Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
Kübel. Es plätscherte laut, und der Fonor verbreitete Gerüche. Der Mann verschwand in der brodelnden Flüssigkeit, tauchte auf und hielt eine Art zerkochten Schuh zwischen den Zähnen. Die unsichtbare Zuhörerschaft brach in Gelächter aus. Es wurde abgeblendet. Leise lyrische Musik erklang. Aus einem grünen Wald kam ein weißes Pferd auf mich zugerannt, das vor eine Kutsche gespannt war. In der Kutsche saß ein hübsches Mädchen im Bikini. Ich schaltete den Stereovisor aus, stand auf und schaute ins Badezimmer.
Dort duftete es nach Fichtennadeln, antibakterielle Lampen blinkten. Ich zog mich aus, warf die Wäsche in den Utilisator und stellte mich unter die Dusche. Dann kleidete ich mich in aller Ruhe vor dem Spiegel an, kämmte mich und begann mich zu rasieren. Auf dem Bord standen Reihen von Flakons, lagen Schächtelchen mit hygienischen Saugern und Sterilisatoren, Tuben mit Pasten und Salben. Auf dem Rand lagen stapelweise flache Packungen mit bunten Etiketten, auf denen »Dewon« stand. Ich schaltete den Rasierer aus und nahm eines zur Hand. Im Spiegel blinkte ein antibakterielles Röhrchen – und genauso hatte es auch damals geblinkt … Ich hatte genau so vor einem Spiegel gestanden und ein solches Schächtelchen betrachtet, weil ich nicht ins Schlafzimmer gehen wollte, wo sich Rafka Rejsman mit dem Arzt zankte. In der Wanne schwappte noch sacht das grüne ölige Wasser, darüber erhob sich Dampf, und aus dem Empfänger, der am Handtuchhalter aus Porzellan hing, grölte es, winselte und schnarrte, bis Rafka ihn gereizt ausschaltete … Das war in Wien gewesen, und dort hatte es mich genauso wie hier gewundert, im Badezimmer »Dewon« zu finden, ein bekanntes Repellent, das Mücken, Moskitos und sonstige Blutsauger wirksam abschreckte, obwohl man diese sowohl in Wien als auch hier, in diesem Kurort am Meer, längst vergessen hatte. Nur, dass man in Wien noch Angst hatte …
Die Packung in meiner Hand war fast leer. Sie enthielt nur eine einzige Tablette. Die anderen waren noch nicht angebrochen. Nach dem Rasieren ging ich ins Schlafzimmer zurück. Ich wollte erneut versuchen, Riemaier anzurufen, aber plötzlich regte sich etwas im Haus. Pfeifend öffneten sich die gaufrierten Stores, die Fensterscheiben glitten zur Seite, und aus dem Garten strömte warme, nach Äpfeln duftende Luft herein. Irgendwo wurde gesprochen, über mir hörte ich leichte Schritte, und eine strenge Frauenstimme sagte: »Wusi! Iss wenigstens ein Pastetchen, hörst du?« Ich gab meiner Kleidung rasch eine lässige Note, wie sie der jetzigen Mode entsprach, strich mir die Schläfenhaare glatt, steckte mir im Salon Amads Karte ein und trat in die Diele. Die Witwe war eine jugendlich aussehende runde Frau, ein wenig matt, doch mit frischem sympathischem Gesicht.
»Wie nett!«, sagte sie, als sie mich erblickte. »Sie sind schon auf? Guten Tag. Ich heiße Waina Tuur. Sie dürfen mich schlicht Waina nennen.«
»Angenehm«, erwiderte ich smart. »Ich heiße Iwan.«
»Wie nett!«, sagte Waina. »Was für ein origineller, charmanter Name! Haben Sie schon gefrühstückt, Iwan?«
»Ich hatte vor, in der Stadt zu frühstücken, wenn Sie erlauben«, sagte ich und reichte ihr die Karte.
»Ach«, sagte Waina und hielt sie gegen das Licht. »Der nette Amad … Wenn Sie wüssten, was für ein zuverlässiger, netter Mann das ist! Aber Sie haben noch nicht gefrühstückt! Sie können in der Stadt lunchen, doch vorher serviere ich Ihnen meine Toasts. Generaloberst Tuur sagte immer, nirgends auf der Welt bekäme man solche Toasts.«
»Mit Vergnügen«, sagte ich abermals smart.
Die Tür hinter Waina öffnete sich, und mit klappernden Absätzen kam ein bildhübsches Mädchen in kurzem blauem Rock und offener weißer Bluse in die Diele. In der Hand hielt sie ein Stück Pastete und summte kauend einen Schlager. Als sie mich erblickte, blieb sie stehen, warf sich flink eine kleine Tasche mit langem Riemen über die Schulter, beugte den Kopf und schluckte.
»Wusi«, sagte Waina und presste die Lippen aufeinander. »Das ist Iwan.«
»Sehr schön!«, rief Wusi. »Ich grüße Sie!«
»Wusi!«, sagte Waina vorwurfsvoll.
»Sind Sie mit Ihrer Frau hier?«, erkundigte sich Wusi, als sie mir die Hand reichte.
»Nein«, sagte ich. Ihre Finger waren kühl und weich. »Ich bin allein hier.«
»Ich werde Ihnen alles zeigen«, schlug sie vor. »Bis heute Abend. Jetzt muss ich mich sputen. Aber heute Abend gehen wir aus.«
»Wusi!«, sagte Waina noch
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