Gesandter des Teufels
wütend. Ihr habt eure Ziele, die ihr erreichen wollt, Margaret, aber manchmal glaube ich, dass es euch gar nicht kümmert, wer dabei zu Schaden kommt. Mary hat es nicht verdient, verletzt zu werden. Doch Hai hat sie zutiefst verletzt.
Und heute hast auch du es getan.«
Margaret hatte leise zu weinen begonnen und hob nun die Hand und wischte sich die Tränen ab. »Ich habe gar nicht an Mary gedacht«, flüsterte sie. »Bitte, lieber Heiland, vergib mir.«
»In den Stunden, während du im Kindbett lagst«, sagte Neville, sah auf das faltige, rosafarbene Gesicht seines schlafenden Sohnes hinab und lächelte sanft, »habe ich mich mit Mary unterhalten. Sie hat mir von Hai erzählt ... und von seiner Liebe zu Katherine.«
»Tom ...«
»Nein, lass mich ausreden. Deine und Hals Ansichten habe ich in den letzten Wochen zur Genüge gehört. Mary hat mir von ihrer Hoffnung berichtet, dass Hai nach ihrem Tod eine Gemahlin finden möge, die besser zu ihm passt. Eine mächtige, strahlende Königin, die ihm an Glanz in nichts nachsteht. Und mir ist aufgefallen, meine Liebe, wie sehr es Hai entgegenkommen würde, wenn Mary stirbt. Denk nur, eine kurze, lieblose Ehe, die ihm unermesslichen Reichtum einbringt und rechtzeitig vorbei ist, damit er seine wahre Liebe heiraten kann ... wenn Philipp sie denn jemals hergibt.«
»Tom, ich weiß, was du jetzt denken musst...«
»Und stell dir nur einmal vor, was diese neue, mächtige und strahlende Gemahlin als Mitgift in die Ehe einbringen würde, Margaret.
Frankreich!«
»Tom, hör auf!«
»Nein! Nein! Ich werde nicht >aufhören<. Während ich Marys Tränen getrocknet und sie ein wenig zum Lachen gebracht habe, habe ich mir einige Gedanken über das gemacht, was geschehen ist, Margaret. Und mir ist aufgefallen, dass in den letzten zwei Jahren merkwürdig viele Menschen gestorben sind, aus deren Tod Hai einen Vorteil ziehen konnte!«
»Oh, beim Heiland ... nein!«, flüsterte Margaret.
»Eduard, unser König. Sein Sohn, der schwarze Prinz. Gloucester. Selbst Lancaster, verdammt noch mal! Und bald auch Richard. Jeder, der zwischen Hai und dem verfluchten Thron stand, hat vorzeitig den Tod gefunden, Margaret.«
Er hielt inne und sah sie mit schmerzerfülltem Blick an. »Welchen Anteil hattet ihr daran? Nun?«
Margaret sank wieder auf die Kissen zurück und schloss die Augen.
»Sag es mir!«, zischte Neville.
»An Lancasters Tod trug Hai keine Schuld«, sagte Margaret und öffnete die Augen wieder. »Hai hat Lancaster geliebt. Er hätte ihn niemals getötet.« Sie hielt inne. »Dessen bin ich mir sicher.«
»Und die anderen?«
»Es war Hai«, flüsterte sie. »Nicht ich.« Sie legte die Hand auf ihren nunmehr flachen Bauch. »Ich erzeuge Leben, ich vernichte es nicht.«
»Beim Heiland, Weib«, flüsterte Neville. »Hat Hai nicht auch den schwarzen Prinzen geliebt?«
Margaret antwortete nicht.
»Hai will, dass ich Richard umbringe«, sagte Neville nach einer Weile.
»Aber ich werde es nicht tun. Jetzt nicht mehr. Nicht einmal, um dich zu rächen, Margaret. In gewisser Weise ist auch Richard missbraucht worden.«
Margaret nickte zustimmend. Irgendwo in ihrem Inneren hatte sich ein tiefer Abgrund geöffnet, und sie hatte das Gefühl, sie könnte jeden Moment hinabstürzen und auf seinem felsigen Grund zerschellen.
»Ich bin mir sicher, dass Hai schon bald jemand anderen finden wird, der diese grässliche Tat begeht. Aber ich werde es nicht sein.«
Neville seufzte, stand auf und schickte sich an, den Raum zu verlassen.
Da wusste Margaret, dass sie ihn endgültig verloren hatte.
Er würde sie verlassen und Rosalind und das Neugeborene mit sich nehmen. Und das würde ihr Ende sein, denn dann wäre von ihrem Leben nichts mehr übrig außer diesem großen, dunklen, gähnenden Abgrund ...
Doch nach kurzem Zögern drehte sich Neville wieder zu ihr um und setzte sich neben sie aufs Bett. Er legte ihr das Kind in den Arm.
»Margaret«, sagte er, »ich liebe dich, doch bei dem, was vor uns liegt, brauche ich dich als meine Gemahlin und nicht als Hals Schwester.
Verstehst du, worum ich dich bitte?«
Sie blickte ihn an und konnte nicht glauben, dass er ihr diese Chance gab.
»Nun?«, fragte er leise.
»Ja«, flüsterte sie.
»Liebst du mich?«
»Ja.«
»Das ist alles, was zählt«, sagte er und strich ihr mit dem Finger über die Wange. Er richtete den Blick auf das Kind in ihrem Arm.
»Schau nur, was für einen schönen Sohn wir gezeugt haben«, sagte er, und plötzlich
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