Gesang des Drachen
in die Menschenwelt. Immerhin kämpften die Elfen auch dafür! Damit sollten die Gestrandeten sich beschäftigen, während der Krieg gegen den Schattenlord geführt wurde.
Nidi war nicht mitgekommen, er hatte sich nach Alberichs Tod von Laura verabschiedet.
»Mein Werk ist vollendet«, sagte er. »Es hat mir alles abgefordert. Ich brauche nun Ruhe, viel Ruhe. Deswegen will ich irgendwo hier im Vulkan in aller Stille auf die Öffnung der Grenzen warten, um dann endlich nach Hause zurückzukehren.«
»Du hast wirklich genug getan«, stimmte Laura zu. »Dieser Kampf ist nicht mehr der deine.«
»Das hat du schön gesagt«, grinste der Zwerg. »Walhalla lässt grüßen – und scheint abzufärben.«
»Ich wünschte, ich könnte mich auch einfach irgendwo verstecken«, murmelte sie. »Ich bin so müde ...«
»Ich weiß.« Er nahm sie in seine Arme. »Du hast dir Ruhe verdient, Laura, aber zuerst musst du deine Aufgabe erfüllen.«
»Warum muss es an mir liegen?«
»Du weißt es immer noch nicht, hm? Armes Ding. Ich kann dir dabei nicht helfen, nur so viel: Es gibt einen Grund. Und du wirst ihn erfahren. Befreie die Königin, sie wird ihn dir nennen.«
»Wenn du es weißt, warum kannst du es mir nicht einfach sagen?« Sie befreite sich aus seinen Armen und runzelte vorwurfsvoll die Stirn.
»Ich kann«, erwiderte Nidi verschmitzt. »Aber ich will nicht. Wir Zwerge sind da eigen. Du musst dein Schicksal selbst finden, Laura, das halte ich für wichtig. Wenn du es jetzt erfährst – wer weiß, was das bewirkt. Es muss seinen Grund haben, dass du es noch nicht herausgefunden hast, und ich will nicht schuld daran sein, dass alles schiefgeht, nur weil ich geplaudert habe.«
Er reckte gähnend die Arme. »Nun denn! Es ist Zeit für mich, zu gehen. Ich weiß noch nicht so recht, was ich anfangen werde, da ich jahrtausendelang nichts anderes zu bewältigen hatte, als Alberich zu vernichten. Das bedeutet Umgewöhnung. Aber das hat Zeit. Als Erstes werde ich ein Nickerchen machen und sicher rechtzeitig zu dem Moment erwachen, wenn du Innistìr befreist. Glück auf, Laura.«
Sie nickte. »Hast du noch einen Tipp wegen des Schattenlords?«
»Nein. Aber Hilfe ist ganz in der Nähe. Du wirst nicht allein sein.«
Das überraschte sie. »Wir haben also doch eine Chance?«
»Durchaus. Eine sehr vage, aber immerhin. Jetzt geh schon! Du hast zu tun.« Er hob grüßend den Arm, drehte sich um und machte sich auf den Weg, irgendwohin in den Vulkan.
Milt und Finn waren verwundert gewesen, dass Laura allein zurückgekehrt war, und sie erklärte es ihnen in kurzen Worten. Sie würde den fröhlichen, frechen Nidi, vor allem in seiner Form als Löwenäffchen, sehr vermissen. Milt nahm sie daraufhin in die Arme. »Seltsam, aber ausgerechnet diesmal hatte ich nicht so viel Angst um dich wie sonst. Ich war ganz sicher, dass du gesund wiederkommst.«
Laura konnte darüber nicht froh sein, denn die Worte des Schattenlords hallten in ihr nach wie in jedem, auch in Milt und Finn. Das sah sie in ihren Gesichtern. »Laura?«
Die junge Frau fuhr aus ihren Gedanken auf und erkannte Maurice – den Zweiten Sucher. Sie konnte es immer noch nicht fassen. Er war es gewesen, der den Schattenlord aufgespürt hatte, er war die zentrale Figur der Fünf Sucher gewesen, und niemand hatte es jemals geahnt. Er hatte seine Tarnung bis zuletzt gewahrt und aus dem Verborgenen gehandelt.
»Maurice, entschuldige«, stieß sie hervor.
»Ich muss mit dir reden«, fuhr er fort, und sie war beunruhigt über die Furcht in seiner Miene. »Dringend.«
»Klar. Lass uns abseits gehen ...«
»Ich weiß, wo wir ungestört sein können.« Der Elf, der wie ein kleiner, schwarzhaariger Franzose aussah und sich bisher als Rassist und Chauvinist gegeben hatte, wies auf eine Baumgruppe am Rand des Lagers. »Dort ist eine kleine Lichtung, ich kann einen Schutz errichten, damit uns niemand zuhört.«
»Du machst mir Angst.«
»Ich habe Angst. Wenn ich es nur geahnt hätte ...«
»Laura?«
Sie fuhr wütend herum – wieso wurde sie gestört, gerade jetzt?
Cedric, der Dritte Sucher, stampfte heran. Ein vierschrötiger Bauarbeiter, der schon seit Jahrhunderten unter den Menschen lebte und gar nicht daran dachte, wieder in die Anderswelt zurückzukehren. »Es gibt da ein Problem, bitte komm.«
»Gleich«, antwortete sie. »Ich muss zuerst mit Maurice ...«
»Das kann warten.«
»Nein, kann es nicht!«, unterbrach der Zweite Sucher. »Cedric, ich muss mit Laura
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