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Gesang der Daemmerung

Gesang der Daemmerung

Titel: Gesang der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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weiße Taube, sie flehte, schien wie ein flirrender Lichtstrahl, der ziellos auf der verzweifelten Suche nach Erlösung umherirrte. Seine süße Elbin gab sich ganz und gar hin – die Herrin des Lichts bot sich in hilfloser Wollust einem Nachtschatten. Er verlor alle Beherrschung und drang in sie ein, erfüllte ihre Begierde mit solcher Heftigkeit, dass sie beide glaubten, daran sterben zu müssen.
    Eine Ewigkeit lang kreisten sie im unendlichen Raum des Kosmos, hinausgeschleudert von der Kraft dieser verbotenen Vereinigung, aneinandergeklammert, Licht und Schatten vereint zu einem glückseligen Doppelwesen. Nur langsam näherten sie sich wieder dem bläulichen Erdenball, sanken durch die weiche, wässrige Wolkenschicht, das Dach der Villa, die Zimmerdecke. Fanden sich in Marians weißen Laken wieder, immer noch aneinandergeschmiegt und unter keinen Umständen bereit, den anderen aus der zärtlichen Umarmung zu entlassen.
    »Darion«, flüsterte Marian, »sag mir, ob es eine Sünde war, was wir getan haben!«
    »Und wenn es so wäre – würdest du sie dann bereuen?«
    Sie tat einen tiefen, wohligen Seufzer, dann spürte er, dass sie kicherte.
    »Nein, aber es kann ja auch keine Sünde sein, denn du bist nur ein Geist. Ein Geist der Nacht.«
    »Was meinst du mit ›nur‹?«, fragte er amüsiert.
    Die Kerze war längst erloschen. Mit einer zärtlichen Bewegung löste sie sich jetzt von ihm und legte sich auf den Rücken, die Arme hinter ihrem Kopf verschränkt. Sie ahnte nicht, dass er in der Dunkelheit sehen konnte und ihre verführerische Nacktheit mit allen Sinnen genoss, sonst hätte sie sich vermutlich nicht so freimütig vor ihm gezeigt. Es lag eine Menge Arbeit vor ihm. Er musste ihr nicht nur die Welt der Geistwesen erklären, er würde auch dafür sorgen müssen, dass sie die lästige Prüderie ihrer menschlichen Erziehung endgültig ablegte und sich zu ihrer Elbennatur bekannte.
    »Nun«, antwortete sie schmunzelnd, »wärest du ein Mensch, dann hättest du mir jetzt die Unschuld geraubt, und ich würde alles daransetzen, von dir geheiratet zu werden. So aber …«
    »So aber …?«
    »So aber bist du nur mein Geliebter, ein nächtlicher Geist, der mich aufsucht, um mich glücklich zu machen.«
    Er war verblüfft. Im Kopf der wohlerzogenen Pensionatsschülerin hatten solch elbische Gedanken Platz – wie gut, dass der brave Reverend Jasper wohl niemals davon Kenntnis erlangen würde! Immerhin schien ihre Elbennatur sich immer weiter gegen die menschliche Erziehung durchzusetzen, und das war gut so. Darion musste nur verhindern, dass sie während dieses Vorgangs allzu seltsame Blüten trieb.
    »Du irrst dich, Marian«, sagte er ernst. »Ich bin zwar ›nur‹ ein Geist, ein nächtlicher Schatten, doch deine Liebe werde ich mit keinem anderen teilen. In dieser Hinsicht bin ich eigen – ich will dich für mich allein haben, meine süße Geliebte!«
    »Und was ist mit mir? Woher weiß ich, dass du mir ebenso gehörst? Du kommst und gehst, wann du Lust hast, erscheinst mir in anderer Gestalt, fliegst durch das Fenster hinaus in die Nacht …«
    »Von heute an werde ich immer bei dir sein«, versprach er, um sie zu beruhigen. »Tagsüber diene ich dir als Jonathan Mills, und in den Nächten werde ich als Darion bei dir liegen. Bist du nun zufrieden?«
    Einen Augenblick lang war Marian still, offensichtlich musste sie über seine Worte nachdenken. Sein Blick folgte der zauberhaft geschwungenen Linie ihrer Hüfte und saugte sich im goldbeflaumten Dreieck zwischen ihren Schenkeln fest. Der Duft, der diesem verlockenden Ort entströmte, war so stark, dass die Begierde ihn schon wieder übermannen wollte. Er schloss die Augen, was sie im Dunklen zum Glück nicht sehen konnte.
    »Alles wäre viel einfacher, wenn du ein Mensch wärst«, verkündete sie das Ergebnis ihres Grübelns. »Denn dann könntest du mich heiraten, und wir würden einander vor aller Welt gehören.«
    »Soll Jonathan Mills dann also um dich anhalten?«, scherzte er.
    »Du liebe Güte – nein! Jonathan ist ein netter Bursche, ich mag ihn recht gern leiden. Aber zum Ehemann will ich Darion.«
    Das stellte zwar einen rührenden Beweis ihrer Liebe dar, zugleich aber auch einen starken Rückfall in die engstirnige Denkweise der Menschen. Nun – die Stadt Rom wurde auch nicht an einem einzigen Tag erbaut. Darion konnte nicht erwarten, dass sie nach ihrer ersten Liebesbegegnung schon durch und durch zur Lichtelbin geworden war.
    »Um einem

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