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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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schade.«
    »Geizkragen«, warf ihm Viktor vor. »Schon als Kind warst du so. Die Villa ist ihm zu schade! Steck dir deine Villa doch an den Hut.«
    »Du liebst mich nicht«, sagte Dr. Quadriga bitter. »Niemand liebt mich.«
    »Und der Herr Präsident?«, fragte Viktor angriffslustig.
    »›Der Präsident – der Vater des Volkes‹«, zitierte Dr. Quadriga und lebte wieder auf. »Eine in goldenen Tönen gehaltene Studie … ›Der Präsident in vorgeschobener Stellung‹. Ein Fragment des Gemäldes ›Der Präsident an vorderster Front‹.«
    »Was noch?«, fragte Viktor interessiert.
    »›Der Präsident im Regenmantel‹«, antwortete Dr. Quadriga bereitwillig. »Ein Panoramawandbild.«
    Gelangweilt schnitt Viktor sich ein Stück Neunauge ab und hörte Golem zu.
    »Hören Sie, Pavor«, bat er, »lassen Sie mich in Ruhe. Was kann ich denn noch tun? Die Bilanzen habe ich Ihnen vorgelegt, und ich bin bereit, Ihren Bericht zu unterschreiben. Wenn Sie sich über die Soldaten beschweren wollen, dann tun Sie’s. Wenn Sie sich über mich beschweren wollen …«
    »Ich will mich nicht über Sie beschweren«, widersprach Pavor und legte die Hand aufs Herz.
    »Umso besser.«
    »Dann geben Sie mir einen Rat! Oder können Sie mir nichts raten?«
    »Meine Herren«, schaltete sich Viktor ein. »Es ist stinklangweilig. Ich gehe.«
    Niemand beachtete ihn. Er schob seinen Stuhl zurück, stand auf und ging in dem Gefühl, sehr betrunken zu sein, zum Tresen.
    Der kahlköpfige Teddy polierte Flaschen und sah ihn gleich mütig an.
    »Wie immer?«, erkundigte er sich.
    »Warte«, bat Viktor. »Was wollte ich dich doch gleich fragen? Ach ja! Wie geht’s dir, Teddy?«
    »Es regnet«, antwortete Teddy kurz angebunden und goss ihm einen Klaren ein.
    »Das Wetter in unserer Stadt ist scheußlich geworden«, klagte Viktor und lehnte sich über den Tresen. »Was meint dein Barometer?«
    Teddy griff unter den Tresen und holte den »Wettermann« hervor. Alle drei Zeiger lagen fest an der glänzenden, wie lackiert wirkenden Säule an.
    »Sieht trübe aus«, meinte Teddy, während er den Wettermann aufmerksam betrachtete. »Eine teuflische Erfindung.« Und nach kurzem Nachdenken fügte er hinzu: »Aber wer weiß, vielleicht ist das Ding schon lange kaputt – wie soll man’s nachprüfen, wenn es schon jahrelang regnet?«
    »Man könnte damit in die Sahara fahren«, schlug Viktor vor.
    Teddy grinste.
    »Komisch«, sagte er. »Der Herr dort – Pavor – hat mir zwei hundert Kronen dafür geboten.«
    »Im Suff«, vermutete Viktor. »Was will er damit?«
    »Das habe ich ihn auch gefragt.« Teddy wendete den Wettermann hin und her und hielt ihn vor sein rechtes Auge. »Ich geb ihn nicht her«, sagte er entschieden. »Soll er sich selber einen besorgen.« Er schob den Wettermann unter den Tresen, sah zu, wie Viktor das Glas in den Händen drehte, und flüsterte: »Deine Diana ist hier.«
    »Schon lange?«, fragte Viktor lässig.
    »Seit fünf Uhr circa. Ich habe ihr eine Kiste Kognak hochgeschickt. Roßschäper findet mal wieder kein Ende. Dieser Fettwanst scheucht das Personal nach Kognak durch die Gegend, ein feines Parlamentsmitglied. Hast du keine Angst um Diana?«
    Viktor zuckte die Achseln. Plötzlich entdeckte er Diana. Sie stand in einem nassen Regencape mit zurückgeschlagener Kapuze am Tresen und schaute in die andere Richtung. Er sah nur ihr Profil und dachte, dass sie von all seinen Frauen die schönste war und er so eine wohl nie wieder finden würde. Sie stützte sich auf den Tresen, ihr Gesicht war blass und gleichgültig, und sie war die Schönste von allen – alles an ihr war schön. Immer. Ob sie weinte oder lachte, ob sie wütend war oder auf alles pfiff, ja, sogar wenn sie fror, und ganz besonders, wenn es sie überkam … Ich bin total betrunken, dachte Viktor, und wahrscheinlich stinke ich wie Dr. Quadriga. Er schob die Unterlippe vor und hauchte sich unter die Nase. Nichts festzustellen.
    »Die Straßen sind nass und glatt«, sagte Teddy. »Und dieser Nebel … Außerdem ist Roßschäper bestimmt ein Schürzenjäger und ein geiler Bock.«
    »Roßschäper ist impotent«, widersprach Viktor und kippte den Klaren wie mechanisch hinunter.
    »Hat sie dir das erzählt?«
    »Hör auf, Teddy«, bat Viktor. »Lass gut sein.«
    Teddy musterte ihn forschend, seufzte, ging ächzend in die Hocke, kramte unter dem Tresen und stellte ein Fläschchen Salmiakgeist und ein angebrochenes Päckchen Tee vor Viktor hin. Viktor sah auf die Uhr und

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