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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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zweifelhafte Autoritat König Artus’ ins Feld führte. An jedem Schild war mit Tapeziernägeln eine blecherne Inventarnummer befestigt. Eigentlich hätten auf der einen Seite sämtliche berühmte Schlachten der Vergangenheit und auf der anderen sämtliche große Schlachten der Zukunft abgebildet sein müssen. Tatsächlich aber prangte auf dem Schild, vor dem ich stand, eine Art Düsenjäger, der eine Fahrzeugkolonne angriff, während die Innenseite mit Mustern bedeckt war, die an abstrakte Gemälde erinnerten.
    Der Dschinn wurde auf dem Rütteltisch durchgeschüttelt. Er kicherte und kreischte: »Oh, wie das kitzelt …! Oh, ich kann nicht mehr!« Ich kehrte in den Korridor zurück. Hier roch es nach bengalischem Feuer. Unter der Decke kreisten Nachtfalter, die immer wieder gegen die Wände stießen und bunte Rauchfahnen hinter sich herzogen. Raketen zischten durch die Gänge. Wolodja Potschkins Double kam mir entgegen, es schleppte eine gigantische Inkunabel mit kupfernen Schließen; zwei Doubles Roman Oira-Oiras ächzten unter der Last eines gewaltigen U-Trägers, und schließlich kam Roman selbst mit einem Stapel himmelblauer Mappen aus dem Archiv der Abteilung für Unlösbare Probleme. Anschließend lief mir noch ein grimmig dreinschauender Laborant aus der Abteilung für den Sinn des Lebens über den Weg, der eine Schar zeternder Gespenster in den Umhängen von Kreuzrittern zu Cristóbal Junta zum Verhör brachte. Sie alle waren sehr beschäftigt.
    Die Arbeitsgesetzgebung wurde vorsätzlich verletzt, und ich merkte, dass ich absolut keine Lust mehr hatte, dagegen anzugehen. All diese Leute hatten sich in der Neujahrsnacht durch den Schneesturm gekämpft, weil sie lieber ein nützliches Werk in Angriff nahmen oder vollendeten, als sich mit Wodka zu betrinken, sinnlos die Beine zu verrenken, Pfänderspiele zu veranstalten und sich in Flirts zu stürzen. Die Leute waren gern zusammen, und Feiertage waren ihnen ein Gräuel, weil sie sich ohne Arbeit langweilten. Es waren Magier, echte Menschen, deren Devise lautete: »Der Montag fängt am Samstag an.« Ja, sie kannten die eine oder andere Beschwörungsformel, sie konnten Wasser in Wein verwandeln, und jeder von ihnen hätte leicht fünftausend Menschen mit fünf Brotlaiben sättigen können. Aber nicht des halb wurden sie zu Magiern. Das machte sie nicht aus. Magier waren sie, weil sie viel wussten, so viel, dass bei ihnen die Quantität schließlich in Qualität umschlug und sie zur Welt ein anderes Verhältnis bekamen als andere Menschen. Sie arbeiteten in einem Institut, das sich vor allem mit dem menschlichen Glück und mit dem Sinn des Lebens befasste, aber auch sie wussten nicht genau, was das Glück ist und worin der Sinn des Lebens besteht. Darum einigten sie sich auf die Arbeitshypothese, dass sowohl das Glück als auch der Sinn des Lebens im unaufhörlichen Erkennen des bisher Unbekannten liegt. Im Grunde seines Herzens ist jeder Mensch ein Magier; zu einem wirkenden Magier wird er aber nur dann, wenn er anfängt, weniger an sich als an andere zu denken, wenn er lieber arbeitet, als sich zu amüsieren. Und wahrscheinlich war die Arbeitshypothese gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt, denn genau wie die Arbeit den Affen zum Menschen macht, macht das Fehlen von Arbeit den Menschen – und das in sehr viel kürzerer Zeit – zum Affen. Ja, schlimmer noch als zum Affen …
    Im Leben merkt man das nicht immer. Nichtstuer und Schmarotzer, Rüpel und Karrieristen gehen nach wie vor auf den Hinterbeinen und drücken sich durchweg verständlich aus (obwohl ihr Themenkreis stark eingeengt ist). Was die Vorliebe für enge Hosen und Jazz angeht, wonach früher einmal der Grad des Affenähnlichen bestimmt wurde, so stellte sich bald heraus, dass diese selbst bei den besten Magiern zu finden war.
    Im Institut aber ließ sich der Rückschritt nicht verbergen. Es bot jedem Menschen unbegrenzte Möglichkeiten, sich in einen Magier zu verwandeln. Abweichlern und Abtrünnigen gegenüber aber war es erbarmungslos – und erkannte sie auf Anhieb. Ein Mitarbeiter brauchte nur für eine Stunde (wenn auch nur in Gedanken) seinem Egoismus oder seinen Instinkten nachzugeben, schon merkte er mit Schrecken, dass ihm ein Fell auf den Ohren spross. Das war eine Warnung – so wie der Pfiff des Milizionärs vor einer Strafe warnt, und der Schmerz vor einer Verletzung. Nun hing alles von einem selbst ab. Der Mensch kommt nicht immer gegen seine schwarzen Gedanken an, dafür ist

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