Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
Vom Netzwerk:
gewohntes Lächeln. »B-Bitte Platz zu nehmen. Zeit ist G-Geld. St-Steinbeißer ist zwar ein Schwätzer, aber auch er ist sicher b-bald fertig. C-Cristo, schildere mal die Situation, bei mir kommt ja doch nichts V-Vernünftiges dabei raus.«
    Wir setzten uns. Cristóbal Joséwitsch kniff wegen des Rauchs das rechte Auge zu und sah uns prüfend an.
    »Dann beginne ich, wenn’s recht ist«, wandte er sich an Fjodor Simeonowitsch. »Die Umstände dieser Angelegenheit, junge Herrschaften, sind folgende: Es wäre angemessen, wenn zunächst einmal wir Erfahrene und Kundige ins sechsundsiebzigste Geschoss hinaufführen. Leider sind wir aber nach Meinung der Administration zu alt und zu ehrwürdig für die erste Testfahrt. Daher werdet ihr diese Aufgabe übernehmen, und ich warne euch gleich: Das ist keine Spazierfahrt, sondern eine Aufklärungsmission, vielleicht sogar ein Kampfeinsatz. Ihr werdet Durchhaltevermögen, Mut und extreme Vorsicht an den Tag legen müssen. Ich persönlich kann diese Eigenschaften nicht in euch erkennen, bin aber bereit, Fjodor Simeonowitschs Empfehlung mitzutragen. In jedem Fall seid euch bewusst, dass ihr aller Voraussicht nach auf feindlichem Gebiet operieren werdet – und es ist ein unerbittlicher, grausamer Feind, der vor nichts Halt macht.«
    Diese Einleitung machte mich schaudern, doch dann begann Cristóbal Joséwitsch darzulegen, worum es ging: Im sechsundsiebzigsten Geschoss befand sich offenbar die alte Stadt Tmuskorpion, die der rachsüchtige Weise Oleg seinerzeit als Trophäe in Besitz genommen hatte. Seit Urzeiten schon war Tmuskorpion der Mittelpunkt seltsamer Phänomene und der Schauplatz merkwürdiger Ereignisse. Warum das so war, wusste niemand, und doch wurde alles, was in einer bestimmten Phase des wissenschaftlichen, technischen und sozialen Fortschritts nicht rational erklärt werden konnte, dort eingelagert, bis bessere Zeiten anbrachen. So gründete bereits zu der Zeit, als Peter der Große in »St. Piterburch« die berühmte Kunstkammer einrichtete, die Solowetzer Verwaltung in Gestalt des Kanoniers Ptacha und seiner Grenadierstaffel nach dem Petersburger Vorbild in Tmuskorpion die »Seiner Kaiserlichen Majestät Höchst Wundervollen und Höchst Erstaunlichen Künste Kammer mitsamt Verlies und zwei Schwitzbädern«. Damals war das sechsundsiebzigste Geschoss noch das zweite, von Aufzügen hatte noch niemand je gehört, und in »S. K. M. Künste Kammer« gelangte man um einiges leichter als beispielsweise ins Schwitzbad. Im weiteren Verlauf jedoch wurde in dem Maße, in dem sich das Institut nach allen Seiten ausdehnte, der Zugang dorthin zusehends erschwert und mit dem Auftauchen des Aufzugs schließlich vollends unterbrochen. Die Sammlung der Kunstkammer wuchs indes beständig weiter, füllte sich mit neuen Exponaten, wurde unter Katharina der Großen zum »Kaiserlichen Museum der Zoologischen und Sonstigen Naturwunder«, unter Alexander II. zum »Russländischen Kaiserlichen Schutzgebiet für Magische, Spiritistische und Okkulte Phänomene« sowie schließlich zur Staatlichen Kolonie Unerklärter Phänomene beim FIFHUZ der Akademie der Wissenschaften. Die Erfindung des Aufzugs und ihre verheerenden Folgen verhinderten die weitere Nutzung dieser Schatzkammer zu wissenschaftlichen Zwecken. So wurde die Korrespondenz mit der dortigen Administration außerordentlich erschwert – mit der unausweichlichen Konsequenz, dass sie sich immer weiter verzögerte: Ließ man den Schriftverkehr von oben an Seilen herab, rissen diese unter dem eigenen Gewicht, und auf der anderen Seite weigerten sich die Brieftauben, so hoch hinaufzufliegen. Die Funkverbindung war wegen der rückständigen Tmuskorpioner Technik zu schwach, und der Einsatz von Luftschiffen trieb nur den Verbrauch des ohnehin defizitären Heliums in die Höhe … Doch all dies war nur die Vorgeschichte.
    Vor etwa zwanzig Jahren hatte der Aufzug aus einer plötzlichen Laune heraus eine Inspektionskommission des Solowetzer Städtischen Kommunalwirtschaftsrats ins sechsundsiebzigste Geschoss befördert. Deren bescheidener Auftrag war es eigentlich gewesen, die verstopfte Kanalisation von Professor Wybegallos Labor im vierten Stock zu untersuchen. Was damals genau passierte, ist bis heute unbekannt. Ein Mitarbeiter Wybegallos, der die Kommission auf dem Treppenabsatz erwartet hatte, erzählte später, die Aufzugkabine sei mit einem ohrenbetäubenden Geheul den Schacht hinaufgerast, für einen Augenblick habe er hinter

Weitere Kostenlose Bücher