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Gesang der Daemmerung

Gesang der Daemmerung

Titel: Gesang der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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dann aber wäre alles ganz einfach gewesen.
    »Du hast großes Glück, Darion«, bemerkte Gorian spöttisch. »Deine schöne Freundin ist klug, sie wird dein Leben retten.«
    »Ich rate ihr nicht dazu!«, stieß Darion wütend hervor.
    Die jungen Nachtschattenkrieger warfen sich empörte Blicke zu. Was für eine Respektlosigkeit! Er wagte es, dem Herrscher solch eine Antwort zu geben! Scheu sahen sie zu Gorian auf – es war so gut wie sicher, dass dieser Abtrünnige sein Leben verwirkt hatte.
    »Sie wird nicht nach deinem Rat fragen, Verräter!«, gab Gorian gelassen zurück.
    »Was auch immer du ihr versprochen hast – du wirst sie betrügen!«
    »Du kennst mich gut, Darion. Aber nicht gut genug.«
    Gorians bleiche Züge blieben versteinert, nur sein Mund verzog sich, sodass seine gelblichen spitzen Zähne sichtbar wurden. Darion war vollkommen klar, dass der Herr der Nachtschatten sich in diesem Augenblick gern auf ihn gestürzt hätte, um ihn zu töten. Es wäre nicht schwer gewesen, da er gefesselt und völlig wehrlos vor ihm stand. Doch Gorian musste sich zurückhalten – Marian würde nur dann auf seine Wünsche eingehen, wenn Darion kein Härchen gekrümmt wurde.
    Er war darüber tief verzweifelt, doch es gab keine Gelegenheit, mit ihr zu sprechen, da man sie gleich nach der Gefangennahme getrennt hatte. Wie konnte sie nur Gorians Wort vertrauen? Wenn sie die Quelle tatsächlich fand und sie zum Leben erweckte, würde dieser Tyrann Marian für immer und ewig unterjochen. Die Drohung, ihren Geliebten zu töten, würde sie bis in alle Ewigkeit zu Gorians Sklavin machen.
    Aber wahrscheinlich fand sie die Quelle gar nicht. In diesem Fall würde Gorian seine Wut an ihnen beiden auslassen. Darion wusste, dass er unfähig war, Marian leiden zu sehen – er würde daran zugrunde gehen.
    Gorian hatte seinen Kriegern ein Zeichen gegeben, den Gefangenen fortzuführen, da er sich nicht länger mit ihm befassen wollte. Man stieß ihn rüde voran, es war klar, dass seine Bewacher zwar Order hatten, sein Leben nicht in Gefahr zu bringen, von guter Behandlung aber keine Rede sein konnte. Er hatte es nicht anders erwartet, schließlich war er nicht zum ersten Mal Gorians Kreaturen ausgeliefert.
    Zu seiner Überraschung führte man ihn jedoch nicht in eines der Verließe in der Tiefe, auch nicht zur Lichtfolter oben im Berg, noch weniger in ein Gefängnis an der Felswand über der Brandung. Seine Begleiter benutzten einen der ihm wohlbekannten Hauptgänge, der in langsamen Windungen zum Ausgang hinaufführte. Der Gang war breit, etliche Kammern und Nebengänge mündeten hier, und im Vorübergehen bemerkte Darion, dass sich an mehreren Stellen Gruppen von Kriegern sammelten, die ganz offensichtlich zu irgendeiner Unternehmung abkommandiert waren. Bereitete man sich auf einen Kampf vor? Hatte Aladion seine Absicht wahr gemacht und den Palast mit seinen Kämpfern umzingelt? Würden Gorians Nachtschattenkrieger angreifen?
    »Bleib stehen!«
    Darion erhielt einen Schlag in den Magen und brauchte ein Weilchen, bis er wieder vernünftig atmen konnte. Seine Bewacher kontrollierten derweil gleichmütig seine Fesseln, zogen die Stricke fester an, die seine Arme auf den Rücken banden, prüften, ob die Fußfesseln, die ihm erlaubten, kleine Schritte zu gehen, auch gut und sicher verknotet waren. Dann verpassten die jungen Burschen ihm ein paar harte Schläge in den Rücken, und er biss wütend die Zähne zusammen, damit ihm kein Schmerzenslaut entschlüpfte.
    »Weiter! Und versuche ja nicht, dich zu verwandeln! Wir sind schneller als du.«
    Sie hatten leider recht – unter Nachtschatten half die Fähigkeit der Verwandlung wenig, denn alle verfügten über die gleichen Kräfte. Man bewegte sich tatsächlich zum Ausgang des Palastes, einer schmalen Pforte, die bei Gefahr verschlossen und verriegelt werden konnte. Von dort aus führte ein Bergpfad durch die düstere Schlucht der Halbinsel bis hinüber zum Festland, wo das Felsengebirge niedriger wurde, von Wäldern und Grasland bedeckt war und endlich in der fruchtbaren Hügellandschaft auslief. Es war ein Weg, der hauptsächlich von den Bediensteten benutzt wurde, um Waren und andere Lasten aus den Dörfern in den Palast zu schaffen. Die Krieger bewegten sich hier nur selten, sie kamen und gingen in den Nächten per Flug.
    Durch die Pforte am Ausgang drang fahles Licht in den Gang, das so manchem jungen Spund schon Augenschmerzen bereitete, obgleich es nur das frühe Morgenlicht war.

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