Gesandter des Teufels
vorn gerichtet, bis das Boot am Savoy Palace vorbeikam. Da hob Thorseby endlich den Kopf und betrachtete den prunkvollen Palast, der hinter der Flussmauer aufragte.
Seid Ihr dort drin?, dachte er. Genießt Ihr die letzten Tage der Freiheit, die Euch noch bleiben?
Der Ruderer legte sich in die Riemen und richtete sein Boot, der Biegung des Flusses folgend, nach Süden.
Schließlich kam der Palast von Westminster in Sicht, und Thorsebys Hand schloss sich fester um die Bordwand des Ruderboots.
Richard empfing den Ordensgeneral nur ungern. Der Geistliche verbreitete eine bedrückende Stimmung und schaute Richards stets so an, als wisse er um seine innersten Sünden und Verfehlungen ... und das verärgerte den König.
Doch der Ordensgeneral hatte ihm ausrichten lassen, dass er wichtige Neuigkeiten über Bolingbrokes Familie brachte, die den König höchstwahrscheinlich interessieren würden. Deshalb hatte sich Richard schließlich doch bereit erklärt, ihn zu empfangen.
»Herr im Himmel«, flüsterte er de Vere zu, der neben ihm auf dem Podest in der Painted Chamber saß, auf einem Stuhl, der so reich mit Schnitzwerk verziert war, dass man ihn fast für einen Thron hätte halten können, »warum konnte er sich nicht eine weniger geschäftige Zeit aussuchen?«
De Vere lächelte und ergriff beruhigend Richards Hand, die auf der Armlehne seines Throns ruhte. »Wenn er uns etwas liefert, das wir gegen Hai verwenden können, mein lieber, süßer Junge, dann sollten wir uns die Zeit nehmen, ihn zu empfangen, auch wenn wir noch so beschäftigt sind.«
»Du hast recht«, sagte Richard und überlegte einen Moment lang, ob er de Vere dafür zurechtweisen sollte, dass er ihn einen »lieben, süßen Jungen« genannt hatte, beschloss dann jedoch, dass es die Mühe nicht wert war. Außerdem gefielen ihm de Veres Koseworte eigentlich, und er wollte lieber darüber nachdenken, wie er Hai bestrafen könnte, wenn er ihn endlich in seiner Gewalt hatte. Richard seufzte leise und wünschte sich, er hätte schon längst etwas gegen Lancaster und Bolingbroke unternehmen können, doch die beiden Männer - und der Kreis ihrer Verbündeten - waren immer noch zu mächtig, als dass er sie ohne guten Grund hätte angreifen können.
Bolingbroke war beim einfachen Volk sehr beliebt, und Lancaster stand hoch in der Achtung der Adligen Englands, sodass niemand direkt gegen sie vorgehen konnte.
Doch Hals Zeit würde kommen ... und Richard war überzeugt, dass es nicht mehr lange dauern würde.
Er fragte sich kurz, wer Gloucester und Arundel getötet haben mochte und ihm die Arbeit abgenommen hatte, es selbst tun zu müssen. Doch als er aus den Augenwinkeln am anderen Ende des Saals eine Bewegung sah, kehrten seine Gedanken wieder zu Bolingbroke zurück.
»Ich will ihn des Hochverrats anklagen«, sagte Richard, als Thorsebys schwarze hinkende Gestalt durch die gegenüberliegende Tür in die Painted Chamber eintrat und stehen blieb, um sich tief zu verbeugen.
»Eine Anklage wegen Nasebohrens würde genügen, wenn sie uns einen Grund liefert, Bolingbroke gefangen zu nehmen«, sagte de Vere. Seine schönen dunklen Augen strahlten noch mehr als sonst, und er beugte sich leicht in seinem Stuhl vor, während Thorseby auf sie zukam.
»Hochverrat wäre mir lieber«, sagte Richard.
»Euer Majestät«, murmelte de Vere mit einem Blick auf Thorseby, »darf ich vorschlagen, dass wir abwarten, was der Ordensgeneral uns mitzuteilen hat?«
Thorseby blieb vor dem Podest stehen, und de Vere lächelte freundlich.
»Ordensgeneral«, sagte er, »wie immer fühlen Seine Majestät und ich uns durch Eure Anwesenheit zutiefst geehrt.«
Thorseby lächelte gezwungen und neigte leicht den Kopf.
Gütiger Himmel, wie sehr er diese beiden Sodomiten verabscheute.
Er erging sich zunächst in einigen allgemeinen Höflichkeiten und Schmeicheleien und kam dann direkt zur Sache, als er bemerkte, dass sich Verärgerung und Ungeduld auf Richards Gesicht abzeichneten.
»Euer Majestät«, sagte Thorseby und verbeugte sich noch tiefer. »Ich bin an diesem heiligen Tag vor Euch getreten, um Euch um einen besonderen Gefallen zu bitten.«
Richard hätte den abstoßenden Geistlichen beinahe angeknurrt. Er hatte also doch keine Anklage wegen Hochverrats gegen Bolingbroke vorzubringen? Stattdessen wollte er ihn nur um einen Gefallen bitten?
»Lord Bolingbroke, Herzog von Hereford, beherbergt in seinem Haus einen Mann, der mit dem Teufel im Bunde steht.«
Die Wut wich aus
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