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Gesang des Drachen

Gesang des Drachen

Titel: Gesang des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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härter als nötig. »Siehst du nicht, dass ich gerade beschäftigt bin?«
    Er wollte auf Reggie und Anais zeigen, doch die beiden hatten die Ablenkung genutzt und ihre Arbeit auf der anderen Seite des Platzes wieder aufgenommen.
    Rudy fuhr sich mit der Hand über die Haare. Das Kopftuch rutschte zur Seite. »Tut mir leid, das habe ich nicht bemerkt. Dann sehen wir uns heute Mittag zum Waffentraining im Dorf. Dort sollen sich ja alle versammeln.«
    Frans zupfte an seiner Armbinde. »Alle, die nicht etwas Wichtigeres zu tun haben.«
    »Natürlich.« Rudy blieb einen Moment stehen und betrachtete die Holzbecher in seinen Händen. Es sah so aus, als suche er nach dem Mut, um etwas anzusprechen. Doch er fand ihn wohl nicht, denn er stellte einen der Becher ab und drehte sich um.
    »Lass ihn nicht kalt werden«, sagte er. »Das ist wirklich guter Tee.«
    Frans antwortete nicht darauf. Seine Gedanken kreisten bereits wieder um den Schattenlord und um den Platz, den er in dessen schöner, neuer Welt einnehmen würde.
     
    »Mehr hat er nicht gesagt?«, fragte Cedric.
    Peddyr schüttelte den Kopf. »Das war alles.«
    »Gut. Danke.«
    Sie trennten sich ohne ein weiteres Wort. Peddyr wurde zwar weder von Menschen noch Elfen beachtet, Cedric jedoch schon. Die Kopftuchträger des Schattenlords ließen keinen der Sucher lange aus den Augen. Es wunderte Peddyr, dass sie sich überhaupt noch frei bewegen durften. Vielleicht fürchteten die Anhänger des Schattenlords einen Aufstand der Ungläubigen, wenn sie sie verhafteten.
    Doch dann dachte er an den Menschen, den Rimmzahn vor den Augen aller umgebracht hatte, und auf einmal bezweifelte er, dass es irgendetwas gab, was sie fürchteten – abgesehen von ihrem Gott.
    Bricius hat recht, dachte er. Wir müssen handeln, bevor ganz Cuan Bé verrückt wird.
    Er machte einen Bogen um die Hütten, blieb stattdessen am Waldrand, bis er den Weg zu seinem Dorf erreichte. Auf den Straßen war viel los an diesem Vormittag. Ihm begegneten Bauern, die Körbe voller Obst auf dem Rücken trugen, und alte Frauen, die am Wegesrand saßen und selbst gemachte, kalte Pasteten gegen Brot und Fisch tauschten. Wenn sie Peddyr sahen, legten sie rasch eine Decke über ihre Waren, damit sein Blick sie nicht vergiften konnte.
    Er war ein Verfluchter, und alle wussten es.
    Nur wegen dieser blöden Dinger, dachte er und krümmte seine Klauen, sodass sie tief in den sandigen Boden eindrangen. Hätte er Flügel gehabt und einen Schnabel, so wie all die anderen Vogelelfen, die es im Dorf gab, hätte man ihn gegrüßt und ihm einen schönen Tag gewünscht. Doch er hatte keinen Schnabel und auch keine Flügel, und niemand wünschte ihm irgendwas.
    Die Hütte, die er sich mit seinen Eltern und seinen drei Schwestern teilte, lag am Dorfrand in einer der ärmeren Gegenden. Dort lebten nur Flüchtlinge, die schon in ihrer Heimat nicht zu den Wohlhabenden gehört hatten, so wie Peddyr und seine Familie. Ihre neuen Nachbarn hatten beim Bau der Hütte geholfen, doch keiner von ihnen war Schreiner – und das sah man ihr an. Windschief lehnte sie an einem Baum, dessen Blätter dafür sorgten, dass es selbst bei starkem Regen relativ trocken unter dem undichten Dach blieb.
    Es gab nur ein Zimmer, das sich die Familie mit den Hühnern und Ziegen teilte. Sie konnten die Tiere nicht über Nacht draußen lassen, es waren zu viele Diebe unterwegs.
    Peddyr seufzte, als er seine Mutter und Kalany, seine älteste Schwester vor der Tür entdeckte. Normalerweise verbrachten sie ebenso wie der Rest der Familie den ganzen Tag auf dem Feld. Es überraschte Peddyr, sie zu sehen. Am liebsten hätte er sich umgedreht und wäre trotz seines knurrenden Magens zum Fluss hinuntergegangen, doch sie hatten ihn bereits bemerkt. Seine Mutter winkte ihm mit einem bläulich schimmernden Flügel zu, seine Schwester verdrehte die Augen, als sei auch sie nicht begeistert über die Begegnung.
    »Ich will nicht, dass er mitkommt«, sagte Kalany so laut, dass er sie gut verstehen konnte. Sie hatte eine helle, trällernde Stimme. Ihr Gefieder war so blau wie das ihrer Mutter, nur die Hände am Ende ihrer Flügel waren federlos. Alle Mädchen in ihrem Alter rupften die Federn aus, das galt als schick. Ihre Menschenbeine verbarg sie unter einem Rock, der bis über die Knöchel reichte.
    »Sag so etwas nicht«, antwortete seine Mutter ebenso laut. »Du musst deinen Bruder lieben, auch wenn dir das schwerfällt.«
    Peddyr blieb vor dem niedrigen Holzzaun

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