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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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gut sei, dass der Kosmos in nie dagewesenem Tempo erschlossen werde (das stimmt), dass die Energie Milliarden Jahre reicht (auch das stimmt), dass das Leben immer interessanter und abwechslungsreicher werde (zweifellos, aber nicht für die Dummköpfe), aber dass die schwarzmalenden Demagogen, denen die Interessen des Volkes fremd waren, jedweden Tadel verdienten (wobei man mit Demagogen Menschen meinte, die der Ansicht sind, dass in unserer Zeit jeder Eitertropfen fähig ist, die gesamte Menschheit zu infizieren, so wie die Bierputsche einst zu einer Bedrohung für die ganze Welt ausarteten). Dummköpfe und Verbrecher … Verbrecherische Dummköpfe …
    »Arbeit tut not«, sagte ich laut. »Zum Teufel mit der Melancholie. Wir werden es euch Skeptikern zeigen!«
    Es war Zeit, zu Riemaier zu gehen. Freilich, die Fischer … Ach, die Fischer konnte ich auch später aufsuchen. Ich hatte es satt, im Dunkeln zu tappen. Ich ging auf den Hof und hörte, wie Waina auf der Terrasse Len das Frühstück reichte.
    »Ich mag nicht, Mama!«
    »Iss, mein Junge. Man muss essen. Du bist so blass.«
    »Ich mag aber nicht! Diese ekligen Klümpchen …«
    »Wo sind denn Klümpchen? Na warte, ich esse sie selber. Hmm! Das schmeckt! Koste mal, du wirst sehen, wie gut das schmeckt.«
    »Aber wenn ich nicht mag! Ich bin krank, und ich gehe nicht in die Schule.«
    »Len, was soll das! Du hast ohnehin eine Menge versäumt.«
    »Und wenn schon …«
    »Wie kannst du das sagen? Der Direktor hat mich schon zweimal zu sich bestellt. Man wird uns bestrafen!«
    »Sollen sie doch!«
    »Iss, iss, mein Junge. Vielleicht hast du nicht ausgeschlafen?«
    »Ich habe nicht ausgeschlafen! Und der Bauch tut mir weh. Und der Kopf. Und der Zahn. Guck mal, der …«
    Lens Stimme klang launisch, und ich stellte mir seine schmollenden Lippen vor, den baumelnden Fuß in der Socke. Ich trat aus dem Tor. Der Tag war wieder hell und sonnig, die Vögel zwitscherten. Es war noch früh, und auf dem Weg zum »Olympic« begegneten mir nur zwei Männer. Sie gingen nebeneinander am Rand des Bürgersteigs und sahen scheußlich aus in dieser heiteren Welt des frischen Grüns unter klarem Himmel. Der eine war hellrot angemalt, der andere hellblau. Sie schwitzten. Mühsam atmeten sie mit weit offenen Mündern. Ihre Augen waren blutunterlaufen. Unwillkürlich knöpfte ich mein Hemd auf und seufzte erleichtert, als das merkwürdige Paar vorbei war.
    Im Hotel fuhr ich sogleich in das achte Stockwerk hinauf. Ich war entschlossen gestimmt. Riemaier würde mir, ob er wollte oder nicht, alles erzählen müssen, was mich interessierte. Doch ich brauchte ihn jetzt nicht nur deswegen – ich brauchte ihn als Zuhörer, denn in diesem sonnigen Narrenhaus konnte ich bislang nur mit ihm offen sprechen. Zwar war er nicht der Riemaier, mit dem ich ursprünglich gerechnet hatte, aber das würde ich auch noch zur Sprache bringen.
    Vor Riemaiers Tür stand der rothaarige Oscar; bei seinem Anblick verlangsamte ich den Schritt. Den Kopf in den Nacken gelegt, zog er nachdenklich den Schlips zurecht. Er sah besorgt aus.
    »Hallo!«, sagte ich, um mit irgendetwas anzufangen.
    Er zuckte mit den Augenbrauen, blickte mich an, und ich sah, dass er sich an mich erinnerte. Langsam brachte er hervor: »Guten Tag.«
    »Wollen Sie auch zu Riemaier?«, fragte ich.
    »Riemaier fühlt sich nicht gut«, erwiderte er. Offenbar hatte er nicht die Absicht, mich durchzulassen.
    »Wie bedauerlich«, sagte ich und rückte näher. »Was hat er denn?«
    »Ihm ist nicht wohl.«
    »Ach, ach, ach«, sagte ich. »Da müsste man sich ihn mal ansehen …« Ich trat dicht an Oscar heran, der sich nicht von der Stelle rührte, und sofort begann mir die Schulter weh zu tun.
    »Ich bin nicht sicher, ob das wirklich sein muss«, sagte er gallig.
    »Was sagen Sie da? Steht es denn so schlecht um ihn?«
    »Richtig. Sehr schlecht. Und Sie dürfen ihn nicht beunruhigen. Weder heute noch an anderen Tagen.«
    Ich bin anscheinend noch rechtzeitig gekommen, dachte ich. Hoffentlich ist es nicht zu spät.
    »Sie sind ein Verwandter von ihm?«, fragte ich überaus friedfertig.
    Er grinste. »Ich bin sein Freund. Der beste, den er in dieser Stadt hat. Sozusagen ein Freund aus der Kindheit.«
    »Rührend«, sagte ich. »Und ich bin mit ihm verwandt. Eine Art Bruder. Lassen Sie uns hineingehen und sehen, was Freund und Bruder für den armen Teufel Riemaier tun können.«
    »Vielleicht hat der Bruder schon genug für Riemaier getan?«
    »Na hören

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