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Gesang der Daemmerung

Gesang der Daemmerung

Titel: Gesang der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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Marian begriff, dass es eine Alarmglocke war. Sie sah das scheußliche rote Plüschsofa näherkommen, der Kater war aufgewacht und glotzte sie mit riesenhaften grünen Augen an. Sie versuchte, sich gegen Strykers schiebenden Arm zu sträuben, doch er war stärker als sie.
    »Nun, nun – wir wollen doch keinen Aufstand machen, mein Kind!«, murmelte er. »Es würde auch wenig helfen, da dich hier niemand hören wird. Sei also ganz ruhig, Marian, und gib dich drein, ich meine es gut mit dir …«
    Er stieß sie jetzt plötzlich mit unerwarteter Kraft auf das Sofa, sodass sie das Gleichgewicht verlor und bäuchlings zwischen den bunten Kissen im roten Plüsch landete. Gleich darauf spürte sie, wie er ihr Kleid im Rücken öffnete. Er hatte wenig Mühe mit den kleinen Knöpfen, denn sie bemerkte, wie sich der Stoff lockerte.
    »Lassen Sie das! Hören Sie auf! Nein!«
    Strykers kümmerte sich nicht um ihr Geschrei, auch ihre verzweifelten Versuche, sich ihm zu entwinden, störten ihn nicht – im Gegenteil: Ihr Zappeln erleichterte es ihm, seine Absicht auszuführen. Das Kleid gab nach und rutschte ein Stück herunter, ihr Hemd zerriss unter seinem Griff, auch die Korsage würde nicht mehr lange widerstehen. Als er sie an den Schultern packte und rücklings in die Kissen presste, sah sie sich verloren – sie hatte nicht geahnt, wie kräftig er war.
    »Es tut kaum weh, meine Kleine«, keuchte er, während er ihre halb entblößten Brüste begierig anstarrte. »Ich muss es tun, denn sonst könntest du auf die Idee kommen, einen dieser Sänger zu heiraten.«
    Marian konnte nicht einmal nach ihm treten, weil er sein fettes Knie quer über ihre Beine gelegt hatte. Dafür spuckte sie ihm ins Gesicht, was ihm jedoch wenig ausmachte.
    »Ein Ehemann könnte mich wegen Unterschlagung zur Rechenschaft ziehen, meine Kleine«, raunte er und zerrte an ihrer Korsage. »Aber ich werde dafür sorgen, dass dich keiner heiraten wird, meine Süße. Wer will schon eine Hure zur Ehefrau, wie?«
    Marian versuchte, ihm in die Hand zu beißen, dafür erhielt sie von ihrem Peiniger eine feste Ohrfeige. War es der Schlag ins Gesicht? Sie hatte plötzlich das Gefühl, der kleine Raum begänne zu schwanken, die Lampe drehte sich, die Kommode tanzte hin und her. Es konnten nur die Vorboten einer Ohnmacht sein, ein mildtätiges Schwinden des Bewusstseins, das ihr die grausamen Vorgänge, die nun unweigerlich folgen würden, ersparen wollte. Doch stattdessen glitt sie in einen traumähnlichen Zustand und sah Dinge, die nicht der realen Welt, sondern nur einer fremden Dimension entstammen konnten.
    Der Kater war aufgestanden, hatte sich gestreckt und gebuckelt. Jetzt begann er zu wachsen. Er wuchs in erstaunlicher Geschwindigkeit sowohl in die Höhe als auch in die Breite, die spitzen Ohren schrumpften ein, der Kopf zog sich in die Länge, verlor die Katerschnauze und erhielt dafür eine menschliche Nase. Ein dunkler Koloss erhob sich hinter dem ahnungslosen Strykers, dehnte sich, und Marian erblickte einen Krieger, dem das graue Haar bis zum Gürtel herabhing.
    »Nimm das, elender Wurm!«
    Ihr Vormund empfing einen gewaltigen Schlag ins untere Ende seines Rückens, wurde ein Stück nach vorn geworfen und wäre fast auf Marian gefallen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht bäumte er sich auf, presste beide Hände an seinen Rücken und stöhnte jämmerlich. Es sah grotesk aus, da er bereits die Hose geöffnet hatte und sein männliches Glied lüstern unter dem langen Hemd hervorsah.
    »Verfluchtes Elend! Hilf mir, Marian! Gerechter Gott – ich fühle meine Beine nicht mehr …«
    Starr vor Entsetzen verfolgte Marian, wie die düstere Gestalt des Kriegers wieder in sich zusammensank und zu dem grauen Kater wurde. Ein Geist – in diesem Kater steckte ein Geist! Sie hatte ihn sehen können – Strykers aber schien keine Ahnung davon zu haben, wer ihm diesen Schlag verpasst hatte.
    »Ein Hexenschuss, Marian. Sei ein gutes Mädchen, und hilf mir! Zieh mich ganz vorsichtig auf das Sofa! Oh, das sind Schmerzen …«
    Seine Worte gingen in einem Stöhnen unter, er krallte sogar seine Finger in die Kissen. Es musste tatsächlich sehr wehtun. Marian gab ihm einen kräftigen Schubs, um sich endgültig von ihm zu befreien, denn er lag noch halb über ihr. An Hilfeleistung dachte sie keineswegs, sie war vor Grauen und Abscheu innerlich wie gelähmt und begriff kaum, was sie tat. Es war ein Instinkt, der ihr befahl, so rasch wie möglich ihre Kleidung wieder in Ordnung

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