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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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sich schwer, diese Erzählung, Blut und Wasser schwitzte ich dabei. Ich weiß noch, wie ich ihretwegen auf mehrere Dienstreisen in verschiedene Truppenteile fuhr und mir dabei mein rechtes Ohr anfror, und trotzdem brachte das alles nichts. Die Erzählung wurde abgelehnt. Aber wenigstens forderten sie den Vorschuss nicht zurück …
    Ich blätterte durch Seiten mit gleichförmigen Einträgen: »02. 04. 5 S. geschr., abends 2 S. Insgesamt 135 S.; 3. 04. 4 S. geschr., ab. 1 S. Insgesamt 140 …«
    Das ist bei mir ein untrügliches Zeichen: Mache ich nur rein sachliche Aufzeichnungen, läuft die Arbeit entweder sehr gut oder überhaupt nicht. Unter dem 7. April steht übrigens eine merkwürdige Zeile: »Habe eine Beschwerde an den regierenden Senat geschrieben.« Und weiter: »19. 4. Ekelhaft, wie ein Zigarettenstummel im Pissoir.« Und: »3. 5. Nichts lässt einen so sehr reifen wie Verrat.«
    Und da ist ja auch der Tag, an dem ich anfing, mir moderne Märchen auszudenken.
    »21. Mai 72: Die Geschichte eines Arbeiters, der in ein neues Haus zieht. Er beschäftigt einen Parkettschleifer, einen Möbelträger und einen Klempner – alles Doktoren. Und alle sitzen dann in der Wohnung fest. Der Parkettschleifer hängt mit dem Finger im Parkett, den Möbelträger klemmt man hinter einem Schrank ein, und der Klempner trinkt statt Schnaps ein Elixier und wird unsichtbar. Außerdem kommt darin noch ein Hausgeist vor sowie ein Bauarbeiter, der im Lüftungsschacht eingemauert ist. Und dann erscheint Katja.«
    Das ist keins von den richtigen »Modernen Märchen«; bis zu denen war es damals noch ein weiter Weg. An diesem Sujet scheiterte ich jedenfalls, und heute weiß ich nicht einmal mehr, was das für ein Neuankömmling war, warum ein Hausgeist herumspukte, und was es mit dem Elixier auf sich hatte …
    Oder noch eine Idee aus jener Zeit:
    »28. 10. 72: Ein Mann, Zauberkünstler, den man für einen Außerirdischen hält.« Damals waren alle ringsum völlig aus dem Häuschen wegen dieser fliegenden Untertassen. Man sprach nur noch von den vernunftbegabten Brüdern, von der Terrasse von Baalbek, von den Zeichnungen von Tassili. Und da kam mir diese Idee: Ein Mann lebt so vor sich hin, denkt an nichts dergleichen, ist Zauberkünstler, und zwar ein sehr guter – und bemerkt auf einmal ein Interesse an seiner Person, das ihn beunruhigt. Die Nachbarn auf seiner Etage beginnen eigenartige Gespräche mit ihm, der Revierinspektor schaut vorbei, fragt nach seinen Requisiten und schwatzt etwas vom Energieerhaltungssatz: »Dieses Ei, das Sie da immer verschwinden lassen, mein Herr, stimmt nicht mit dem gegenwärtigen Wissen vom Energieerhaltungssatz überein.« Schließlich wird der Mann zur Kaderabteilung bestellt, wo einer sitzt, der ihm bekannt vorkommt und der nur ein Auge hat. Der Kaderleiter stellt dem Helden verschiedene Fragen: wie viele Kirchen es in seiner Heimatstadt Sabubensk gebe, wem das Denkmal auf dem zentralen Platz gelte und ob er sich nicht erinnere, wie viele Fenster die Fassade des Sabubensker Stadtsowjets habe … Der Held erinnert sich natürlich nicht, und die Atmosphäre des Misstrauens wächst; schon wird eine medizinische Zwangsuntersuchung erwogen … Bis zum Ende der Geschichte kam ich nicht mehr, weil ich das Interesse daran verlor. Das bedaure ich jetzt sehr.
    Am 2. November ist eingetragen: »Nicht gearbeitet, habe Bauchschmerzen«, und am 3. die kurze Notiz: »mit halber Kraft«.
    Voll (angenehmer) Wehmut blätterte ich mein Arbeitstagebuch durch, Seite für Seite.»Der Mensch ist ein Seelchen, von einem Leichnam belastet. Epiktet.«
    »Die Sonne schönster Ferien – Lawrenti Palytsch Berien.«
    »Gegen wen sind Sie befreundet?«
    »Rektale Literatur.«
    »Nur jene Wissenschaften, die die Anordnungen der Obrigkeit erfüllen helfen, verbreiten Licht. Saltykow-Schtschedrin.«
    »Er brannte Spiritus aus den Nägeln der Alkoholiker.«
    Und hier wieder etwas für die »Modernen Märchen«:
    »Der Kater Elegant. Ein Hund mit Nachnamen Treuer, auch Roy genannt. Ein Junge, Wunderkind, der gerade die ›Kubischen Formen‹ J. Manins liest, ein Brillenträger; beim Abwaschen singt er gern Lieder von Wyssozki. Zwölf Jahre im Oktalsystem. Zitiert die Werke von Illitsch-Swjatytsch. Kommt der Kater am Morgen von der Chorprobe zurück, wäscht er Handschuhe. Den Hund lehrt man, beim Essen nicht zu schnaufen, nicht zu schmatzen und Messer und Gabel zu gebrauchen. Daraufhin verschwindet der Hund vom Tisch und

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