Gesang des Meeres - Feehan, C: Gesang des Meeres - Turbulent Sea (6 - Joley u. Ilya Prakenskii)
Ilja ihnen an.
»›Komm allein‹, habe ich gesagt. Was ist daran so schwer zu verstehen?«, fragte er Jonas.
Joleys Schwager musterte ihn von Kopf bis Fuß, und auf seiner Miene drückte sich eine Mischung aus Wachsamkeit und Respekt aus. Jonas war ein Mann, der nicht käuflich war, auf den man sich als Freund verlassen konnte, weil er alles für einen getan hätte. Und außerdem würde er, wenn es nötig wäre, die Hölle mit nichts weiter als einem Eimer Wasser angreifen. Ilja mochte und respektierte ihn fast so sehr wie Aleksandr. Er wusste, dass Volstov mit einer anderen von Joleys Schwestern verlobt war. Der Mann war in Russland Polizist gewesen und hatte später für Interpol gearbeitet.
»Wie zum Teufel kommst du dazu, dich an Joley zu vergreifen? «, fragte Jonas.
»Bei diesem Treffen geht es um unser aller Problem mit Nikitin, nicht um Joley. Dieses Thema ist tabu«, verfügte Ilja.
Joley hatte die letzten drei Tage eingeschlossen in der Sicherheit eines Hotelzimmers verbracht und war seinem Zugriff somit entzogen gewesen, und erst in dem Moment hatte er begriffen, wie sehr es ihn störte, dass sie ihn nicht sehen wollte. Sie hatte auch auf seine Einflüsterungen nicht reagiert, und dabei hatte er zur telepathischen Verständigung schamlos seine Stimme eingesetzt.
»Tabu, meine Fresse!«, knurrte Jonas. »Du wirst Joley nicht wehtun, ohne dir die schlimmste Tracht Prügel deines ganzen Lebens einzuhandeln. Mir ist scheißegal, ob sich auf drei Kontinenten jeder vor dir fürchtet, denn mir jagst du keine Angst ein. Lass die Finger von meiner Schwester, verdammt noch mal!«
Aleksandr legte Jonas eine Hand auf den Arm, um ihn zurückzuhalten, und das gab Ilja einen Hinweis darauf, warum er mitgekommen war. Jonas war ein Hitzkopf, wenn es um die Drake-Schwestern ging. Er hatte sie schon sein ganzes Leben lang beschützt.
Joley brachte Ilja mit ihrem Kampf, sich von ihm fernzuhalten, fast um den Verstand. Er fand sie unausstehlich und liebenswert zugleich. Er wusste, dass sie glaubte, sie liefe wegen seines Rufs vor ihm davon. Seine Weigerung, ihr seine Vergangenheit zu enthüllen, war für sie ein weiterer Vorwand gewesen. Aber in Wirklichkeit fürchtete sie sich davor, ihm ihr Leben, ihren Körper und ihr Herz anzuvertrauen. Er kannte ihre wahren Bedürfnisse, und das war ihr peinlich und jagte ihr teuflische Angst ein, weil sie einen glühenden Unabhängigkeitsdrang besaß. Sie wollte ihn nicht brauchen. Sie wollte ihn noch nicht einmal wollen . Er hoffte, dass sie nach ihm lechzte und Tag und Nacht an ihn dachte, denn so ging es ihm
mit ihr. Im Moment hatte er keine anderen Mittel in der Hand, um sie zu ködern – nur Sex und seine Stimme.
Ilja zuckte die Achseln. »Ich werde Joley heiraten. Du solltest dich also besser an die Vorstellung gewöhnen, mich in deiner Nähe zu haben.«
»Weiß sie das?«, fragte Jonas halbwegs besänftigt.
»Noch nicht. Sie bildet sich ein, sie hätte Probleme mit mir.«
»Tu ihr bloß nicht weh!«
Iljas Augenbrauen schossen in die Höhe, und für einen Moment breitete sich schiere Arroganz auf seinen markanten Gesichtszügen aus. »Ich habe nicht die Absicht, Joley wehzutun. Und damit ist das Thema abgeschlossen.«
Ein Teil der Anspannung fiel von Jonas ab. »Ich werde nicht fragen, für wen du arbeitest, Ilja, aber du bist in einer schlechten Position. Aleksandr hat von Freunden bei Interpol Gerüchte gehört, Nikitin sei einer der wesentlichsten Menschenhändler, die Frauen und Kinder nach Brüssel und Indochina verschiffen. Wenn das wahr ist, und sein Ruf breitet sich in ganz Europa immer mehr aus, dann bist du zwischen die Fronten geraten und sitzt auf einer echten Zeitbombe. Nikitin verbringt so viel Zeit in den Staaten, dass er Gefahr läuft, seine Machtbasis einzubüßen. Bald wird es Krieg geben, und wenn du von jeder Seite für ihren Feind gehalten wirst, wird es nicht lange dauern, bis du die Zielscheibe Nummer eins bist.«
Aleksandr stimmte ihm zu. »Nikitin verbringt viel zu viel Zeit hier; er hat Geschäfte gemacht und sich dadurch auch hier ein paar Feinde gemacht. Er wird an zwei Fronten Ärger bekommen.«
Ilja nickte. »Das hatte ich befürchtet. Ich brauche schleunigst Informationen. Ich kann sie nicht über meine üblichen Kanäle bekommen und bitte daher euch um Hilfe.«
Aleksandr schnaubte spöttisch wegen des Tonfalls seines alten Freundes. »Das fällt dir sicher schwer.«
Ilja warf ihm einen Blick zu. »Nikitin ist schwul. Er
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