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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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Gesichtern und schneebedeckten Mänteln und Mützen.
    »Ist das ein Schneetreiben! Sogar meine Ohren sind zugeweht!«
    »Ach, du bist auch gegangen?«
    »Es war doch stinklangweilig. Alle lassen sich volllaufen. Na, dachte ich mir, da gehst du lieber arbeiten. Ich hab ihnen ein Double dagelassen und bin los.«
    »Und wie ich so mit ihr tanze, merke ich, dass mir ein Fell wächst. Ich hab gleich einen hintergekippt, aber das hat auch nicht geholfen …«
    »Und ein Elektronenstrahl? Mit großer Masse? Da müssten doch die Photonen …«
    »Alexej, hast du einen Laser übrig? Überlass mir wenigstens den Gaslaser …«
    »Galka, hast du etwa deinen Mann allein gelassen?«
    »Weißt du was? Ich bin schon vor einer Stunde gegangen. Unterwegs bin ich in eine Schneewehe geraten, und um ein Haar wäre ich darin erstickt.«
    Mir wurde klar, dass ich versagt hatte. Nun brauchte ich den Dämonen das Roulette auch nicht mehr wegzunehmen. Mir blieb nichts anderes übrig, als Vitka, den Provokateur, zur Hölle zu schicken. Mochte kommen, was wollte. Ich drohte den Dämonen mit der Faust, schleppte mich die Treppe hoch und malte mir aus, was geschehen würde, wenn jetzt Modest Matwejewitsch ins Institut käme.
    Mein Weg zum Vorzimmer des Direktors führte am Prüfstand vorbei. Hier versuchte man, einen aus einer Flasche entwichenen Dschinn zu zähmen. Der riesige, vor Wut dunkelblau angelaufene Dschinn tobte durch eine Voliere, die mit Dschan-ben-Dschan-Schilden verkleidet und nach oben mit einem starken Magnetfeld verschlossen war. Der mit Hochspannungsentladungen gepeitschte Dschinn heulte und fluchte in mehreren toten Sprachen, sprang wild umher, spie Feuer und baute wutschnaubend Paläste, die er sogleich wieder einriss, bis er endlich klein beigab, sich auf den Fußboden setzte und, weiterhin unter Entladungen zuckend, mit kläglicher Stimme jaulte: »Genug, das reicht, hört endlich auf, ich will’s ja auch nicht wieder tun … Oje, oje … Ich bin ja schon ganz still.«
    Am Pult der Entladungsstrecke standen seelenruhig ein paar junge Leute, die mit keiner Wimper zuckten – samt und sonders Doubles. Die Originale hatten sich um den Rütteltisch versammelt, blickten immer wieder auf die Uhr und entkorkten Flaschen.
    Ich trat zu ihnen.
    »Ah, Sascha!«
    »Sascha, altes Haus, wie man hört, bist du heute Diensthabender. Ich komme nachher mal bei dir vorbei.«
    »He, besorgt ihm doch mal ein Glas, ich hab keine Hand frei.«
    Ehe ich zur Besinnung kam, hielt ich schon ein Glas in der Hand. Die Korken knallten gegen die Dschan-ben-Dschan-Schilde, und aus den Flaschen sprudelte eiskalter Sekt. Die Entladungen verstummten, der Dschinn hörte auf zu jaulen und schnupperte. Im selben Augenblick schlug zwölfmal die Kremluhr.
    »Jungs! Es lebe der Montag!«
    Die Gläser klirrten. Dann fragte jemand mit einem Blick auf die Flasche: »Wer hat den Sekt gemacht?«
    »Ich.«
    »Vergiss morgen nicht, ihn zu bezahlen.«
    »Noch eine Flasche?«
    »Lieber nicht, sonst erkälten wir uns.«
    »Da haben wir wirklich ein Prachtexemplar von einem Dschinn erwischt. Er hat bloß schwache Nerven.«
    »Geschenktem Gaul …«
    »Macht nichts, er wird fliegen wie ein Vögelein. Hauptsache, er steht mit seinen Nerven vierzig Umdrehungen durch.«
    »Jungs«, sagte ich zaghaft. »Draußen ist stockfinstere Nacht. Und außerdem ist Feiertag. Ihr solltet nach Hause gehen.«
    Sie sahen mich an, klopften mir auf die Schulter und sagten: »Macht nichts, das geht vorbei.« Dann traten sie einträchtig an die Voliere. Die Doubles schoben eins der Schilde beiseite, die Originale umringten den Dschinn, hielten ihn an Armen und Beinen fest und schleppten ihn zum Rütteltisch. Der Dschinn jaulte ängstlich auf und versprach den Jungs alle Schätze der Erde. Ich stand hilflos daneben und sah zu, wie sie ihn anschnallten und an allen nur erdenklichen Körperteilen Mikrosensoren anschlossen. Dann tippte ich gegen den Schild. Er war groß und schwer, stellenweise verkohlt und durch aufprallende Kugelblitze eingedellt. Die Dschan-ben-Dschan-Schilde bestanden aus sieben übereinandergelegten Drachenhäuten, waren in der Galle von Vatermördern gegerbt und für den direkten Blitzeinschlag vorgesehen. Alle im Institut vorhandenen Schilde waren seinerzeit aus der Schatzkammer der Königin von Saba entnommen worden – ob von Cristóbal Junta oder von Merlin, war nicht bekannt. Junta sprach nie darüber, wohingegen Merlin bei jeder Gelegenheit damit prahlte und stets die

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