeit betrachtete Gorbowski die beiden und versuchte, sich darüber klarzuwerden, ob er sie nun beneidete oder nicht. Dann aber schlief er fest ein.
Die Berührung von etwas Kaltem weckte ihn. Er blinzelte durch die Wimpern und erblickte Kamillo, den gewohnten Helm und das gelangweilte Gesicht mit den großen Augen.
»Ich wusste, dass Sie hier sind, Leonid«, erklärte Kamillo. »Ich habe Sie gesucht. Und gefunden.«
»Guten Tag, Kamillo«, murmelte Gorbowski. »Ist das nicht sehr langweilig, immer alles zu wissen?«
Kamillo zog sich eine Pritsche heran und setzte sich – den Rücken gekrümmt, als sei seine Wirbelsäule gebrochen. »Es gibt langweiligere Dinge«, antwortete er. »Ich habe alles so satt! Das Ganze war ein riesiger Irrtum.«
»Wie sieht es im Jenseits aus?«, erkundigte sich Gorbowski.
»Finster«, antwortete Kamillo. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Heute bin ich dreimal fast gestorben und dreimal wiederauferstanden. Und jedes Mal war es sehr schmerzhaft.«
»Dreimal«, wiederholte Gorbowski. »Das ist ein Rekord.« Er musterte sein Gegenüber. »Sagen Sie mir die Wahrheit, Kamillo. Ich weiß nicht: Sind Sie ein Mensch? Sie brauchen sich nicht zu genieren. Ich habe ja keine Gelegenheit mehr, es weiterzuerzählen.«
Kamillo überlegte. »Ich weiß es nicht«, sagte er
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