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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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Universität, die in dem alten Schloss des Kreuzritters Ulrich de Casa untergebracht war. Es gab acht bürgerliche Vereine, darunter die »Gesellschaft der eifrigen Degustatoren«, die »Gesellschaft der Kenner und Sachverständigen« und ein Verein namens »Für die gute alte Heimat, gegen schädliche Einflüsse«. Außerdem gehörten anderthalbtausend Personen siebenhundertundeins Zirkeln an, wo man sang, Sketche spielte und lernte, Möbel aufzustellen, Kindern die Brust zu geben oder Katzen zu kurieren. Im Verbrauch alkoholischer Getränke, natürlichen Fleischs und flüssigen Sauerstoffs nahm die Stadt pro Kopf den sechsten, den zwölften und den dreizehnten Platz in Europa ein. Es gab sieben Männer- und fünf Frauenklubs sowie die Sportklubs »Stiere« und »Nashörner«. Zum Bürgermeister der Stadt war ein gewisser Flim Gao gewählt worden (mit einer Mehrheit von sechsundvierzig Stimmen). Auch unter den Mitgliedern der Stadtverwaltung fand ich Pek nicht …
    Ich legte den Reiseführer beiseite, zog mir die Jacke aus und machte mich an die eingehende Besichtigung meiner Räume. Der Salon gefiel mir. Er war in Blautönen gehalten, und ich liebe diese Farbe. Die Bar war mit Flaschen und gekühlten Speisen gefüllt, sodass ich sofort ein Dutzend ausgehungerte Gäste hätte empfangen können.
    Im Arbeitszimmer standen ein großer Tisch und ein bequemer Sessel vor dem Fenster. Die Regale an den Wänden waren mit gesammelten Werken vollgestopft. Die sauberen vielfarbigen Buchrücken bildeten eine angenehme Farbskala, so kunstvoll waren sie geordnet. Das obere Brett wurde von einem fünfzigbändigen enzyklopädischen Wörterbuch eingenommen, herausgegeben von der UNESCO , auf dem unteren schimmerten die bunten Glanzpapierumschläge von Kriminalromanen.
    Auf dem Tisch bemerkte ich als Erstes das Telefon. Ich hob den Hörer ab, setzte mich auf die Armlehne des Sessels und wählte Riemaiers Nummer. Ich hörte ein langgezogenes Tuten. Während ich wartete, drehte ich das kleine Diktiergerät hin und her, das jemand stehen gelassen hatte. Riemaier meldete sich nicht. Ich legte den Hörer auf und untersuchte das Gerät. Das Band war zur Hälfte benutzt, ich spulte es um und schaltete auf Hören.
    »Willkommen, willkommen und nochmals willkommen!«, sagte eine fröhliche Männerstimme. »Ich drücke dir fest die Hand oder küsse dir das Wänglein, je nachdem, welchen Geschlechts und wie alt du bist. Ich habe hier zwei Monate gewohnt und mich sehr wohl gefühlt. Erlaube mir ein paar Ratschläge. Das beste Etablissement der Stadt ist das ›Hoity-Toity‹ im Park der Träume. Das beste Mädchen in der Stadt ist Bassja aus dem Haus der Modelle. Der beste Junge in der Stadt bin ich, aber ich bin schon abgereist. Im Stereovisor sieh dir das neunte Programm an, alles andere kann man vergessen. Lass dich nicht mit den Intels ein, und hüte dich vor den ›Nashörnern‹. Kauf nichts auf Kredit – du kannst dich sonst vor Scherereien nicht retten! Die Witwe ist gutherzig, aber redet gern, und überhaupt … Wusi habe ich nicht getroffen, sie war zur Oma ins Ausland gereist. Ich glaube, sie ist ein hübsches Ding, die Witwe hatte ein Foto von ihr im Album, das habe ich mir genommen. Und noch eins: Ich komme nächstes Jahr im März wieder, bitte sei so nett und such dir eine andere Zeit, falls du das Gleiche vorhast. Nun, sei …« Musik begann zu dudeln. Ich hörte ein Weilchen zu und schaltete das Gerät aus. Von den Werkausgaben ließ sich kein einziger Band herausziehen, so fest steckten sie oder waren sogar zusammengeklebt. Weiter hatte das Arbeitszimmer nichts Interessantes zu bieten, und ich ging ins Schlafzimmer.
    Dort war es besonders kühl und gemütlich. So ein Schlafzimmer hatte ich mir schon immer gewünscht, aber nie war ich dazu gekommen, es mir einzurichten. Das Bett war groß und niedrig. Auf dem Nachttisch standen ein eleganter Fonor und eine Fernbedienung für den Stereovisor. Der Bildschirm hing über dem hohen Fußende des Bettes. Über dem Kopfende hatte die Witwe ein Bild aufgehängt, das natürlich wirkende frische Feldblumen in einer Kristallvase zeigte. Das Bild war mit Leuchtfarben gemalt, und die Tautropfen auf den Blütenblättern glänzten im Dämmerlicht.
    Auf gut Glück schaltete ich den Stereovisor ein und ließ mich aufs Bett fallen. Es war weich und prall zugleich. Das Gerät brüllte los. Aus dem Bildschirm sprang ein Betrunkener, durchbrach ein Geländer und stürzte in einen riesigen dampfenden

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