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Gesandter des Teufels

Gesandter des Teufels

Titel: Gesandter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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begann Margaret laut schluchzend zu weinen. Neville beugte sich vor und nahm Margaret und ihren gemeinsamen Sohn in die Arme.

KAPITEL 4
    Samstag, 29. September 1380
    - Michaelistag -
    Westminster war in helles Sonnenlicht getaucht, und Neville kam es so vor, als würde es in England nie mehr Winter werden. Von den Bäumen fielen zwar die Blätter, und das Wasser der Themse schwappte kalt und grau gegen die Anlegestellen und Pfähle des Ufers, doch die Abtei und der Palast waren von Sonnenschein, Wärme und überschwänglicher Fröhlichkeit erfüllt.
    Auf dem Vorhof der Abtei drängten sich Zehntausende jubelnder Menschen, die gekommen waren, um der Thronbesteigung ihres geliebten Prinzen Hai beizuwohnen. Neville stand oben an der Treppe zur Abtei und blickte auf die Banner schwenkenden, fröhlichen Menschen mit ihren leuchtenden Augen und den geröteten Wangen hinab.
    Neville war übler und gereizter Stimmung, denn er hatte in der letzten Nacht kaum geschlafen, nachdem er zugesehen hatte, wie der wütende Richard um Mitternacht aus dem Tower geholt und zur Burg Pontefract gebracht worden war.
    Als Neville schließlich in die Gemächer zurückgekehrt war, die er mit seiner Familie bewohnte, hatte er stundenlang im Dämmerlicht gesessen, Margaret beim Schlafen zugesehen und den kleinen Bohun im Arm gewiegt.
    Hin und wieder hatte er auf seinen Sohn hinabgeblickt und sich gefragt, was für eine Zukunft er wohl für ihn schaffen würde.
    Wie würde er sich entscheiden? Für Margaret oder für die Erlösung der Menschheit?
    Doch wenn nun Margaret und Hai der Menschheit die Erlösung bringen konnten?
    Am frühen Morgen, nachdem er mit Margaret gefrühstückt hatte, hatte Neville Mary und ihre Hofdamen zur Abtei gebracht, damit sie ihren Platz an der Seite ihres Gemahls einnehmen konnte. Mary war so glücklich gewesen und hatte unentwegt von Bohun gesprochen, dass sie damit auch Neville ein Lächeln entlockt hatte. Überraschenderweise sah Mary den Ereignissen des Tages mit großer Aufregung entgegen. An diesem Tag würde ihr Gemahl zum König von England gekrönt werden, und sie würde seine Gefährtin, seine Königin sein. Wie der Pferdehändler vor zwei Tagen winkten auch an diesem Morgen viele Menschen Mary zu, während sie nach Westminster ritten, und riefen mit aufrichtiger Freude ihren Namen.
    Mary sah so gut aus wie schon lange nicht mehr, voller Leben, Fröhlichkeit und Wohlwollen. Als sich Neville nach ihrem Befinden erkundigt hatte, hatte sie ihm mitgeteilt, dass die Schmerzen und Bauchkrämpfe, die sie in den letzten Wochen geplagt hatten, so gut wie verschwunden seien.
    Sie wandte sich kurz von der winkenden Menge ab und lächelte ihn an.
    »Es waren deine Besorgtheit und dein Lachen, die meine Schmerzen und Krämpfe vertrieben haben, Tom. Du hast mein Leben wieder mit Freude erfüllt.« Dann entdeckte sie etwas in der Menge. »Oh! Schau nur! Die Frau dort hat ihr Gesicht golden angemalt.«
    Und Neville konnte angesichts ihrer Fröhlichkeit nur lächeln ... und hoffen, dass Bolingbroke sie nicht wieder zunichtemachte.

    Zu Nevilles Erleichterung hatte sich auch Bolingbroke alle Mühe gegeben, Mary zuvorkommend zu behandeln. Als Neville Mary in die Gemächer geführt hatte, wo Bolingbroke für die Krönungszeremonie angekleidet wurde, hatte der Prinz sie freundlich begrüßt und sie mit einem kleinen Scherz zum Lachen gebracht. Dann hatten sich Bolingbroke, Mary und Neville eine Weile über Margaret und das Neugeborene unterhalten.
    Bolingbroke hatte Neville während des Gesprächs einige Male unergründliche Blicke zugeworfen, und Neville war froh darüber, dass Hai sich seiner nicht mehr sicher sein konnte. Indem er sich geweigert hatte, Hals Wunsch zu erfüllen und der Geburt seines Sohnes beizuwohnen, war er freier in seiner Entscheidung geworden. Sie hatten ihn zwar durch Täuschung dazu gebracht, Margaret seine Liebe zu gestehen, doch die endgültige Entscheidung lag immer noch bei ihm.
    Er holte tief Luft und reckte und streckte sich. Dann schaute er in den wolkenlosen Himmel hinauf und fragte sich, ob dort oben womöglich Gott und seine Engel versammelt waren und auf ihn herabblickten.
    Neville wusste nicht, was die Zukunft bringen würde. Er wusste nur, dass ihm einige Prüfungen bevorstanden und sein Weg Wendungen nehmen mochte, die er nicht vorhersehen und auf die er sich auch nicht vorbereiten konnte ... und dass irgendwann in ferner Zukunft die endgültige Entscheidung getroffen werden musste, von

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