Gesammelte Werke 6

der Glastür verzerrte Gesichter gesehen, aber dann sei die furchtbare Vision auch schon verschwunden gewesen. Exakt eine Stunde später wurde die Kabine im zwölften Geschoss entdeckt, dampfend, schnaubend und noch immer zitternd vor Aufregung. Die Kommission befand sich nicht mehr darin; dafür hatte jemand den Umschlag des Mängelprotokolls mit Büroleim an die Wand geklebt. Die Notiz darauf lautete: »Beginne mit Untersuchung. Sehe seltsamen Stein. Gen. Farfurkis gerügt wg. Verschwindens im Gebüsch. Kommissionsvorsitzender L. Wunjukow.«
    Lange Zeit wusste niemand, wo genau L. Wunjukow und seine Untergebenen die Kabine verlassen hatten. Die Miliz kam, und es gab jede Menge Scherereien. Einen Monat später entdeckte man auf dem Dach der Kabine zwei versiegelte Tüten, die an den Leiter des Städtischen Kommunalwirtschaftsrats adressiert waren. Die eine enthielt einen Packen Anordnungen auf Papirossa-Papier, auf denen mal der Genosse Farfurkis, mal der Genosse Chlebowwodow gerügt wurde – zumeist aufgrund individualistischer Verhaltens weisen und unverständlicher »Subo-Tendenzen«. In der zwei ten Tüte befanden sich die Unterlagen zur Untersuchung der Kanalisation von Tmuskorpion (deren Zustand als unbefriedigend eingestuft wurde) sowie Anträge auf Hochgebirgszulagen und zusätzliche Tagegelder, die an die Buchhaltung adressiert waren.
    Von diesem Zeitpunkt an traf die Korrespondenz von oben mit einer gewissen Regelmäßigkeit ein. Zunächst enthielt sie noch die Sitzungsprotokolle der Inspektionskommission des Städtischen Kommunalwirtschaftsrates, dann nur noch die Sitzungsprotokolle der Inspektionskommission, dann der Sonderkommission zur Untersuchung bestimmter Umstände, dann plötzlich der Provisorischen Troika zur Untersuchung der Tätigkeit des Bürgers Subo, Kommandant der Kolonie Unerklärter Phänomene, und schließlich drei Eingaben »über die kriminelle Fahrlässigkeit«, die L. Wunjukow als Vorsitzender der Troika zur Rationalisierung und Nutzbarmachung Unerklärter Phänomene (TRNUP) unterzeichnete. Von oben kamen nun keine Protokolle mehr, sondern zunehmend Rundschreiben und Anweisungen. Sowohl formal als auch inhaltlich handelte es sich um grauenvolle Dokumente. Sie belegten unumstößlich, dass die einstige Kommission des Städtischen Kommunalwirtschaftsrats die Macht in Tmuskorpion an sich gerissen hatte, aber nicht in der Lage war, mit dieser vernünftig umzugehen.
    »Die größte Gefahr liegt darin«, fuhr Cristóbal Joséwitsch in gemessenem Ton fort, während er immer wieder einmal an seiner erloschenen Zigarre zog, »dass diese Gauner den berühmten ›Großen Runden Stempel‹ in ihrer Hand haben. Ich hoffe, Sie wissen, was das bedeutet …«
    »Allerdings«, antwortete Edik leise. »Aber das lässt sich nun mal nicht ändern.« Sein klarer Gesichtsausdruck hatte sich eingetrübt. »Wie wäre es, wenn wir den Remoralisator einsetzen?«
    Cristóbal Joséwitsch und Fjodor Simeonowitsch tauschten Blicke.
    »Das könnte man natürlich versuchen«, sagte Cristóbal Joséwitsch. Er zuckte mit den Schultern. »Ich fürchte allerdings, dass die Prozesse inzwischen zu weit fortgeschritten sind …«
    »N-Nein, warum denn?«, wandte Fjodor Simeonowitsch ein. N-Nur zu, v-versuchen Sie es, Edik. Wir können hier ja nicht mit Maschinenpistolen vorgehen. Übrigens: W-Wybegallo ist noch immer dort …«
    »Wie das?«, fragten wir überrascht.
    Wie sich herausstellte, war vor drei Monaten von oben eine Anforderung für einen wissenschaftlichen Berater mit fantastischer Besoldung eingetroffen. Niemand hielt die Summe für realistisch, am wenigsten Professor Wybegallo. Der war gerade dabei, eine große Arbeit abzuschließen, in der es um die Aufzucht von Regenwürmern ging, die so dressiert waren, dass sie sich von selbst auf den Angelhaken spießten. Auf der Versammlung des Wissenschaftsrats bekundete Wybegallo sein Misstrauen vor aller Ohren, aber noch am selben Abend ließ er alles stehen und liegen und ergriff die Flucht. Viele hatten beobachtet, wie er, seine Aktentasche zwischen den Zähnen, die Innenwand des Aufzugschachts hinaufkletterte, wobei er jedes fünfte Geschoss ausstieg, um sich im dortigen Erfrischungsraum zu stärken. Eine Woche später traf die Order ein, Professor A. A. Wybegallo als wissenschaftlichen Berater bei der TRNUP einzustellen, mit dem versprochenen Gehalt sowie weiterer Zuschläge aufgrund seiner Fremdsprachenkenntnisse.
    »Danke«, sagte Edik höflich. »Das sind