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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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ging alles gut, aber dann zückten sie Schlagringe, und ich schaffte es kaum, ihnen auszuweichen. Ich presste mich mit dem Rücken an die Wand und sah meine Gegner an, während sie wiederum – keuchend – mich ansahen. Es waren nur noch zwei. Im Saal wurde gehüstelt. Von der Galerie kamen noch vier herunter, die Stufen der Holztreppe knarrten und quietschten unter ihren Sprüngen. Das ist schlecht, dachte ich und stürmte vor, um durchzubrechen.
    Das war Schwerstarbeit, wie in Manila, aber dort waren wir zu zweit gewesen. Leider schossen sie nicht, ich hätte sonst einem von ihnen die Pistole abgenommen. Alle sechs empfingen mich mit Schlagringen und Gummiknüppeln. Zum Glück war es eng. Meinen linken Arm konnte ich nicht mehr gebrauchen. Plötzlich sprangen vier von ihnen zurück, während mir der fünfte aus einem flachen, glänzenden Gefäß kalten Unflat überschüttete.
    Das Licht erlosch.
    Derlei Scherze kannte ich. Jetzt sahen sie mich, sie hingegen waren für mich unsichtbar. Bestimmt wäre es um mich geschehen gewesen, hätte nicht irgendein Esel die Tür aufgemacht und mit tiefem Bass gerufen: »Verzeihung, ich habe mich schrecklich verspätet, es tut mir unendlich leid …« Ich stürzte über fallende Körper zum Licht, rannte den Neuankömmling um, raste durchs Vestibül, stieß die Paradetür auf und lief, die linke Hand mit der rechten haltend, den Sandweg entlang. Niemand verfolgte mich, dennoch rannte ich durch zwei Straßen, bevor es mir einfiel stehen zu bleiben.
    Ich sank zu Boden, lag lange auf dem hartem Gras und atmete gierig die Treibhausluft ein. Sogleich sammelten sich Neugierige. Sie standen im Halbkreis um mich herum und gafften stumm. »Haut ab!«, sagte ich schließlich und stand auf. Eilig entfernten sie sich. Ich versuchte, mir klarzuwerden, wo ich mich befand, dann machte ich mich auf den Heimweg. Für heute hatte ich genug. Ich begriff nichts, dennoch reichte es mir vollauf. Wer immer sie auch sein mochten, diese Mitglieder der edlen Gesellschaft der Mäzene – heimliche Kunstliebhaber, nicht geschlagene aristokratische Verschwörer oder sonst wer –, sie hatten schonungslos und schmerzhaft zugeschlagen, und der größte Dummkopf im Saal war offensichtlich ich gewesen.
    Ich kam am Platz vorbei, wo die bunten Leuchten wieder gleichmäßig aufflammten und Hunderte von hysterischen Kehlen »Bibberlein! Bibberlein!« brüllten. Auch davon hatte ich genug. Angenehme Träume sind freilich besser als die unangenehme Wirklichkeit, aber wir leben nun einmal nicht im Traum … In dem Lokal, in das Wusi mich geführt hatte, trank ich eine Flasche eiskaltes Mineralwasser, stierte, verschnaufend, auf die an der Theke lungernde Polizeistreife, dann marschierte ich in meine Vorortstraße. Hinter dem linken Ohr schwoll mir eine Beule von der Größe eines Tennisballs. Ich taumelte und hielt mich möglichst nah am Zaun. Dann hörte ich Stimmen hinter mir und das Klappern von Absätzen.
    »… Dein Platz war im Museum, nicht in der Kneipe!«
    »Nichts da … Ich bin nicht betrunken. W-warum begreift ihr nicht, bloß eine Flasche M-mosel …«
    »Unverschämtheit! Lässt sich volllaufen und gabelt sich eine Hure auf …«
    »Was heißt hier Hure? Das war ein Aktmodell …«
    »Fängt wegen der Hure eine Schlägerei an und reißt uns mit rein …«
    »W-warum, zum Teufel, glaubt ihr ihnen und nicht mir?«
    »Weil du betrunken bist! Du bist genauso verkommen wie die, noch schlimmer …«
    »Nichts da! Den Sch-schurken mit dem A-armband hab ich mir gemerkt … Lasst mich! Ich kann alleine gehn!«
    »Gar nichts hast du dir gemerkt, Freundchen. Die Brille hatten sie dir im Handumdrehen runtergeschlagen, und ohne Brille bist du kein Mensch, sondern ein blindes Huhn. Sei nicht so störrisch, sonst landest du im Springbrunnen.«
    »Ich warne dich, noch so ein Streich, und du fliegst raus. Ein betrunkener Kulturträger – Unverschämtheit!«
    »Haltet ihm keine Moralpredigten, soll der Mann erst mal seinen Rausch ausschlafen …«
    »Jungs! D-da ist er, der Sch-schurke!«
    Die Straße war leer, und der Schurke war offensichtlich ich. Mein linker Arm ließ sich schon wieder beugen und strecken, aber er schmerzte noch sehr, und ich blieb stehen, um sie vorbeizulassen. Es waren drei Burschen mit gleichen, in die Stirn geschobenen Schirmmützen. Der eine war stämmig und muskulös und amüsierte sich offensichtlich. Er hatte einen anderen untergefasst, der lang war wie eine Bohnenstange, sich schlenkernd

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